BIOFACH 2025

Gesunde Böden sind der beste Weg zur Kohlenstoffspeicherung

Regenerative Landwirtschaft kann große Mengen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und im Boden binden.

Landwirtschaft ist die Hauptursache für die weltweite Entwaldung und Landumwandlung. Nahrungsmittelsysteme sind für mehr als ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, was sie zu einem Hauptverursacher des Klimawandels macht. Ein neuer Bericht der europäischen Nationalen Akademien der Wissenschaften belegt, dass eine Umstellung auf eine regenerative Landwirtschaft vielversprechende Möglichkeiten bietet, die Klimarisiken zu verringern und gleichzeitig die wachsende Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen und die biologische Vielfalt zu fördern.

© Communication Works / Felix Sorau"Die Umstellung der Landwirtschaft ist der größte ungenutzte Schatz des Planeten, um die Klimakrise zu bewältigen. Die heutige groß angelegte konventionelle Landwirtschaft hat enorme negative Auswirkungen auf den Boden. Die Bodenerosion, der Verlust von Flora und Fauna und damit von Nährstoffen in den Böden, ist in Europa zu einem wichtigen Faktor geworden", erklärt Prof. Thomas Elmqvist, einer der Hauptautoren der erstmaligen wissenschaftlichen Analyse des Potenzials der regenerativen Landwirtschaft durch EASAC. Der Bericht zeigt, dass die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in Böden, insbesondere in Grünland, deren Fähigkeit, Kohlenstoff zu binden und zu speichern, drastisch erhöhen kann. 

"Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen"
Die Landwirtschaft, die für ein Drittel der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich ist, ist extrem anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels, wie z. B. Temperatur- und Niederschlagsverschiebungen. Immer mehr Landwirte, vor allem die Kleinbauern, die etwa ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittel produzieren, haben mit Ernte- und Viehverlusten zu kämpfen und versuchen, sich an die zunehmend unregelmäßigen Wetterbedingungen aufgrund des Klimawandels anzupassen. "Wir sägen buchstäblich an dem Ast, auf dem wir sitzen", sagt Orsolya Valkó vom ungarischen Institut für Ökologie und Botanik. 
 
Umfang der Lebensmittelproduktion muss geschützt werden
"Es scheint der Glaube zu herrschen, dass regenerative Landwirtschaft nur in kleinem Maßstab angewandt werden kann und dass jegliche Änderung der derzeitigen industriellen Anbaumethoden die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung unmöglich machen würde", erklärt Prof. Thomas Elmqvist. "Aber das Gegenteil ist der Fall: Wir haben vielleicht ein Jahrzehnt Zeit für eine massive Umstellung. Wir müssen die industriellen Landwirte ins Boot holen und eine Landschaftsperspektive einnehmen, um die Ziele zu erreichen. Letztlich können wir den Umfang der Lebensmittelproduktion nur schützen, wenn wir uns von der reinen Quantität der landwirtschaftlichen Produktion wegbewegen und mehr Wert auf die Qualität und den Nährwert der landwirtschaftlichen Produkte legen." 

Kein Widerspruch zu modernen Pflanzen- und Tierzuchttechnologien
Die Ergebnisse der EASAC-Studie zeigen, dass viele der untersuchten Verfahren Synergien zwischen der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung und der Förderung der biologischen Vielfalt aufweisen, ohne langfristig große negative Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion zu haben. Die Wissenschaftler betonen, dass die regenerative Landwirtschaft nicht im Widerspruch zum Einsatz moderner Pflanzen- und Tierzuchttechnologien, zur Bodenbearbeitung, zum Einsatz von Mineraldünger oder Pestiziden steht. Vielmehr zielt sie auf einen begrenzten, gezielteren Einsatz ab. Der Einsatz chemischer Pestizide kann beispielsweise durch den Einsatz biologischer Alternativen, durch den Einsatz gen-editierter Pflanzen, die gegen Krankheitserreger resistent sind, oder sogar durch Beutegreifer reduziert werden.

Größter Kohlenstoffspeicher der Welt
Regenerative Landwirtschaft kann große Mengen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und im Boden binden. "Wir stehen buchstäblich auf dem größten und wirksamsten Kohlenstoffspeicher des Planeten", sagt Orsolya Valkó. "Viele Feldversuche zeigen, wie hoch die Speicherleistung des Bodens ist. Wenn wir nicht nur die Artenvielfalt erhalten, sondern auch die Nahrungsmittelproduktion ausweiten und gleichzeitig den Klimawandel bekämpfen wollen, gibt es keine Alternative zur regenerativen Landwirtschaft!"

Unzureichende Umsetzung der EU-Biodiversitäts- und Farm-to-Fork-Strategien 
EASAC empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten der regenerativen Landwirtschaft bei der Umsetzung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik Vorrang einräumen sollten. Dazu gehören eine stärkere Diversifizierung innerhalb und zwischen den Kulturpflanzen, die Einführung von Dauerkulturen, eine Ausweitung der Agroforstwirtschaft und des Zwischenfruchtanbaus, die Beibehaltung einer grünen Pflanzendecke auf allen landwirtschaftlichen Flächen zu allen Jahreszeiten und eine reduzierte Bodenbearbeitung. 

EU und nationale Regierungen müssen ihre Instrumente schärfen
Der Bericht begrüßt die Biodiversitäts- und die Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Union als Schritte in die richtige Richtung. Er unterstreicht aber auch, dass die nationalen Regierungen bisher wenig getan haben, um sie umzusetzen. "Wir brauchen eine scharfe Politik und scharfe wirtschaftliche Instrumente", sagt Elmqvist. "Es reicht nicht aus, nur auf die Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe zu zielen. Finanzielle Regelungen sollten auch Gemeinden und Zusammenschlüssen von Landwirten zugutekommen, die Landschaften auf koordinierte Weise bewirtschaften."

 
Über den wissenschaftlichen Beirat der Europäischen Akademien (EASAC)
Die Nationalen Wissenschafts-Akademien der Länder der Europäischen Union haben sich 2001 im European Academies‘ Science Advisory Council (EASAC) zusammengeschlossen. Als Beratungskomitee der europäischen Wissenschaftsakademien, erarbeitet EASAC Stellungnahmen, Berichte und populärwissenschaftliche Schriften zu aktuellen gesellschaftsrelevanten Themen in den Bereichen Energie, Umwelt und Biowissenschaften und richtet diese an die Institutionen der EU.

Kontakt: EASAC, Sabine Froning  | sabine@communicationworks.eu | easac.eu

Umwelt | Wasser & Boden, 05.04.2022

     
        
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