Gute Dämmwerte dank Schlackensteinen

Nachhaltiges Baumaterial verleiht Bauernhäusern im Rupertiwinkel besondere Optik

Ein gutes Gefühl in der warmen Stube - das wünscht sich eigentlich jeder:jede. Wer heute schon in einem gut gedämmten Haus, das nachhaltige Heizquellen nutzt, wohnt, ist gerade in Zeiten der aktuellen Energiekrise gut aufgestellt. Holz ist so eine regional verfügbare Energiequelle. Es wundert daher nicht, dass Holz in vielen Privathaushalten gerade eine Renaissance erlebt. Anders ist die Situation auf vielen Bauernhöfen: Dort waren der mit Holz beschickte Wamsler in der Küche und der Kachelofen in der guten Stube schon immer die erste Wahl. Denn zu den meisten Höfen entlang des Alpenrandes gehören neben dem Grünland, das als Futterquelle für die Kühe genutzt wird, auch Wald zu den landwirtschaftlichen Flächen. Und so mancher Bauherr im Rupertiwinkel nutzte neben Holz und Natursteinen schon Anfang des 20. Jahrhunderts weitere nachhaltige Baumaterialien: Schlackensteine mit überraschend guten Dämmwerten.

Natürliche Baustoffe
Josef Ramstetter ist froh, dass er ein Depot an Schlackensteinen im Schuppen hat. So kann er - wenn nötig -Ausbesserungen am Mauerwerk des 1908 erbauten Bauernhauses am Geiern-Hof in Kleinrückstätten bei Teisendorf mit dem Originalmaterial aus der ehemaligen Eisenhütte im Achthal durchführen. © Molkerei Berchtesgadener LandHolz und Natursteine waren jahrhundertelang das Material, aus dem Almhütten und Bauernhäuser gebaut wurden. Holz ist dabei einer der ältesten und natürlichsten Baustoffe der Geschichte. Mit der Eisenerzgewinnung kamen ab dem 16. Jahrhundert in manchen Regionen die Schlackensteine als damals neues Baumaterial dazu. So auch im Rupertiwinkel, wo einige Salzburger und der Probst des Stiftes Höglwörth entschieden, am Teisenberg die dortigen Bodenschätze für den Eisenerzabbau zu nutzen. Sie errichteten im Jahre 1537 ein Eisenerzbergwerk im heutigen Achthal. Schlacke fällt als Abfall- bzw. Nebenprodukt bei der Eisenerzgewinnung an. Je niedriger der Eisengehalt der Abbaustätte, desto höher der nichtmetallische Anteil, die Schlacke. Der doch eher geringe Eisenerzanteil von unter 25% führte letztendlich auch dazu, dass um 1925 das Achthaler Erzwerk den Betrieb am Teisenberg wieder einstellte. 

Die Schlacke kommt flüssig bei rund 1.400 °C als Nebenprodukt aus dem Schmelzofen und quillt beim Abschrecken mit kaltem Wasser auf das 5-10fache Volumen auf. Das so entstandene Baumaterial – der meist schwarz bis anthrazitfarbene Schlackenstein - ist sehr porös und dank der Lufteinschüsse sehr leicht und gut bearbeitbar. Aufgrund der damit verbundenen guten Isoliereigenschaft, die mit Ziegelsteinen vergleichbar ist, wurden die Schlackensteine bevorzugt zum Hausbau verwendet. 

