Lebensmittelsysteme im Mittelpunkt des Green Deal
Zentrales Element des Green Deal ist die Farm-to-Fork-Strategie (F2F)
Mit ihren sehr diversen, globalen Lieferketten kann die Ernährungswirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität einen wichtigen Beitrag leisten. Die Farm-to-Fork-Strategie im Rahmen des europäischen Green Deal soll die Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems auf EU-Ebene beschleunigen.

Vom Acker bis zum Teller
Zentrales Element des Green Deal ist die Farm-to-Fork-Strategie (kurz F2F-Strategie). Das Maßnahmenpaket, das die EU-Kommission im Mai 2020 vorgelegt hat, zielt auf den nachhaltigen Umbau des europäischen Lebensmittelsystems bis 2030. Denn die Art und Weise, wie Land bewirtschaftet und Lebensmittel produziert werden, macht vom Acker bis zum Teller bis zu einem Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen entlang der gesamten Lieferketten aus, schätzt der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC.
Der ganzheitliche Ansatz berücksichtigt jeden Schritt in der Lebensmittelversorgungskette: von der Produktion über die Verarbeitung, den Transport, die Lagerung und den Vertrieb bis zum Konsum. Hauptadressatin ist zunächst die landwirtschaftliche Produktion, die sich innerhalb eines Jahrzehnts deutlich verändern soll: 50 Prozent weniger Pflanzenschutz, 20 Prozent weniger Dünger, ein halbierter Antibiotikaeinsatz und 25 Prozent mehr Flächen unter Ökolandbau sind nur einige der insgesamt 27 Ziele, die in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch" (und in der Biodiversitätsstrategie) benannt werden. Natürlich haben diese für die Landwirtschaft relevanten Maßnahmen im Hinblick auf Rohwarenverfügbarkeit, -qualität und -sicherheit auch Auswirkungen auf die Ernährungswirtschaft.
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde die F2F-Strategie um einzelne Punkte ergänzt. So hat die Europäische Kommission 2021 einen Notfallplan zur Gewährleistung der Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit in Krisenzeiten angenommen, der die Koordinierung zwischen allen Mitgliedstaaten, den EU-Institutionen und den wichtigsten Interessenträgern ausbaut.
Um bestehende Lebensmittelsysteme zu einem nachhaltigen Modell umzugestalten, verfolgt die F2F-Strategie mehrere Ziele gleichzeitig, unter anderem:
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Europäischer Rechtsrahmen in Vorbereitung
Um den ökologischen Fußabdruck des Lebensmittelsystems als Ganzes zu verkleinern, setzt die Kommission zunächst auf einen EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Marketingpraktiken sowie einen begleitenden Monitoringrahmen. Er kann von Verbänden und Unternehmen des Lebensmittelsektors unterzeichnet werden, die sich freiwillig verpflichten, den Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu unterstützen.
Eine große Herausforderung bei der Umsetzung des mehrdimensionalen Konzepts besteht darin, dass die Kommission die allgemeinen Grundsätze nachhaltiger Lebensmittelsysteme noch nicht klar definiert hat. Es fehlen konkrete Verpflichtungen für alle Akteure in der Lebensmittelversorgungskette. Um Nachhaltigkeit in allen Politik- und Gesetzesinitiativen rund um Ernährung und Landwirtschaft zu verankern, ist die EU-Kommission dabei, eine Rahmengesetzgebung für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem (Sustainable Food System Framework) zu entwickeln. Beabsichtigt ist, diesen Rechtsrahmen bis Ende 2023 vorzuschlagen.
In aktuellen Gesetzgebungsprozessen finden die in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch" geplanten Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Konsummuster und gesunder Ernährung ihren Niederschlag. Die bestehenden Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten wurden erweitert und für mehr Unternehmen verbindlich. Zur Förderung des nachhaltigen Konsums werden zudem Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitskennzeichnungen von der EU gesetzt, die für Umweltaussagen überprüfbare Daten und Methoden, aber zum Teil auch Ökobilanzen verlangen. Dabei geht es um Vorschläge für harmonisierte Nährwertkennzeichnungen auf der Packungsvorderseite, Nährwertprofile mit Beschränkungen für gewisse Inhaltsstoffe, Herkunftskennzeichnungen oder auch Regelungen zu Umweltkennzeichnungen und Umweltaussagen.
Kern des Green Deal bleibt das Ziel der Klimaneutralität. Die Lebensmittelproduktion ist unweigerlich mit Emissionen verbunden, daher haben auch alle umweltpolitischen Ziele des Green Deal eine besondere Relevanz für die Ernährungs- und Lebensmittelbranche. Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft enthält Politikmaßnahmen, um eine an Kreislaufwirtschaft orientierte Entwicklung von Produkten und Materialeffizienz zu fördern. In Folge werden Mindestanforderungen (einschließlich bindender Kriterien) festgesetzt, die die erweiterte Herstellerverantwortung stärken und verhindern sollen, dass umweltschädliche Produkte oder unnötige Verpackungen auf den Markt gebracht werden.
Die Kunststoffstrategie 2018 wird dabei fortgeführt – insbesondere hinsichtlich der Anforderungen zur Reduktion von Mikroplastik sowie der unbeabsichtigten Freisetzung von Kunststoff. Weiter soll sichergestellt werden, dass alle Verpackungen bis 2030 wiederverwendbar oder recycelbar sind.
Grundsatzposition der deutschen Ernährungswirtschaft
Die Beteiligung und das Engagement aller Stakeholder, einschließlich der europäischen Lebensmittelhersteller und -verarbeiter, des Einzelhandels und der Verbraucher, sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung des Green Deal und für eine wirklich nachhaltige Veränderung des europäischen Lebensmittelsystems. Bereits im Mai 2020 hat die deutsche Ernährungswirtschaft eine Grundsatzposition zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen veröffentlicht und darin Veränderungsbereitschaft signalisiert. Die Dachverbände der Branche, die BVE und der Lebensmittelverband Deutschland, betonen, dass zahlreiche Lösungsansätze auf den Weg gebracht worden sind: vom Lieferketten- und Rohstoffmanagement über Energieeffizienz und Abfallvermeidung in der Produktion bis hin zum gemeinsamen sozialen Engagement mit den Kunden.
Die „Bewährungsprobe" für die EU-Strategien „Green Deal" und „Farm to Fork" steht noch aus. Europäische Verbände der Agrar- und Ernährungsbranche beklagen viele offene Fragen. Die europäischen Strategien – vor allem die darin enthaltene Initiative für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem – bieten die Chance, politikumfassende Ansätze zu formulieren und Ideen für mehr institutionelle Zusammenarbeit zu entwickeln.
Stefanie Sabet vertritt seit 2011 die Interessen der Ernährungsindustrie in der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), seit 2017 in der Geschäftsführung, und leitet hier unter anderem das Büro Brüssel. 2018 übernahm die Diplom-Volkswirtin zusätzlich die Hauptgeschäftsführung der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V.
Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Lifestyle | Essen & Trinken, 01.06.2023
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2023 mit dem Schwerpunkt: Künstliche Intelligenz - Künstliche Intelligenz oder natürliche Dummheit? erschienen.

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