Sauberes Wasser und grüne Energie

Der städtische Wirtschaftsbetrieb Mainz AöR erprobt zukünftig die Verbindung von Klärwerk und Elektrolyse.

Mit der „vierten Reinigungsstufe" im Klärwerk Mombach nähert sich der Wirtschaftsbetrieb Mainz AöR dem Ideal der Kreislaufwirtschaft wieder ein Stück weiter an. Für das Herausfiltern winziger Stoffe wird dort sehr viel Sauerstoff benötigt; gewonnen werden soll er per Elektrolyse, wodurch als Nebeneffekt Wasserstoff anfällt. Jener Stoff, der in den Szenarien einer nachhaltigen Energieversorgung eine zentrale Rolle spielen soll. 

Das Klärwerk Mombach © Wirtschaftsbetrieb Mainz Auf rund 600 Tonnen jährlich schätzen die Klärwerksbetreiber den Sauerstoffbedarf. Bei dessen Gewinnung produziert der Elektrolyseur etwa 75 Tonnen Wasserstoff. Zum größeren Teil soll der an einer H2-Tankstelle auf dem Klärwerkgelände vertankt werden, der Rest soll ins Erdgasnetz eingespeist werden. 

Rechnerisch ließen sich mit dieser Menge rund ein Dutzend Busse ein Jahr lang antreiben, erläutert Jonas Aichinger, Leiter des Innovationsmanagements bei der Mainzer Stadtwerken. Der „grüne" Treibstoff soll zunächst jedoch nicht nur im ÖPNV eingesetzt werden, sondern dem Schwerverkehr von Unternehmen zukommen. Selbst private Pkw werden ihn tanken können. Perspektivisch planen die Stadtwerke allerdings den massiven Ausbau ihrer Flotte an Wasserstoff-Bussen. 

Förderung von Bund und Land
Das Projekt „ARRIVED", so der Name des Vorhabens, das vom Mainzer Wirtschaftsbetrieb vorangetrieben wird, lobte Landesumweltministerin Katrin Eder bei der Übergabe eines Förderbescheids als „umweltpolitischen Meilenstein". Das Mainzer Klärwerk werde dadurch zu einer der modernsten Anlagen in Deutschland. Vorab fördert das Land mit 170.000 Euro den Testbetrieb einer Pilotanlage, der noch bis ins kommende Jahr hinein laufen wird. 

„Im Speziellen dient die Pilotanlage dazu, parallel zur Ausführungsplanung herauszufinden, wie sich die Ozonbehandlung mit unterschiedlicher Dosierung bzw. die unterschiedliche Fahrweise von Ozonung und Aktivkohle Filter bei Mainzer Abwasser auf die Spurenstoffelimination auswirkt", erläutert Herbert Hochgürtel, der beim Wirtschaftsbetrieb mit dem Zukunftsprojekt betraut ist. 

Zu den geschätzten Gesamtkosten des Leuchtturmprojekts von rund 39 Millionen Euro hat das Land Rheinland-Pfalz Fördermittel in Höhe von 6,5 Millionen Euro eingeplant. Der Bund hat bereits eine Förderung in gleicher Höhe zugesagt.

Vorhandener Strom aus Erneuerbaren Energien
Auf mehr als vier Gigawattstunden kalkuliert der Wirtschaftsbetrieb den Jahresbedarf an elektrischem Strom für die Elektrolyse. Diese Menge soll durch Umwandlung verschiedener vorhandener überschüssiger erneuerbarer Energien – zum Beispiel aus eigenen Photovoltaikanlagen, den Klärgas-Blockheizkraftwerken und der Klärschlammverbrennungsanlage – erzeugt und zu 50 Prozent durch Sekundärregelleistung ergänzt werden – „Power to Gas". So soll ein besonders ressourceneffizienter Betrieb im Sinne der Energiewende ermöglicht werden, ergänzt um die künftige Produktion von grünem Sauerstoff und Wasserstoff. 

Die Mainzer Stadtwerke steuern zu dem Projekt vor allem ihr Know-how bei, das sie bereits seit 2015 beim Betrieb ihres Energieparks in Hechtsheim erworben haben. Unter Einsatz von Zeit und Geld sei es gelungen, die Kinderkrankheiten dieser Technologie hinter sich zu lassen, resümiert Jonas Aichinger; mittlerweile fühle man sich in der Wasserstoff-Wirtschaft zu Hause und könne mit dem eigenen Wissen den Wirtschaftsbetrieb technisch und organisatorisch unterstützen. 
 
Klima- und Gewässerschutz
„Die Energiekrise bestimmt derzeit die politische Agenda; sie betrifft unendlich viele Menschen und Unternehmen. Dennoch dürfen wir unser Engagement für den Klima- und für den Gewässerschutz nicht vernachlässigen", betont Ministerin Eder. Und ihr Staatssekretär Michel Hauer betonte jüngst bei einem Vortrag auf der Bundesgartenschau in Mannheim, die „wichtige Zielsetzung der Abwasserbeseitigung, weiterhin für sauberes Wasser zu sorgen und gleichzeitig die dafür erforderliche Energie zu reduzieren sowie zur Erzeugung sauberer Energie beizutragen", wofür das Mainzer Projekt ein beeindruckendes Beispiel sei. 

Auch beispielhafte Sektorenkopplung: Mit dem Mainzer ARRIVED-Projekt werden Wasser, Energie und Mobilität mit einander verknüpft. 

„Abwasserreinigung bedeutet Gewässer- und damit automatisch auch Umweltschutz", ergänzt die Vorstandsvorsitzende des Mainzer Wirtschaftsbetriebs, Jeanette Wetterling. „Als Betreiber der größten kommunalen Kläranlage in Rheinland-Pfalz war unser Anspruch deshalb nicht nur, eine möglichst effektive vierte Reinigungsstufe zu installieren, sondern auch eine, die so energieeffizient wie möglich arbeitet." 

Kontakt: Wirtschaftsbetrieb Mainz AöR, Herbert Hochgürtel | 06131 - 971 5211 | herbert.hochguertel@stadt.mainz.de


Quelle: Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH

Technik | Energie, 09.12.2023

     
Cover des aktuellen Hefts

Der Zauber des Wandels

forum 04/2024 ist erschienen

  • Windkraft
  • Zirkuläre Produkte
  • Tax the Rich
  • Green Events
  • Petra Kelly
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
17
SEP
2024
IAA TRANSPORTATION
Die führende Leitplattform für Logistik, Nutzfahrzeuge und den Transportsektor
30521 Hannover
18
SEP
2024
neext Future Summit - Summer Special Rabatt!
Pioneering Tomorrow's Real Estate, Industry and Infrastructure
13088 Berlin
08
OKT
2024
VertiFarm - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
Internationale Fachmesse für Next Level Farming und New Food Systems
44139 Dortmund
Alle Veranstaltungen...
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Warum verlieren so viele Beschäftige die Lust an der Arbeit?
Christoph Quarch im forum-Interview zum Tag der Arbeit
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Tag der offenen Tür bei Fischer’s EM-Chiemgau, 21. September 2024, Stephanskirchen

Gutes Gewissen – guter Schlaf:

"One Home Journey 2024-2030"

Siegeszug für Nachhaltiges Wirtschaften – Vom Müssen zum Wollen

Start der Bewerbungsphase für den CSR-Preis der Bundesregierung für nachhaltig handelnde Unternehmen

Fotoausstellung Klimagerecht leben

From Arms to Farms

IAA TRANSPORTATION 2024, 17.-22. September in Hannover

  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Kärnten Standortmarketing
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • circulee GmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG