Nachgefragt bei den eMove360° Awardgewinnern
Das aCar, vom Forschungsprojekt zur Serienproduktion
Sabine Metzger, Chefredakteurin des eMove360° Magazins, hat sich mit Dr. Martin Šoltés und Sascha Koberstaedt über die Entwicklung von aCar vom Forschungsprojekt zur Serienproduktion unterhalten.
Mit ihrem visionären Forschungsprojekt aCar gewann die Technische Universität München unter Leitung von Prof. Dr. Lienkamp 2016 den Award in der Kategorie Sustainable Product & Mobility Concepts. Die Grundidee, ein einfaches, robustes, vollelektrisches Nutzfahrzeug für Afrika und andere Schwellenländer zu bauen, hatte damals die Juroren überzeugt. Bei der feierlichen Preisverleihung in der Glyptothek nahmen Prof. Lienkamp und seine beiden Doktoranden Dr. Martin Šoltés und Sascha Koberstaedt stolz ihre Trophäe entgegen. Im Sommer 2021 überreichen diese beiden damaligen Doktoranden den Schlüssel für das ehemals an seinem Lehrstuhl konzipierte Fahrzeug an Prof. Dr. Lienkamp. Ein emotionaler Moment für den Doktorvater: „Ich bin natürlich stolz und freue mich enorm für meine ehemaligen Doktoranden und Gründer von EVUM, dass sie es geschafft haben, das aCar nun in Serie zu bringen. Es hat ein paar Jahre gedauert, um es zu entwickeln und vorzubereiten. Der Erfolg ist meines Erachtens schon jetzt riesig."
Dr. Martin Šoltés und Sascha Koberstaedt, erzählen Sie uns doch noch mal kurz den Anfang, damals an der TU. Was war die Grundidee?
Das aCar fand seinen Ursprung am Lehrstuhl der Fahrzeugtechnik von Prof. Dr. Lienkamp der TUM. Im Sinn hatte man den prinzipiellen Mobilitätsbedarf der afrikanischen Entwicklungs- und Schwellenländer, die über wenig Transportmöglichkeiten und sehr schlechte Straßen verfügen, dafür aber über viel Sonnenenergie. Die Idee entstand, ein einfaches, robustes, vollelektrisches Nutzfahrzeug zu bauen, wobei ebenfalls eine lokale Produktion möglich sein soll. Durch den Ansatz der frugalen Innovation wollte man bewusst weglassen, was nicht unbedingt notwendig ist.
2017 gründeten Sie beide das Spin-off EVUM mit Hauptsitz in München. Waren Sie von Anfang an sicher, dass aCar funktioniert?
Sascha Koberstaedt: Selbstverständlich waren wir das. Schon allein auf der IAA 2017 ernteten wir eine enorme Nachfrage. Schnell wurde klar, welche Branchen durch den alltäglichen Einsatz des aCars auch in europäischen Breitengraden einen enormen Mehrwert erzielen könnten. Neben den potenziellen Zielgruppen verfolgte auch die Presse die Entwicklung des aCars – immer mehr Fachzeitschriften und Onlinemedien informierten über uns und verhalfen so zu mehr Bekanntheit. Das Interesse und der Bedarf war von Anfang an da. Wir haben mit dem aCar eine einmalige Lösung. Der vollelektrische Allradantrieb kombiniert mit der kompakten Bauweise und verschiedenen Auf- und Anbaumöglichkeiten überzeugt viele Zielgruppen. Das aCar steht für eine nachhaltige Mobilitätslösung. Für die Zukunft der Elektromobilität im Transportwesen. Und für ein globales, einfaches und vor allem sparsames Innovationskonzept.
Wie ging es weiter?
Dr. Martin Šoltés: Gerade in der Anfangszeit sind kurze Wege wichtig, weswegen wir uns erst mal für den Markteintritt in der DACH-Region entschieden haben. Das hat hervorragend funktioniert und wir stoßen in vielen Bereichen auf riesiges Interesse. Seit Ende letzten Jahres haben wir die Serienproduktion gestartet und haben inzwischen schon viele Fahrzeuge erfolgreich ausgeliefert. Die Nachfrage wächst kontinuierlich.
Erklären Sie doch bitte kurz aCar?
Koberstaedt: Das aCar ist ein kompaktes, robustes Elektronutzfahrzeug mit Allradantrieb. Wir bieten das aCar aktuell mit den Aufbauten Pritsche, Plane & Spriegel, als Dreiseitenkipper sowie mit einem Kofferaufbau an. Damit kann der Transporter vielseitig genutzt werden und deckt viele Anforderungen unterschiedlichster Branchen ab.
Was zeichnet aCar aus?
Dr. Šoltés: Zu den Highlights des Elektro-Transporters zählen der vollelektrische Allradantrieb, die kompakten Maße, die externe 230 V Steckdose, der geräumige Innenraum, die Nutzlast von 1 Tonne sowie die Anhängelast von 1 Tonne (gebremst) und vor allem der ökonomische Nutzen. Das Fahrzeug ist in der BAFA gelistet und somit förderfähig. Zudem reduzieren die robuste und langlebige Bauweise sowie der wartungsarme Elektroantrieb die Betriebskosten.
Warum steht EVUM aCar für eine neue Art von Nutzfahrzeug?
Koberstaedt: „Reduced to the Maximum" beschreibt unser klares Konzept ganz gut. Was überflüssig und nicht funktional ist, hat bei uns keinen Platz. Wir bekommen oft zu hören, dass das aCar einfach, selbsterklärend und dabei zuverlässig in der Nutzung ist.
Für welche Zielgruppen ist es geeignet?
Dr. Šoltés: Durch viele verschiedene Auf- und Anbaumöglichkeiten eignet sich das aCar für städtische Bauhöfe und Kommunen, aber auch für die Forst- und Landwirtschaft. Im Last Mile-Lieferverkehr hat das aCar genauso wie als zuverlässiger Begleiter für Industrie und Handwerk seinen Nutzen.
Seit Ende 2020 läuft die Produktion in Bayerbach bei Ergoldsbach. Sind Sie zufrieden mit der Nachfrage?
Koberstaedt: Wir hatten trotz Corona einen erfolgreichen Produktionsanlauf und inzwischen viele zufriedene Kunden. Das Interesse wächst kontinuierlich und wir erhalten immer mehr Bestellungen. Von daher sind wir sehr zufrieden mit der Nachfrage und denken bereits über eine Erweiterung der Produktion nach.
So ganz ohne finanzielle Unterstützung schafft man es sicher nicht. Gab es Investoren?
Dr. Šoltés: Wir haben mehrere Investoren, die uns nicht nur finanziell unterstützen, sondern auch Know-how aus verschiedenen Branchen mitbringen und so einen großen Beitrag zum Erfolg von EVUM Motors beitragen.
Welche Ziel, Pläne, Projekte haben Sie für die Zukunft? Vielleicht gibt es ja schon wieder eine Vision in der Schublade, die Sie beim eMove360° Award einreichen könnten?
Koberstaedt: Nachdem wir uns in der DACH-Region etabliert haben und starke Händlerpartner an unserer Seite haben, die ein flächendeckendes Handels- und Servicenetz abbilden, möchten wir im nächsten Schritt unser Gebiet europaweit ausweiten. Mittelfristig wollen wir das nachhaltige Mobilitätskonzept auch in Schwellen- und Entwicklungsländern anbieten und so zur Demokratisierung der Elektromobilität beitragen. Weitere Modelle stehen ebenfalls bereits in der Pipeline.
Vielen Dank für das Gespräch.
Technik | Mobilität & Transport, 01.08.2022
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