Die Power von Purpose in der Südtiroler IT und Verwaltung
Ziel: Die Kräfte bündeln in äusserst herausfordernden Zeiten
Wie kommt die Informatikgesellschaft der Landesverwaltung Südtirol auf die Idee, sich mit Purpose zu befassen? Purpose ist heute zwar als Trendthema in aller Munde, doch das kümmerte die Führungsverantwortlichen der Südtiroler Informatik AG (SIAG) im Frühjahr 2021 wenig. Sie entschieden sich für einen Purpose-Prozess, weil sie sich davon ganz konkrete und möglichst handfeste Ergebnisse erwarteten.
Ziel war es nämlich, in äusserst herausfordernden Zeiten die vorhandenen Kräfte zu bündeln, sinnstiftend auszurichten und gemeinsam mit den Mitarbeitenden «die PS auf die Strasse zu bringen» - also trotz turbulenten Geschehnissen im Umfeld einen «super Job» für die Landesverwaltung, die Schulen, Spitäler und weiteren Organisationseinheiten, sowie insgesamt für die Bürger und das Land Südtirol zu leisten.
Wer hätte damals gedacht, dass aus diesem Prozess die Unternehmens-Vision «Gemeinsam machen wir Verwaltung zukunftsfähig. attraktiv. einfach. effizient.» entstehen würde – sozusagen als Nebenprodukt des Purpose-Prozesses. Ganz sicher hätte sich das Führungsteam beim Start des Purpose-Prozesses nicht zu träumen gewagt, dass knapp ein Jahr später ganze 97 % der Mitarbeitenden diesen Visions-Vorschlag für «gut» oder sogar «sehr gut» befinden würden, bevor er dem Verwaltungsrat zur Verabschiedung weitergeleitet wurde.
Die Unternehmens-Vision
«Gemeinsam machen wir Verwaltung zukunftsfähig. attraktiv. einfach. effizient.»
– entstand sozusagen als Nebenprodukt des Purpose-Prozesses
«Gemeinsam machen wir Verwaltung zukunftsfähig. attraktiv. einfach. effizient.»
– entstand sozusagen als Nebenprodukt des Purpose-Prozesses
Beim gleichen Online-Meeting, zu welchem alle SIAG-Mitarbeitenden eingeladen waren, kam es schliesslich noch besser: die handlungsleitenden Prinzipien und die Werte (siehe Kasten), welche ganz konkret die tägliche Zusammenarbeit bestimmen, wurden nämlich mit unglaublichen 100 % Zustimmung angenommen – es gab keine einzige Stimme, welche diese wichtigen Faktoren nur mit «mässig» oder gar «schlecht» bewertet hätte.
Solch hohe Commitments sind in Organisationen selten anzutreffen, und im Verwaltungsumfeld würde man sie nicht unbedingt erwarten. Auch bei der SIAG war man sich nicht immer derart einig. Der Purpose-Prozess wurde mitunter deshalb gestartet, weil die Kräfte manchmal in unterschiedliche Richtungen zogen und zu viel Energie unnütz verpuffte. Wie konnte es also gelingen, zusammen zu finden, sich auf das grössere Ganze auszurichten, neben dem «WHY» auch ein gemeinsam akzeptiertes «WIE» zu finden und mit vereinten Kräften den gleichen Leitstern anzupeilen?
Für die externe Organisationsberaterin Romy Gerhard war klar: fast alles, was es zum guten Gelingen bräuchte, war bereits in der Organisation zu finden und längst vorhanden. Die Kunst wäre, sich gemeinsam auf das Wesentliche zu fokussieren, und im Alltag danach zu handeln, was Sinn macht.
Viele Organisationen machen den Fehler, Purpose-Erzeugnisse von extern einzukaufen, was sich oft kontraproduktiv auswirkt. So war klar: bei der SIAG würden keine gestylten Marketing-Sätze einer Branding-Agentur helfen können und es wäre für Aussenstehende ohnehin unmöglich, das einzubringen, was für die Organisation grundlegend wichtig war (und ist). Es ging und geht nämlich vielmehr darum, dasjenige möglichst voll zum Leben zu erwecken, was die SIAG, ihre Identität und ihre Bestimmung ausmacht – und das konnten nur die Mitarbeitenden der Organisation selbst leisten.
Aber wie sollten diese denn noch ein weiteres Projekt stemmen, wo doch alle bereits mehr als genug zu tun hatten? Die Vorgabe des Generaldirektors war klar: es sollte ressourcenschonend gearbeitet werden. Ein heterogen zusammengestelltes Projektteam, bestehend aus acht Mitarbeitenden aller Bereiche und Stufen war bereit, sich auf das Abenteuer einzulassen und das Rückgrat des PURPOSE4SIAG-Projektes zu bilden. Insgesamt hat jedes Teammitglied knapp 4 Tage für Meetings investiert, verteilt auf 12 Monate – also ca. 2.5 Std. pro Monat, oder rund 7 Min. täglich.
Die meisten der ein Dutzend Meetings fanden online statt. Es gab nur zwei Veranstaltungen, bei dem sich die Beteiligten live in Bozen begegneten. Trotzdem entstand sehr schnell eine vertrauensvolle Atmosphäre und eine flowige Zusammenarbeit.
Vier der Sessions fanden mit erweitertem Teilnehmerkreis statt:
- Bei der vertieften Betrachtung der Unternehmens-Historie waren die Dienstältesten Mitarbeitenden mit anwesend – langjährige Muster und die Unternehmens-DNA liessen sich dabei erkennen.
- Zu den Themen Identität und Werte diskutierte das Projektteam mit zahlreichen Mitarbeitenden bei einem World Café. Es entstanden auch inspirierende Visualisierungen.
- Die Formulierungen zum tiefsten Glauben, dem Why, dem Purpose, der Vision, den Prinzipien und den Werten fanden der Führungskreis und das Projektteam gemeinsam – übrigens in nur gerade 2.5 Std., und inklusive multiperspektivischem Check-up!
- Zur Verabschiedung der unter Punkt 3 formulierten Rohentwürfe waren alle Mitarbeitenden eingeladen – und die meisten folgten der Einladung. Alle Versionen wurden zur Diskussion gestellt und es grenzt an ein Wunder, dass nicht eine einzige Silbe geändert werden wollte.
Von Fritz Lietsch, Chefredakteur
Weitere Informationen über Purpose-Prozesse und sinnstiftende Zusammenarbeit sind zu finden unter www.radicalbusinessinnovation.com und auch www.purpose.li.
Folgende handlungsleitenden Prinzipien und Werte formulierten die Teilnehmer
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Kontakt: Radical Business Innovation AG, Romy Gerhard | romy@radicalbusinessinnovation.com | www.radicalbusinessinnovation.com
Wirtschaft | Führung & Personal, 06.03.2023
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