BEE Energiedialog 2025

Immobilienbewertung bei einer Erbschaft

In Deutschland liegt laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) die Eigentümerquote bei 46,5 Prozent. Immer mehr Nachlässe enthalten deshalb Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser. Auch unbebaute Grundstücke, vermietete Wohnimmobilien und Gewerbeobjekte werden häufig vererbt. Die Erbengemeinschaft muss deshalb selbständig eine Immobilienbewertung durchführen oder dazu einen professionellen Gutachter beauftragen.

Warum muss der Wert einer geerbten Immobilie bestimmt werden?
Die Wertermittlung einer geerbten Immobilie kann aus unterschiedlichen Gründen notwendig sein, unter anderem:
  • damit der neue Eigentümer einen Erbschein erhalten kann, um sich in das Grundbuch eintragen zu lassen.
  • damit ein Nachlass in einer Erbengemeinschaft aufgeteilt werden kann.
  • um zu prüfen, ob auf den Erbteil Erbschaftsteuern anfallen.
Immobilienbewertung durch das Nachlassgericht
Ist das Erbe nur in einem privatschriftlichen Testament festgehalten oder handelt es sich um einen gesetzlichen Erben, ist ein Erbschein nötig, um den neuen Immobilieneigentümer im Grundbuch eintragen zu können. Die Gebühren dafür berechnen sich anhand des Werts der Immobilie zum Zeitpunkt des Erbfalls (Geschäftswert nach § 3 Gerichts- und Notarkostengesetz – GnotKG).

Wie die Experten der Erbmanufaktur in Falkensee bei Berlin müssen Erben für die Ausstellung des Erbscheins einen Fragebogen mit detaillierten Informationen zum gesamten Nachlass einreichen. Dieser Fragebogen enthält auch den Wert der geerbten Immobilie. Das Nachlassgericht vertraut dabei weitgehend den Erben, weil diese gesetzlich dazu verpflichtet sind, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben bei der Wertermittlung zu machen. Sollte das Nachlassgericht begründete Zweifel am Wert der Immobilien oder anderen Teilen des Nachlasses haben, kann es den Wert jedoch nach billigem Ermessen (§ 95 GNotKG) bestimmen.

Der Wert der Immobilie bemisst sich anhand des Preises, den das Objekt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter Berücksichtigung aller Faktoren, die den Preis beeinflussenden, bei einer Veräußerung erzielen würde (§ 46 Abs. I GnotKG). Dabei spricht man auch vom Verkehrswert.

Ermittlung des Verkehrswerts durch das Nachlassgericht
Wenn der Verkehrswert nicht feststeht, kann die Immobilienbewertung auch anhand von Angaben der Beteiligten (§ 46 Abs. II GNotKG) erfolgen. Realistische Wertangaben werden meist problemlos vom Nachlassgericht übernommen. Damit es nicht zu Problemen kommt, sollten die Erben erklären, auf welcher Basis die den Wert der geerbten Immobilie ermittelt haben. Hilfreich sind hier etwa der aktuelle Baupreisindex  oder die Brandversicherungswerte einer eventuell vorhandenen Feuerversicherung. Eine förmliche Beweisaufnahme durch das Nachlassgericht zur Feststellung des Verkehrswertes erfolgt nicht (§ 46 Abs. IV GNotKG).

Bei der Ermittlung des Verkehrswertes können sich Erben an einer Reihe von gesetzlichen Ansatzpunkten orientieren. Sie stellen so sicher, dass sie ihre gesetzliche Wahrheitspflicht erfüllen und vermeiden, dass die Immobilienbewertung und damit auch die Kosten des benötigten Erbscheins zu hoch ausfallen.
 
Belastung der Immobilie beeinflussen den Verkehrswert
Laut dem Gesetz (§ 46 Abs. III GnotKG) beeinflusst auch eine Belastung der Immobilie deren Verkehrswert. Bei der Wertermittlung können alle im Grundbuch eingetragenen Belastungen (Hypotheken, valutierende Grundschulden…) berücksichtigt werden. Diese mindern den Verkehrswert entsprechend ihrer Höhe.
 
