Es liegt an uns selbst, ob die Erklärung von Dubai historisch sein wird oder nicht.
Christoph Quarchs Fazit von COP 28
Am Ende überwog die Erleichterung. Zumindest bei Bundesaußenministerin Annlena Baerbock, die das finale Dokument der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai als Signal dafür deutete, dass „die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen hat". Selbstverständlich war das nicht. Keine 48 Stunden vor der Einigung sah es noch ganz danach aus, dass sich die aus knapp 200 Staaten angereisten Delegierten nicht auf ein klares Votum für den Ausstieg aus fossilen Energien verständigen würden. Am Ende gab es dann aber doch eine Einigung; für die einen ein historischer Erfolg, für die anderen eine Mogelpackung. Was soll man davon halten? Darüber sprechen wir mit unserem Philosophen Christoph Quarch.
Herr Quarch, hat mit der COP28-Abschlusserklärung eine neue menschheitsgeschichtliche Epoche begonnen?
Um das zu beurteilen, ist es noch ein bisschen zu früh. Aber eines kann man jetzt schon sagen: Das Schlussdokument weist in die richtige Richtung – und damit ist schon mal viel gewonnen. Ob sich die Weltwirtschaft, die Ölindustrie, die OPEC-Staaten und letztlich wir alle dann auch in diese Richtung bewegen, steht auf einem anderen Blatt. Dafür wird noch sehr viel Arbeit nötig sein. Aber viel mehr als eine solche Wegweisung war von dieser Konferenz nicht zu erwarten. Immerhin saßen in Dubai auch diejenigen mit am Tisch, deren Macht und Reichtum von fossiler Energie abhängt. Da ist ein Kompromiss mit Signalwirkung schon ein echter Erfolg.
UN-Generalsekretär António Guterres beklagt, dass sich die Staatengemeinschaft nur auf eine Abkehr, nicht aber auf einen Ausstieg aus fossiler Energie verständigt habe. Ein kompletter Ausstieg sei aber notwendig, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.
Da hat er sicher Recht, aber das sollte nicht den Blick dafür trüben, dass nun zum ersten Mal überhaupt in einer internationalen Erklärung das Ende der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen als Ziel formuliert wird. Nun wird es entscheidend darauf ankommen, diesen Umstand zu würdigen und als die positive und ermutigende Essenz der COP28-Verhandlungen herauszuarbeiten – ganz so, wie Annalena Baerbock es tut, wenn sie das Papier so deutet, als habe damit die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen. Wenn genau das als Botschaft in den Köpfen ankommt, wäre viel gewonnen. Vor allem deshalb, weil damit klar ist, dass es ab jetzt lohnt, politisch und ökonomisch in alternative Energiegewinnung zu investieren. Gerade die Wirtschaft braucht solche klaren Signale.
Umweltverbände werfen der Abschlusserklärung vor, sie lasse zu viele Schlupflöcher, die es den Energiekonzernen am Ende doch erlauben, weiter fossile Rohstoffe zu ihren Gunsten auszubeuten.
Egal, was die Weltgemeinschaft beschließt: Diese Gefahr besteht immer. Es wäre völlig naiv zu glauben, dass Länder wie Russland oder der Iran aus der Nutzung ihrer fossilen Brennstoffe aussteigen; oder dass Energiekonzerne sich wegen eines UN-Papiers von Wölfen in Lämmer verwandeln. Nein, der Hebel liegt woanders: Der Hebel liegt da, wo Geld investiert wird; in der Privatwirtschaft, aber auch in der Politik. Es ist ein schöner Zufall, dass sich zeitgleich zur COP28 die Ampelspitzen auf den Bundeshaushalt für 2024 einigen konnten. Die darin vorgesehenen Anreize für die Energiewende sind der richtige Weg. Hier liegen enorme Chancen für die Wirtschaft, die wir nun tatkräftig nutzen müssen.
Das wird aber nur gelingen, wenn auch die Industrie und die Verbraucher mitziehen – was aber unwahrscheinlich ist, wenn die Energiewende zunächst mal höhere Energiekosten bedeutet.
Es kommt alles darauf an, wie der Prozess moderiert wird. Es ist für mich zunehmend unerträglich, wie schnell wir in Politik und Medien dabei sind, alles schlecht zu reden und jede Veränderung per se abzulehnen. Mit dieser Haltung werden wir den Herausforderungen der Zukunft nicht gewachsen sein. Wir sollten positiv denken, Zuversicht verbreiten, die Chancen sehen: die Chancen zu einem Aufbruch in ein postfossiles Zeitalter mit mehr Lebensqualität. Es liegt an uns selbst, ob die Erklärung von Dubai historisch sein wird oder nicht. Sie wird es sein, wenn wir anfangen, an einem Strang zu ziehen und in einer gemeinsamen Anstrengung unser Land umzubauen – ja mehr noch: Europa zu einem grünen Kontinent zu machen.
Der Bestseller-Autor Christoph Quarch ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
In seinem neuen Buch "Begeistern! Wie Unternehmen über sich hinauswachsen" geht's um Fragen wie diese:
Wie kommt der Geist in unsere Unternehmen? – Durch Begeisterung! Und wie entsteht Begeisterung? Anders als die meisten glauben.
Als forum-Redakteur zeichnete Christoph Quarch verantwortlich für den Sonderteil „WIR - Menschen im Wandel".
Gesellschaft | Politik, 13.12.2023
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