Elektroautos gehen selbst bei Rekordhitze nicht in Flammen auf
Der aktuelle Kommentar von Boris Schilder, Frankfurt University of Applied Sciences
Über brennende Elektroautos berichten Medien immer wieder. Einige Städte und Kommunen wollten mit Hinweis auf den Brandschutz gar ein Parkverbot für E-Autos und Hybride in Parkhäusern und Tiefgaragen verhängen. Angesichts der zunehmend heißen Sommer auch in unseren Breiten steht sogar die Frage im Raum, ob E-Autos bei Rekordtemperaturen in Flammen aufgehen könnten – Anlass genug, mit einigen Fakten das vermeintlich heiße Thema etwas abzukühlen.
Lithium-Ionen-Batteriezellen, die Standard sind bei aktuellen Elektroautos, sollten in einem Temperaturfenster von circa 15 bis 35 Grad betrieben und gelagert werden. Bei niedrigeren Temperaturen sinkt die Leistung, und der elektrische Widerstand der Batterie steigt an. Dadurch verringert sich die Reichweite des Elektroautos. Bei Temperaturen oberhalb von 35 Grad reduziert sich dagegen die Lebensdauer von Batterien. Thermomanagement-Systeme, die kühlen und häufig auch heizen können, sorgen in Elektroautos dafür, dass die Batterietemperatur im oben genannten Temperaturfenster gehalten wird. Sicherheitskritisch werden erst Batterietemperaturen im Bereich ab circa 130 Grad. Bei diesen Temperaturen können Kurzschlüsse und/oder chemische Reaktionen auftreten und Brände ausgelöst werden.
Elektroautos geraten also trotz sehr hoher Außentemperaturen nicht in Brand. Die Gründe dafür sind:
- Das Thermomanagement-System sorgt dafür, dass die Batterietemperatur im oben genannten Bereich bleibt. Bei einigen Herstellern arbeitet das System auch bei geparkten Fahrzeugen, hauptsächlich, um die Lebensdauer der Batterie zu verlängern.
- Selbst wenn kein Thermomanagement-System die Batterie kühlt, weil entweder keines vorhanden ist oder es versagt, sorgt eine Temperaturüberwachung dafür, dass die sich im Betrieb befindende Batterie abgeschaltet wird und zwar lange, bevor sicherheitskritische Temperaturen erreicht werden.
- Ist das E-Auto geparkt, befindet sich die Batterie nicht im Betrieb und generiert auch keine Abwärme. Selbst bei sehr hohen Außentemperaturen, Sonneneinstrahlung und ohne aktives Thermomanagement werden innerhalb der Batterie keine sicherheitskritischen Temperaturen von mehr als 130 Grad erreicht.
Fazit: Elektrofahrzeuge sind relativ sicher, und ein Brand bei einem Fahrzeug mit konventionellem Antrieb mit Verbrennungsmotor ist durchaus wahrscheinlicher. Aufgrund der Neuheit der Technologie stehen Elektrofahrzeuge jedoch stärker im Fokus der Berichterstattung und einzelne Unfälle fallen daher stärker auf. In der Regel werden diese Brände jedoch durch Unfälle, fehlerhafte Batteriezellen, Elektronik- oder Software-Fehler verursacht und nicht durch hohe Außentemperaturen.
Auch wenn hohe Umgebungstemperaturen die Sicherheit nicht beeinträchtigen, reduzieren sie die Batterielebensdauer und die Reichweite des Elektroautos. Der Energieverbrauch des Thermomanagement-Systems und insbesondere der Klimaanlage kann die Reichweite des Elektroautos bei Umgebungstemperaturen von 40 Grad gegenüber moderaten Temperaturen von 20 Grad im Extremfall um bis zu circa 50 Prozent reduzieren. Leistungslimitierungen aufgrund hoher Umgebungstemperaturen sind dagegen nicht die Regel, können aber bei Elektroautos auftreten, die über ein unzureichendes Thermomanagement-System verfügen.
Prof. Dr.-Ing. Boris Schilder ist Professor für Thermodynamik und Strömungslehre an der Frankfurt University of Applied Sciences. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist das Thermomanagement von Fahrzeugen, Batterien, Brennstoffzellen und Elektronik.
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Quelle: Frankfurt University of Applied Sciences
Technik | Mobilität & Transport, 17.04.2022
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