Gesetzliche Regeln zur Bewertung von Grundbesitz
Die Bewertung einer Immobilie erfolgt in Abhängigkeit von der Art des Grundvermögens nach unterschiedlichen Bewertungsverfahren, die gesetzlich geregelt sind.
  • Grundstücke ohne Gebäude werden auf Grundlage des Bodenrichtwerts des kommunalen Gutachterausschusses bewertet. Die lokale Bodenrichtwertkarte erhalten Erben beim zuständigen Katasteramt oder im Internet auf der Webseite des Katasteramtes. Ist der Richtwert pro Quadratmeter bekannt, muss dieser lediglich mit der Grundstücksgröße multipliziert werden, um den Verkehrswert zu bestimmen.
  • Eigenheime sind Immobilien, mit ein oder zwei Wohneinheiten, die zu mehr als 50 Prozent zu Wohnzwecken verwendet werden. Auch das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum sind im Wohnungseigentum erfasst.
Die Immobilienbewertung erfolgt in diesem Fall auf Basis örtlicher Vergleichswerte. Diese ergeben sie etwa aus dem örtlichen Mietspiegel (Vergleichswertverfahren). Als Bewertungsmaßstab dienen außerdem Kaufpreise von Immobilien, die mit dem geerbten Objekt weitgehend übereinstimmen. Besonderheiten, wie etwa Belastungen, werden bei diesem Verfahren nicht berücksichtigt. Auch Rechte Dritter am Grundstück, etwa Wohnrechte, Wegerechte oder Nießbrauchsrechte, berücksichtigt das Vergleichswertverfahren nicht.
 
Wenn die Immobilie bereits verkauft wurde, zählt bei der Immobilienbewertung der Verkaufserlös. Dieser entspricht bei einem Verkauf der Immobilien durch einen Makler einem angemessenen Verkehrswert.
  • Mietwohnobjekte mit mehr als zwei Wohneinheiten, die zu mindestens 80 Prozent als Wohnraum genutzt werden, müssen anhand des Ertragswertverfahrens bewertet werden. Bei der Erbschaftssteuer werden 90 Prozent dieses Wertes angesetzt, wenn sich die Immobilien in einem bezugsfertigen und vermietbaren Zustand befindet. Bei noch nicht fertiggestellten Objekten lehnen Finanzämter einen Bewertungsabschlag in der Regel ab.
  • Gewerbeobjekte werden ebenfalls nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Im ersten Schritt wird dazu der Grundstückswert ohne Gebäude (Bodenwert) ermittelt. Dies erfolgt auf Basis von Vergleichspreisen von anderen Grundstücken ohne Gebäude in der Umgebung. Anschließend wird der Gebäudewert ermittelt. Als Grundlage dafür dienen die Mieteinnahmen in den kommenden 12 Monaten, von denen Kosten des Vermieters wie Instandhaltungskosten, Verwaltungs- und Betriebskosten und ein Mietausfallwagnis abgezogen werden. In Sonderfällen, bei denen eine Bewertung im Ertragswertverfahren nicht möglich ist, erfolgt die Bewertung einer Gewerbeimmobilie im Sachwertverfahren.
Wertermittlung durch einen Gutachter
Oft ist es sinnvoll, die Wertermittlung einer Immobilie durch einen professionellen Gutachter erledigen zu lassen. Dies kommt etwa infrage, wenn das Finanzamt einen deutlich zu hohen Verkehrswert ansetzt und auf dessen Basis Verkehrswertes fordert. Auch bei Problemen mit der Erbengemeinschaft ist ein Wertgutachten sinnvoll, um Streit über den angemessenen Verkehrswert des Nachlasses zu vermeiden. Ein privat beauftragtes Gutachten sorgt in diesem Fall für Klarheit und Sicherheit und kann so einen teuren und langwierigen Streit vor Gericht verhindern. 

Lifestyle | Geld & Investment, 25.03.2022

     
        
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