Nach Kohle- und Ölembargo: Ansturm auf neue Rohstoffquellen bedroht Menschenrechte und Umwelt
"Wenn Unternehmen sich jetzt neue Lieferketten aufbauen, muss die EU mit einem Lieferkettengesetz sicherstellen, dass Umwelt und Menschenrechte wirksam geschützt werden"
Der Angriffskrieg gegen die Ukraine droht, weit über die Region hinaus Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Rohstofflieferketten zu befördern. Davor warnt die "Initiative Lieferkettengesetz", ein Zusammenschluss aus mehr als 130 zivilgesellschaftlichen Organisationen. In einer heute veröffentlichten Analyse zeigt das Bündnis, wie Bundesregierung und Unternehmen nach alternativen Quellen für Steinkohle, metallische Rohstoffe und Erdöl aus Russland suchen. Dabei geraten zunehmend Regionen wie Kolumbien oder Indonesien in den Fokus, in denen die Rohstoffindustrie zu massiven Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen beiträgt. Das letzte Woche beschlossene Ölembargo der EU verschärfe diese Entwicklung zusätzlich. Wichtig seien daher verbindliche Regeln zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt in den Lieferketten, so die Initiative.

Seit dem EU-Beschluss über ein Kohleembargo gegen Russland setzt die Bundesregierung verstärkt auf Steinkohle aus Kolumbien. Der dortige Tagebau bedroht das Recht auf Wasser der umliegenden indigenen Gemeinden, Zwangsumsiedlungen und Mordanschläge sind keine Seltenheit. Auch um russisches Erdöl zu ersetzen, will Deutschland Importe aus anderen Ländern steigern. Potenzielle Herkunftsländer wie Nigeria, Kasachstan oder die Vereinigten Arabischen Emirate sind für schwere Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen berüchtigt. Der französische Konzern TotalEnergies plant zudem Erdölbohrungen und Pipelines in ökologisch hochsensiblen Regionen in Uganda und Tansania. Um Nickelimporte zu ersetzen, suchen Unternehmen Ersatz aus Indonesien und den Philippinen. In beiden Ländern sind Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen beim Abbau von Nickel weithin bekannt.
"Ob Gas aus Katar, Kohle aus Kolumbien oder Öl aus Uganda: Der Krieg in der Ukraine führt zu einem regelrechten Ansturm auf Rohstoffe aus anderen Weltregionen und bedroht dort Menschenrechte und Umwelt. Wenn Unternehmen sich jetzt neue Lieferketten aufbauen, muss die EU mit einem Lieferkettengesetz sicherstellen, dass Umwelt und Menschenrechte wirksam geschützt werden", betont Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor.
"Der französische Ölkonzern Total will in Uganda Erdöl fördern - mit erheblichen negativen Folgen für das Ökosystem und die Menschen vor Ort, von denen viele noch auf Entschädigung für enteignete Grundstücke warten. Ein Embargo für russisches Öl darf nicht dazu führen, dass wir im Jahr 2022 fossile Megaprojekte wie dieses weiter vorantreiben und für Jahrzehnte unsere Abhängigkeit zementieren. Stattdessen brauchen wir endlich ein EU-Lieferkettengesetz, das Erdölunternehmen dazu verpflichtet, Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren und ihr Geschäftsmodell in Einklang mit dem 1,5 Grad-Ziel des Pariser Übereinkommens zu bringen. Hierzu gehört auch, dass Unternehmen ihren Energie- und Rohstoffverbrauch drastisch senken und einen Beitrag zur Rohstoffwende leisten", fordert Antje von Broock, Geschäftsführerin des BUND-Bundesverbandes.
Bislang sind deutsche und europäische Unternehmen nicht dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu achten: Das deutsche Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz tritt erst 2023 in Kraft, eine europaweite Regelung gibt es bislang noch nicht. Die EU-Kommission hatte im Februar zwar einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt. Dieser enthält jedoch noch viele Schlupflöcher, wie zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen aus Deutschland und Europa kritisierten. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP zu einem "wirksamen EU-Lieferkettengesetz" bekannt.
Misereor und der BUND-Bundesverband gehören zu den mehr 130 Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und kirchlichen Akteuren, die sich zur Initiative Lieferkettengesetz zusammengeschlossen haben.
Kontakt: Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Sigrid Wolff | Sigrid.Wolff@bund.net | www.bund.net
Wirtschaft | Lieferkette & Produktion, 09.06.2022

Save the Ocean
forum 02/2025 ist erschienen
- Regenerativ
- Coworkation
- Klimadiesel
- Kreislaufwirtschaft
Kaufen...
Abonnieren...
28
MAI
2025
MAI
2025
UPJ-Jahrestagung 2025 - Wirtschaft in Verantwortung!
Preisverleihung des Deutschen Preises für Unternehmensengagement am Vorabend
10785 Berlin
Preisverleihung des Deutschen Preises für Unternehmensengagement am Vorabend
10785 Berlin
02
JUN
2025
JUN
2025
1. Bayerischer Transformationskongress für die Automobil- und Zulieferindustrie
Die Zukunft der Automobilindustrie in Bayern
85049 Ingolstadt
Die Zukunft der Automobilindustrie in Bayern
85049 Ingolstadt
03
JUL
2025
JUL
2025
Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol
Politik

Christoph Quarch betrachtet die Massendemonstrationen in Georgien, Serbien und der Türkei