Wie die Gemeinschaft wirklich profitiert
So kann Tourismus zu Entwicklung und Umweltschutz beitragen
Viel zu oft hat der Fremdenverkehr eher einen negativen Einfluss auf Natur und kulturelle Traditionen. Doch es geht auch anders: bei KAFRED zum Beispiel. Ein außergewöhnliches Vorbild für regenerativen Ökotourismus in Uganda.
Sanft wiegt das Sumpfgras im lauen Wind, während ungewöhnliche Vögel über hohen Baumkronen schnattern: Der Ort Bigodi in West-Uganda liegt in einem Papyrus-Feuchtgebiet, das einen wichtigen Wildtierkorridor für den benachbarten Kibale Forest National Park bildet. Eine Gruppe Tourist*innen schaut mit Ferngläsern und Kameras fasziniert zum Treiben der Vögel auf, bevor sie sich wieder auf eine der langen, aber stabilen Holzbrücken durch den artenreichen Sumpf wagen.
Unterwegs sind die Touris mit der gemeinnützigen, lokalen Organisation KAFRED. Ihr Name ist Programm und bedeutet übersetzt so viel wie: Verein für ländliche und ökologische Entwicklung in Kibale. Im Rahmen ihres Ökotourismusprogramms bietet die Organisation zusammen mit den Einwohner*innen von Bigodi geführte Wanderungen durch die Feuchtgebiete und das Dorf. Teil der Tour sind die Grundschule, die Kirche und ein traditioneller Heiler sowie Gespräche über die Rolle der Frauen im Dorf und traditionelle Zeremonien.
Ausbildung zur regenerativen Landwirtschaft
KAFRED schult Bäuerinnen und Bauern in regenerativem Landbau, Permakultur und Agroforstwirtschaft. In einem etwa zwei Hektar großen Waldgarten demonstriert das Team die Prinzipien der Agroforstwirtschaft, pflanzt unterschiedlichste Sorten, beschneidet Bäume und Sträucher, mulcht mit natürlicher Biomasse. So wachsen dort verschiedenste Gemüse, Bananen, Bohnen und Maniok für eine gesunde Ernährung der Dorfgemeinschaft und ihrer Gäste. Cash Crops wie Kaffee und Erdnüsse dienen als Einkommensquelle durch ihren Verkauf. Andere Pflanzen wie Vertiver (Süßgras) tragen dazu bei, die Erosion auf den abschüssigen Hügeln zu verringern. Wie in einem natürlichen Ökosystem fördern sich die Pflanzen gegenseitig in ihrem Wachstum, zum Beispiel spenden Kodiabäume und Feigenbäume dem Kaffee Schatten und konkurrieren nicht
mit ihm.
Am Beispiel lernen
Bevor KAFRED das Land übernahm und die Bodenqualität wiederaufbaute, wurde es mit konventionellen Praktiken regelrecht heruntergewirtschaftet: Spritzen, Abbrennen und Sumpfrodung haben tiefe Spuren der Zerstörung im eigentlich fruchtbaren Boden hinterlassen. Die ausbeuterische Anbauweise erschöpfte nicht nur den Boden und seine Fruchtbarkeit, sondern bedrohte mit ihrem Gift- und Nährstoffeintrag auch die nahegelegenen Sümpfe und die Bäche, die in den Kibale-Nationalpark führen.
Geschäftsführung.
„Wir nutzen naturbasierte Lösungen, um die Entwicklung unserer Gemeinde, Geschlechtergerechtigkeit und ökologische Regeneration voranzubringen."
Rosette Moonlight von Bigodi’s Mode-Handwerk-Frauen-Team "Seeds & Stories"
Zum Glück machte das Modell von KAFRED schnell Schule: Am Talhang gelegen, haben die Nachbarn sehr genau beobachtet, wie sich das Land der „Sonderlinge" entwickelt. Es grünt und blüht, die gemischt angebauten Pflanzen tragen gute Früchte. So begannen auch die benachbarten Landwirt*innen, ihre Felder weniger mit Pestiziden zu spritzen oder die Gift-Praxis sogar ganz einzustellen. Das Ergebnis: Alle respektieren nun eine Pufferzone zwischen Feldern und Sumpf, das Wasser fließt – dank KAFRED – wieder in all seiner Klarheit in den Nationalpark.