Besonders Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Schlackensteine als günstiges Baumaterial nördlich vom Teisenberg vielfach eingesetzt, so auch für das 1909 erbaute Bauernhaus der Ramstetters in Kleinrückstetten. Neben vielen Bauernhäusern wurden auch z.B. Bahnhofsgebäude, wie der Bahnhof Bergen/Obb. an der Eisenbahnstrecke München–Salzburg, oder die 1912 stillgelegte Saline in Traunstein mit Schlackensteinen gebaut. Aufgrund der wasserabweisenden Eigenschaft der Schlackensteine wurden die Mauern ursprünglich nicht verputzt. Viele der Häuser wurden allerdings später – der Mode entsprechend – verputzt. Doch auch heute findet man rund um Teisendorf immer noch alte Bauernhäuser mit dem charakteristischen gescheckten unverputzten Mauerwerk. Die Schlackensteine wurden dabei vielfach kunstvoll mit Natursteinen gemischt und die Fensterstürze mit Ziegel eingebaut. Diese Bauernhäuser sind im heutigen Rupertiwinkel prägend für das Landschaftsbild und stehen dementsprechend unter Denkmalschutz. Dank der guten Isoliereigenschaften lässt es sich auch heute noch gut darin wohnen. 

Josef Ramstetter ist einer von rund 1.800 Landwirten der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land. So wie er wohnen viele bäuerliche Familien in historischen Gehöften quasi im Mehrgenerationenhaus mit Jung und Alt zusammen. Während die Altenteiler im Parterre wohnen, leben Martina, Josef und die drei Kinder Maria, Julia und Andreas im ersten Stock und haben zusätzlich das Dachgeschoss für sich ausgebaut.

Winterzeit ist Erntezeit
Holz ist für viele Bauernhöfe zwischen Watzmann und Zugspitze die erste Wahl zum Heizen, denn viele der rund 1.800 Milchbauern:bäuerinnen der Molkereigenossenschaft Berchtesgadener Land sind gleichzeitig auch Waldbauern:bäuerinnen. Im Bild: Josef Ramstetter bei der Holzarbeit im Januar. © Molkerei Berchtesgadener LandWährend im Sommer die Heu-, aber auch Soja- und Maisernte bei den Ramstetters ansteht, ist im Winter Zeit für Reparaturarbeiten an den Schlackensteinmauern am Haus und natürlich für die Waldarbeit. Die Holzernte im Winter schützt dabei Boden und Bäume vor Schäden. Im Winter haben die Bäume zudem ihre „saftarme" Zeit und das dann geschlagene Holz hat eine bessere und langlebigere Qualität.

CO2 neutraler Energieträger Holz
Werden die Wälder naturnah bewirtschaftet, ist Holz als Baumaterial und Energieträger nachhaltig. Dies gilt besonders, wenn einheimisches Holz im Bauwesen eingesetzt wird, denn dann sind die Transportwege kurz und der Energieaufwand zu seiner Bereitstellung und Aufbereitung besonders gering. Holz in Gebäuden ebenso wie in Möbeln bindet Kohlenstoff in diesen Produkten. Jeder Landwirt, der Wald und Forst bewirtschaftet, trägt damit aktiv zum Klimaschutz bei!  

Biomasse ist in Bayern nach der Wasserkraft der wichtigste regenerative Energieträger. Holz stellt dabei den mit Abstand wichtigsten Biobrennstoff dar. In knapp 1,8 Mio. Öfen wird in Bayern Brennholz verfeuert. Auf diese Weise werden jährlich mehr als 2 Mrd. Liter Heizöl eingespart. Und die Verbrennung von Holz als Brennholz, Pellets oder Hackschnitzel läuft im Gegensatz zu der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle in einem CO2-neutralen Kreislauf. Denn das bei der Verbrennung freigesetzte Kohlendioxid wird in einer nachhaltigen Waldwirtschaft vom nachwachsenden Wald wieder aufgenommen. Und das aus gutem Grund: Holz fällt bei der Waldpflege in ausreichender Menge an und wächst auf den eigenen Flächen ständig nach - in Bayerns Wäldern wächst nach Bundeswaldinventur ein Kubikmeter Holz pro Sekunde nach. Das entspricht einem Heizäquivalent von 220 bis 280 Litern Heizöl.

 
Kontakt: Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG, Barbara Steiner-Hainz | info@molkerei-bgl.demolkerei-bgl.de

Technik | Green Building, 27.01.2023

     
        
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