Die Mischung macht's: Miscanthus und Wildblumen für nachhaltige Bioenergie vom Acker

Studie zeigt positive Effekte einer Beimischung von Blühpflanzen zu Miscanthus bei der energetischen Nutzun

Ein Plus für die Artenvielfalt - und zugleich bessere Verbrennungseigenschaften, so die Idee: Blühpflanzen wirken sich bei der Energieerzeugung mit Miscanthus rundum positiv aus. Das hochwachsende Gras ist eine wichtige Biomasse-Pflanze in der Bioökonomie, besonders auch zur Energiegewinnung. Um die biologische Vielfalt zu fördern, könnte Miscanthus gemeinsam mit einheimischen, mehrjährigen Blühpflanzen wie Rainfarn, Beifuß, Wilde Karde und Gelber Steinklee angebaut werden. Ein Team von Forschenden der Universität Hohenheim in Stuttgart, des Forschungszentrums Jülich und der Hunan Agricultural University in China hat nun untersucht, wie sich - neben dem Plus für das Ökosystem - die vier ausgewählten Wildpflanzenarten als Additive auf die Verbrennung von Miscanthus zur Energieerzeugung auswirken. Erste Ergebnisse sind jetzt in einer Studie in der renommierten Fachzeitschrift "Renewable and Sustainable Energy Reviews" erschienen: https://doi.org/10.1016/j.rser.2022.112814

Wildblumen-Mischungen für die Bioenergie: Miscanthus und Rainfarn auf dem Goldenen Acker der Universität Hohenheim © Universität Hohenheim / Moritz von CosselMiscanthus ist eine sogenannte ausdauernde Pflanze: Sie überdauert mehrere Jahre und treibt immer wieder aus. Sie kann je nach Standortgüte über 15 bis 20 Jahre genutzt werden und erreicht eine Höhe von über drei Metern. Verwendet wird die Biomasse der Pflanze zum einen in Form von Pellets oder Briketts zur Energiegewinnung mittels Verbrennung. Zum anderen kommt sie als Rohstoff für die Industrie zum Einsatz, zum Beispiel für Bau- und Dämmstoffe oder in der Zellstoffindustrie. In Deutschland wird Miscanthus gegenwärtig auf etwa 4.500 Hektar Fläche angebaut. 

In einer projektunabhängigen Kooperation verwendeten die Wissenschaftler:innen der Universität Hohenheim, der Hunan Agricultural University und der Jülicher Institute für Pflanzenwissenschaften sowie Werkstoffstruktur und -eigenschaften für ihre Studie Rohstoffproben von Miscanthus sowie von vier ausgewählten heimischen Wildpflanzenarten. Ihr Ziel war es, die Verbrennungseigenschaften sowie den höheren Heizwert unterschiedlicher Mischungen zu untersuchen. 

Mehr Artenvielfalt auf dem Acker 
Die Wildpflanzen waren Wilde Karde und Gelber Steinklee (zweijährig) sowie Rainfarn und Beifuß (ausdauernd). Sie hatten sich in Vorstudien wegen ihres Biomasseertrags und Blühangebots als vielversprechend herausgestellt. "Die Integration dieser heimischen Blühpflanzen in mehrjährige Anbausysteme zur Biomasseerzeugung für die energetische Verwertung könnte sich positiv auf Artenvielfalt und die Resilienz in nachhaltigen Agrarsystemen auswirken", erläutert Dr. Moritz von Cossel, leitender Wissenschaftler der Studie von der Universität Hohenheim. 

Die Ergebnisse der neuen Studie bestätigen nun, dass dies eine gute Auswahl war: Die Wildpflanzen zeigten im Vergleich zu reinem Miscanthus bessere Verbrennungseigenschaften und ein besseres Ascheschmelzverhalten auf - und das bei ähnlich hohen Heizwerten von 16,3-17,5 Megajoule pro Kilogramm (MJ/kg). Zum Vergleich: Holzpellets haben einen Wert um die 18 MJ/kg. 

Höhere Effizienz, geringere Kosten bei der Verbrennung mit Wildpflanzen-Beimischung 
Das Ascheschmelzverhalten zeigt an, bei welchen Temperaturen in einem Ofen die Asche eines Brennstoffs zu schmelzen beginnt und dadurch Schlacken entstehen, die sich ablagern und die Effizienz des Ofens beeinträchtigen. "Die Studie bringt den Nachweis, dass ab einer Beimischung von 30 Prozent Wildpflanzen zur Miscanthus-Biomasse die Ascheschmelztemperatur um 20 Prozent von 1.000 auf 1.200 Grad Celsius signifikant erhöht ist", erläutert Dr. Nicolai David Jablonowski, Ko-Autor der Studie vom Institut für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich. "Die Mischung von Wildpflanzen und Miscanthus verbessert also die Verbrennungsqualität. Das führt zu einer Effizienzsteigerung und einer Kostenreduzierung im Betrieb der Anlage". 

Das bessere Ascheschmelzverhalten erklärt sich aus der unterschiedlichen biochemischen Zusammensetzung von Miscanthus und den Wildpflanzen: Letztere enthalten höhere Anteile von Kalzium und Magnesium - diese bilden bei der Verbrennung Mischphasen mit Miscanthus-Aschebestandteilen, was zu einer höheren Schmelztemperatur führt als bei reiner Miscanthus-Asche. Durch die schrittweise Erhöhung der Wildpflanzen-Biomasse konnten in dieser Studie wichtige Hinweise auf eine ideale Zusammensetzung jedes Gemischs im Hinblick auf Brennwert, Ascheschmelzverhalten und Verschlackung gefunden werden. 

In einem nächsten Schritt könnten Langzeitstudien zeigen, ob der gemeinsame Anbau von Miscanthus und Wildpflanzen in größerem Umfang nicht nur zu einer größeren Artenvielfalt in der Landwirtschaft führt, sondern im Sinne einer ganzheitlich nachhaltigen Bioökonomie auch rein wirtschaftlich Sinn macht. Die Einsparungen bei den Kosten der Verbrennung müssten dazu größer sein als das, was an Einnahmen durch die geringeren Erträge bei der Wildpflanzen-Biomasse verloren geht. Dies hängt stark von den jeweiligen Standortbedingungen ab. 

Originalveröffentlichung 
M. von Cossel, F. Lebendig, M. Müller, C. Hieber, Y. Iqbal, J. Cohnen, N.D. Jablonowski, Improving combustion quality of Miscanthus by adding biomass from perennial flower-rich wild plant species, Renewable and Sustainable Energy Reviews, Volume 168, 2022, 112814, ISSN 1364-0321, https://doi.org/10.1016/j.rser.2022.112814

Kontakt:  Universität Hohenheim, Dr. Moritz von Cossel | moritz.cossel@uni-hohenheim.de | www.uni-hohenheim.de

Umwelt | Ressourcen, 09.09.2022

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
22
DEZ
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!", bis 23. Dezember
80336 München
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Megatrends

Eindämmung der Barbarei durch Kultur
Angesichts der aktuellen Zahlen über die Zunahme der Sexualstraftaten und Femizide nimmt Christoph Quarch v.a. die Männer in die Pflicht
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

Auf der Überholspur: Förderpolitik hat E-Busse wettbewerbsfähig gemacht.

TARGOBANK spendet 200.000 Euro für Herzensprojekte von Mitarbeitenden

WE-LITE

  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Engagement Global gGmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • circulee GmbH
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH