Abgehorcht: Knabbert da wer?

Neu entwickeltes Messverfahren für holzzerstörende Insektenlarven spürt aktive Insektenlarven in Hölzern auf

Ein Forschungsverbund unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung WKI hat ein akustisches Verfahren entwickelt, das aktive Insektenlarven in Hölzern sehr effektiv und ohne zerstörende Probenahme aufspüren kann. Das System zielt vor allem auf die Abwehr invasiver Schädlinge durch Importwaren und wurde über den Waldklimafonds der Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) finanziert.

Asiatischer Bockkäfer der Art Anoplophora glabripennis © Von Pudding4brains - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9101453Wenn der Asiatische Laubholzbockkäfer per Holzimportwaren bei uns einreist und sich ausbreitet, bedeutet das für heimische Laubbäume größte Gefahr. Daher stehen Schadinsekten wie dieser ganz oben auf der Liste der sogenannten Quarantäne-Schädlinge. Im internationalen Warenverkehr gibt es große Bemühungen, die ungewollte Einfuhr holzzerstörender Insekten abzuwehren. Forschende suchen nach Verfahren, wie sich Verpackungen und Holzwaren am besten auf Schädlinge untersuchen lassen. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung WKI konnten auf diesem Gebiet nun einen Erfolg verbuchen.

InsectDetect – Messverfahren zum Aufspüren von Insektenaktivitäten
Zusammen mit Partnern entwickelten die Holzexperten im Projekt InsectDetect ein Verfahren, das Insekten im Holz aufspüren kann – oder besser hört. Denn das System stützt sich auf akustische Messverfahren, die für Messungen im Labor und den mobilen Einsatz weiterentwickelt und erprobt wurden. Bisher müssen Importwaren, nachdem sie augenscheinlich einen Insektenbefall aufweisen, mitunter aufgebeilt werden, um eventuelle Schädlinge ausfindig zu machen. Eine derart zerstörende Probenahme ist bei Kunstwerken oder lebenden Pflanzen ohnehin schwer möglich.

Mit InsectDetect können Larvenaktivitäten holzzerstörender Insekten mit akustischen Messungen sehr genau nachgewiesen werden. Dazu werden spezielle Sensoren für Aufnahmen von Körperschall im nicht mehr hörbaren Frequenzbereich an die Probe geklemmt. Ein Prüfergebnis steht idealerweise bereits nach einigen Minuten fest.

Damit können Unsicherheiten minimiert werden, die entstehen, wenn eine Begutachtung einen Verdacht auf Befall ergibt – wenn etwa Ausschlupflöcher oder Bohrmehl entdeckt werden – mit den bisherigen Untersuchungsmethoden aber keine Schadinsekten ans Tageslicht gebracht werden konnten. Dann standen Prüfer immer vor der Frage, ob es sich nur um einen alten oder doch um einen aktiven Befall handelt und welcher Anteil einer Probe betroffen ist.

Mit Handy und mobilen Sensoren den Käfern auf der Spur
Das akustische Detektionsverfahren weist allerdings auch eine Einschränkung auf: So lassen sich nicht alle Lebensstadien von Schadinsekten – etwa verborgene Eier oder Puppen – akustisch nachweisen. Deshalb bleibt eine visuelle Begutachtung unverzichtbar. Die Aussagefähigkeit einer Messung lasse sich in kritischen Fällen aber steigern, indem – bei zunächst nicht messbaren Larvenaktivitäten – über mehrere Tage und unter dem Einfluss verschiedener Temperaturzyklen die Messung ausgedehnt werde.

Im Rahmen des Projektes InsectDetect wurden eine vierkanalige stationäre Messanlage sowie eine mobile Version erprobt, u. a. im Labor unter Quarantänebedingungen, im Holzhandel, an Holzbauteilen und an Proben nach chemischer und thermischer Bekämpfungsmaßnahme – sowohl für kleinere Larven des Splintholzkäfers als auch für die größeren des Hausbocks.

Die Forscher des Fraunhofer WKI sehen gute Chancen, den Einsatz des akustischen Messverfahrens auf mobile Messgeräte auszuweiten. So wurde bereits eine App zur Datenakquisition erprobt, die künftig mobile Messungen mittels Handy und entsprechenden Sensoren ermöglichen könnte, was die Arbeit der Überwachungsbehörden deutlich erleichtern würde.

Weitere Projekte zum Thema Detektion von Forstschädlingen
Hintergrund:
Bei der praktischen Begutachtung von Holzproben oder auch bei der in-situ-Prüfung in Fachwerkbauten werden bei visuell erkennbaren Merkmalen eines Befalls von holzzerstörenden Insekten (zum Beispiel Bohrmehl, Bohrlöcher, Schlupflöcher und Fraßgänge, sichtbare Imagines, Puppen, Larven, Eier) Prüfungen vollzogen.

Sind zwar Spuren, jedoch keine lebenden Tiere erkennbar, so kann häufig nicht sicher beurteilt werden, wie alt oder wie vital der Befall ist und ob vom Material die Gefahr ausgeht, dass sich holzzerstörende Arten ausbreiten. Noch nicht erwachsene Tiere (zum Beispiel Eier, Larven, Puppen) sind im Holz normalerweise verborgen. Bei Verdacht wird daher der Befall validiert, etwa durch Abbeilen. Dabei besteht die Gefahr, lebende Tiere zu übersehen. Und bei Kunstwerken oder Bäumen scheidet eine zerstörende Methode ohnehin aus.

Insbesondere die sogenannten Quarantäne-Schädlinge sollen mit dem neuen akustischen Verfahren von InsectDetect erkannt werden. Als Quarantäneschädlinge gelten Organismen mit potentieller Schadwirkung auf Pflanzen in einem Gebiet, in dem sie noch nicht auftreten oder nicht weit verbreitet sind und amtlichen Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen unterliegen. Viele dieser Quarantäneschädlinge bedrohen nicht nur die Pflanzen direkt, sondern auch die biologische Vielfalt insgesamt in den zu schützenden Gebieten.

Holzzerstörende Trockenholzinsekten sind ein allgemeines Problem, wo Massivholz in tragenden Konstruktionen eingesetzt wird. Die Verbreitung verläuft neben dem natürlichen Weg auch über die Verwendung von infiziertem Bau- und Verpackungsholz. Weltweit wird das Phänomen beobachtet, dass invasive Arten – etwa der Asiatische Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis) in Nordamerika oder der aus China stammende Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis) – große wirtschaftliche Schäden im Freiland anrichten. Diese Entwicklung ist – verstärkt durch den Klimawandel – auch für Mitteleuropa zu befürchten. Daher fördert der Waldklimafonds Projekte zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel.
 
Weitere Informationen
Kontakt: Martina Plothe, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. | info@fnr.dewww.fnr.de

Technik | Wissenschaft & Forschung, 13.04.2022

     
        
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