Verbände-Bündnis geht Ursachen für zu hohen Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tierhaltung an
Resistenzen gegen Antibiotika sind schon heute laut Weltgesundheitsorganisation eine der größten Menschheitsbedrohungen
Am Samstag ist die neue EU-Tierarzneimittelverordnung genau ein Jahr in Kraft. Darin festgelegt ist ein Verbot des routinemäßigen Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung - doch die Realität sieht noch immer anders aus. 23 Verbände legen Maßnahmen-Paket vor und fordern Politik und Fleischwirtschaft zum Handeln auf.

Heute haben die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) einen Fünf-Hebel-Plan zur Antibiotikareduktion in der Tierhaltung an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sowie weitere zentrale Akteure aus Politik, Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Veterinärmedizin versendet mit der Bitte um Stellungnahme. Die Organisationen schlagen in dem gemeinsamen Papier fünf Hebel vor, um Antibiotikamissbrauch im Stall zu beenden und Resistenzbildung erfolgreich zu bekämpfen. Anders als die meisten früheren Maßnahmen reichen diese Hebel weiter, da sie die systemischen Hauptursachen zu hohen Antibiotikaeinsatzes identifizieren und beheben können.
Fünf Hebel sollen helfen, Antibiotikaeinsatz bis 2030 zu halbieren
Das Papier wird bereits von 21 weiteren Verbänden aus Human- und Veterinärmedizin sowie Umwelt- und Tierschutz unterstützt. Die Unterzeichnenden sind der Überzeugung, dass das im Tierarzneimittelgesetz festgesetzte Ziel, den Antibiotikaverbrauch bis 2030 zu halbieren, nur erreicht werden kann, wenn diese fünf politischen Hebel bewegt werden. Sie umfassen ein weitgehendes Verbot von Reserveantibiotika, eine Verbesserung des Tierschutzes in Zucht und Haltung, eine zielgenaue Entwicklung und Umsetzung von Antibiotikaresistenz- und Tiergesundheits-Strategien sowie eine verbesserte Überwachung des Antibiotikaeinsatzes und der Risiken auch des grenzüberschreitenden Handels (Details siehe Link unten).
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: "Die bisherigen politischen und rechtlichen Maßnahmen haben in Deutschland nur zeitweilig zu einer ersten Reduktion des Antibiotikaverbrauchs in der Tierhaltung geführt. Sie sind längst an ihre Grenzen gekommen. Es muss endlich an der Hauptursache angesetzt werden: die industrielle Tierhaltung produziert inakzeptable Risiken für Mensch und Tier, für die Gesundheit, das Klima, das Wasser. Die Hochleistungszucht von Tieren gilt es ebenso zu begrenzen wie die Anzahl der gehaltenen Tiere zu reduzieren. Wir fordern zudem ein sofortiges Verbot von Reserveantibiotika, zumindest für die vielverbrauchende Gruppenbehandlung von Tieren. Reserveantibiotika sind für Menschen bei Resistenzen gegen Standard-Antibiotika oft das letzte wirksame Mittel. Ihre Wirksamkeit muss besonders geschützt werden."
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, ergänzt: "Wenn 85 Prozent der Hähnchenbetriebe in Deutschland Antibiotika benötigen, dann sind sehr viele Tiere in der industriellen Tierhaltung offensichtlich schlimm krank. Das EU-Tierarzneimittelrecht verbietet es, schlechte Haltungsbedingungen mit dem Einsatz von Antibiotika zu kompensieren. Daher muss das Bundeslandwirtschaftsministerium die relevanten Gesetze, die derzeit noch krankmachende Zucht und Haltung erlauben, umfassend verbessern und so die Hebel umlegen zugunsten gesünderer Tiere. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Tiergesundheitsstrategie muss die Hebel für eine stabile Tiergesundheit benennen, anpacken und umlegen. Notwendig ist parallel dazu, bei der aktuellen Ausarbeitung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie, der DART 2030, klare Reduktionsschritte für die Antibiotikahalbierung bis 2030 festzulegen, um die fortschreitende Ausbildung und Verbreitung von antibiotikaresistenten Erregern schnellstmöglich zu bremsen."
Deutschland zählt zu den hochverbrauchenden Ländern
Beim Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung liegt Deutschland mit 73,3 mg je kg Tiergewicht (mg/PCU) im europäischen Vergleich deutlich vor Ländern wie Frankreich (51,7 mg/PCU), Niederlande (47,6 mg/PCU) oder Dänemark (33,4 mg/PCU). Ein durchschnittliches Masthuhn wurde in 2021 im Vergleich zu 2017 an fünf zusätzlichen Tagen antibiotisch behandelt, das entspricht einem Anstieg um 28 Prozent.
Das aktuelle Zoonosen-Monitoring des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bestätigt zudem, dass insbesondere bei Masthähnchen seit Jahren keine wesentlichen Fortschritte bezüglich des Auftretens von Antibiotikaresistenzen erzielt worden sind. Das BVL als zuständige Behörde fordert überdies seit Jahren mehr Engagement für die Reduktion von Reserveantibiotika bei Tieren, weil diese Wirkstoffe für Menschen von höchster Bedeutung sind.
Weitere Informationen und das Eckpunkte-Papier: www.germanwatch.org/de/87835
Lifestyle | Gesundheit & Wellness, 26.01.2023

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