Untergraben finanzielle Anreize langfristig die Motivation zum Umweltschutz?
Studie der Universität Osnabrück untersucht Auswirkungen von Geldleistungen für umweltfreundliches Wirtschaften
Um den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt zu bekämpfen, ist Umweltschutz wichtiger denn je. Dabei spielt der Erhalt von Wäldern eine zentrale Rolle. Eine Möglichkeit, den Schutz von Wäldern weltweit zu fördern, sind Zahlungen für sogenannte Ökosystemleistungen (auch payments for ecosystem services, kurz PES genannt). Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer erhalten Geld dafür, ihre Wälder nicht abzuholzen oder sogar aufzuforsten.

In einer breit angelegten Studie konnte das Team mit über 750 Landbesitzerinnen und Landbesitzern in West Uganda sprechen und deren Umweltverhalten erforschen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass kurzfristige finanzielle Anreize die Motivation zum Waldschutz nicht untergraben – und das auch dann nicht, wenn die Zahlungen bereits länger weggefallen sind", sagt Dr. Tobias Vorlaufer, Hauptautor der Studie. "Somit finden wir keine Anhaltspunkte für die häufig geäußerte Befürchtung, dass finanzielle Zahlungen langfristig mehr Schaden als Nutzen anrichten."
Entwaldung ist eine der Hauptursachen für Treibhausgasemissionen und den Verlust der biologischen Vielfalt. Um dem entgegenzuwirken, setzen Regierungen und Nichtregierungsorganisationen weltweit auf sogenannte Zahlungen für Ökosystemleistungen (PES). Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer werden so für den Schutz ihrer Wälder entlohnt. PES stellen daher eine zusätzliche Einkommensquelle dar, so dass die Attraktivität alternativer Landnutzung und die damit einhergehenden Entwaldung verringert wird.
Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Ansatz, da monetäre Anreize möglicherweise die Motivation für den Umweltschutz langfristig untergraben könnten. Solche Verdrängungseffekte wurden in der verhaltensökonomischen und psychologischen Forschung bereits für diverse Verhaltensbereiche diskutiert und beobachtet. Björn Vollan, Professor für Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen von der Philipps-Universität Marburg und Mitautor der Studie, äußert sich dazu: „Ein solcher Verdrängungseffekt kann dazu führen, dass wirtschaftliche Anreize weniger wirksam und im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv sind, insbesondere sobald Zahlungen eingestellt werden."
Die für die Studie befragten Landbesitzerinnen und Landbesitzer hatten für zwei Jahre Zahlungen dafür erhalten, die von ihnen genutzten Waldflächen nicht abzuholzen oder sogar neu aufzuforsten. Innerhalb dieses Zeitraums ging die Abholzung um die Hälfte zurück. Danach wurden die Zahlungen eingestellt. Jetzt, sechs Jahre später, hat das Team um Prof. Dr. Engel und Dr. Vorlaufer das Umweltverhalten der Landbesitzerinnen und Landbesitzer anhand von Umfragen und ökonomischen Experimenten untersucht. Die Forscherinnen und Forscher konnten nachweisen, dass die befürchteten negativen Folgen ausblieben: Landbesitzerinnen und Landbesitzer die Geldanreize erhalten hatten, verhielten sich genauso umweltbewusst wie die Kontrollgruppe, zeigten das gleiche Niveau an Eigeninitiative und waren ebenso von den Vorteilen des Waldschutzes überzeugt. „Diese positiven Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung. Wir konnten zeigen, dass ökonomische Anreizinstrumente die Bereitschaft von Landbesitzerinnen und Landbesitzern, sich am Naturschutz zu beteiligen, nicht negativ beeinflussen und somit einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Biodiversität und des Klimas leisten können", so Studienautorin Prof. Dr. Stefanie Engel.
Die Studie leistet damit Pionierarbeit auf dem Gebiet der Verhaltens- und Umweltökonomie, da zum ersten Mal Langzeiteffekte von Geldleistungen für umweltfreundliches Verhalten auf Individualebene und unter realitätsnahen Bedingungen untersucht werden konnten.
Umwelt | Umweltschutz, 26.04.2023

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