Hochwertige Bildung für Dorfkinder und Touris
Mit dem Ziel, hochwertige Bildung in Bigodi zu ermöglichen, reinvestiert KAFRED die Einnahmen aus dem Ökotourismus. Da das Dorf über keine weiterführende Schule verfügte (die nächste war 35 Kilometer entfernt), eröffnete die NGO 1993 einfach selbst eine. Jetzt können Jugendliche bis zum Alter von 16 Jahren leichter zur Schule gehen. Die Schule ist inzwischen auf mehr als 400 Schüler angewachsen.
KAFRED führt auch Umweltbildungsprogramme durch. So hat die NGO beispielsweise mit dem Kibale Fuel Wood Project der New Nature Foundation zusammengearbeitet, um das Waldgebiet zu erhalten und ein Forschungszentrum einzurichten. Gemeinsam mit Nature for Kids und UNITE (Uganda and North Carolina International Teaching for the Environment) fördert sie die Umweltbildung.
Frauenförderung und Gemeinschaftsstärkung
Durch KAFRED initiiert, gründete sich auch eine Tanz- und Theatergruppe von Frauen. Mit ihren Aufführungen begeistern die Ladys die benachbarten Dörfer für den Naturschutz.
Die Frauengruppe „Seeds & Stories", die Kunsthandwerk herstellt und verkauft, erhält von KAFRED Schulungen zur Produktentwicklung und -vermarktung sowie eine Plattform zur Präsentation ihrer Produkte. Sie verkaufen „Boden-zu-Boden-Produkte": Es kommen ausschließlich natürliche Ressourcen zum Einsatz, sie stammen vollständig aus der Region und die Reste werden in den Sumpf zurückgebracht.
In Sparergruppen können die Frauen langfristig eine Einkommensvorsorge aufbauen. 90 Prozent ihrer Einnahmen fließen direkt an die einzelnen Kunsthandwerkerinnen, zehn Prozent gehen in einen Gemeinschaftsfonds. Diesen Topf verwendet die Gruppe mit etwa 40 Frauen für Projekte zur Entwicklung der Gemeinschaft. Die Gewinne flossen bisher unter anderem in die Gründung einer Vorschule.
Ein Kreditprogramm für die vom Mensch-Wildtier-Konflikt am stärksten betroffenen Familien erhöht die Akzeptanz für den Naturschutz.
Gemeinschaftsbasierte Innovationen durch Partnerschaften
Ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsziels 17 der Vereinten Nationen setzt KAFRED auf Kooperationen, um zu einer zukunftsfähigen Entwicklung der Region beizutragen. Die Organisation arbeitet zum Beispiel mit Regenerosity, dem Thomas More University College und der Howest College University in Belgien zusammen, um Praktika für Studierende im Bereich des gemeinschaftsbasierten Ökotourismus zu ermöglichen. Als Mitglied der Uganda Community Tourism Association (UCOTA) wirbt KAFRED auf nationaler und internationaler Ebene für seine Ökotourismusangebote.
Bereits zweimal gewann KAFRED den UNDP-Äquatorpreis des Weltumweltprogramms. Sie zeigt mit ihrem Engagement konsequent den Nutzen und das Potenzial von gemeinschaftsbasierten Innovationen für Ökotourismus, Naturschutz und Entwicklung – ein Vorbild sowohl in Uganda als auch international.
Tina Teucher treibt mit ihrer Initiative Generation Restoration im Rahmen der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen (2021-2030) vorbildliche Projekte für regeneratives Wirtschaften voran. Ein wichtiges Anliegen ist ihr unter anderem die Weiterentwicklung von Flüchtlingscamps in Orte von Regeneration und Hoffnung.
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