BIOFACH 2025

Neun rechtliche Mythen und Missverständnisse zum Urlaub

Faktencheck: Was wirklich im Urlaubsrecht gilt

Familie im Urlaub - Quelle:unsplash.com Nutzer: Natalya Zaritskaya (goodmood77)
Missverständnisse über Urlaubsansprüche sind weit verbreitet. Lesen Sie, was wirklich gilt und vermeiden Sie rechtliche Stolperfallen.
 
Urlaubsansprüche und -regelungen sind oft von Missverständnissen und Fehlinformationen geprägt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber stehen regelmäßig vor der Herausforderung, die gesetzlichen Bestimmungen korrekt zu verstehen und anzuwenden. Eine klare Darstellung der tatsächlichen Rechtslage ist daher essenziell, um häufige rechtliche Mythen und Missverständnisse rund um das Thema Urlaub zu vermeiden.


Urlaubsanspruch besteht auch in der Probezeit

Laut Regina Manz und Dr. Tobias Schuster, Anwälte für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main, ist es ein weit verbreiteter Irrtum, dass Arbeitnehmer während der Probezeit keinen Anspruch auf Urlaub haben. Tatsächlich entsteht der volle Urlaubsanspruch erst nach sechs Monaten im neuen Arbeitsverhältnis. Jedoch haben Arbeitnehmer bereits vor Ablauf dieser Zeit einen anteiligen Anspruch auf Urlaub. Gemäß § 4 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) erwerben sie pro Monat ein Zwölftel ihres Jahresurlaubs. Beträgt der jährliche Urlaubsanspruch zum Beispiel 24 Tage, so stehen ihnen pro Monat zwei Tage Urlaub zu.

Wird einem Arbeitnehmer nach drei Monaten gekündigt, ergibt sich daraus ein Anspruch auf sechs Urlaubstage, die ihm zustehen. Sollte es nicht möglich sein, diese Urlaubstage zu nehmen, muss der Arbeitgeber den nicht genommenen Urlaub finanziell abgelten. Auch Ferienjobber haben Anspruch auf anteiligen Urlaub, abhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung im Unternehmen.

Arbeitnehmer haben 24 Tage gesetzlichen Mindesturlaub

Es ist ein Missverständnis zu glauben, der gesetzliche Mindesturlaub betrage 24 Tage pro Jahr und entspreche fast fünf Wochen. Das BUrlG schreibt in § 3 zwar mindestens 24 Werktage Urlaub vor, geht dabei aber von einer Sechs-Tage-Woche aus. Bei der in Deutschland weit verbreiteten Fünf-Tage-Woche bedeutet dies einen Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen pro Jahr. Dies entspricht lediglich vier Wochen.

Urlaub kann ausgezahlt werden

Ein verbreiteter Irrtum ist, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub auszahlen lassen können. Das BUrlG sieht Urlaub als Erholungszeit vor, um die Arbeitskraft des Arbeitnehmers zu erhalten. Zusätzliche Zahlungen tragen nicht zur Erholung bei, daher ist eine Auszahlung des Urlaubs im BUrlG grundsätzlich nicht vorgesehen. Eine Ausnahme besteht jedoch: Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden, ist er abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dies gilt beispielsweise, wenn die verbleibenden Arbeitstage nicht ausreichen, um den gesamten Urlaub zu nehmen, oder wenn dringende betriebliche Gründe dagegensprechen.

Die Berechnung der Urlaubsauszahlung erfolgt nach § 11 BUrlG. Maßgeblich ist das Durchschnittsgehalt der letzten dreizehn Wochen vor dem Urlaubsbeginn. Der Bruttolohn für 13 Wochen wird mit der Zahl der Resturlaubstage multipliziert und das Ergebnis durch die Gesamtzahl der Arbeitstage in diesen 13 Wochen geteilt. Ein wichtiger Punkt betrifft Arbeitnehmer in Kurzarbeit: Für das Urlaubsentgelt wird dennoch der während des regulären Arbeitsverhältnisses gezahlte Bruttolohn herangezogen, nicht der reduzierte Kurzarbeiterlohn.

Firma darf meinen Urlaub abbrechen

Die Annahme, dass ein Arbeitgeber den Urlaub seiner Mitarbeiter abbrechen darf, ist falsch. Eine solche Maßnahme ist nur in extremen Notfällen zulässig. Laut Bundesarbeitsgericht sind "zwingende Notwendigkeiten, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen", die Voraussetzung für eine Rückholung aus dem Urlaub. Das bedeutet, dass der Abbruch des Urlaubs nur dann in Betracht kommt, wenn das Überleben der Firma auf dem Spiel steht. In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber die bereits angefallenen Kosten, etwa für gebuchte Flüge und Hotels, übernehmen.


Das Unternehmen bestimmt die Dauer des Urlaubs

Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass der Arbeitgeber allein über die Dauer des Urlaubs entscheidet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens zwei Wochen Urlaub am Stück, wobei das Gesetz von einer Sechs-Tage-Woche ausgeht. Auf eine Fünf-Tage-Woche übertragen, bedeutet dies einen Anspruch auf mindestens zehn aufeinanderfolgende Urlaubstage.

Das BUrlG legt fest, dass der Urlaub grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden soll. Ausnahmen sind möglich, wenn der Arbeitgeber dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe für eine Teilung des Urlaubs geltend machen kann. Zudem kann in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen von dieser Regelung abgewichen werden, wie in § 13 Abs. 1 BUrlG festgelegt.

Urlaubstage verfallen am 31. März des Folgejahres

Die Annahme, dass Resturlaub automatisch am 31. März des Folgejahres verfällt, ist nicht korrekt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Voraussetzungen für den Urlaubsverfall bereits 2018 verschärft. Zwar schreibt das BUrlG vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden muss, doch diese Regelung darf nicht mehr strikt angewendet werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter rechtzeitig schriftlich darauf hinzuweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember oder spätestens bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss, da er sonst verfällt.

Unterbleibt diese schriftliche Belehrung, verfällt der Urlaub nicht, auch wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag gestellt hat. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er seiner Hinweispflicht nachgekommen ist, wie das Bundesarbeitsgericht in Folge der EuGH-Rechtsprechung entschieden hat (Az.: 9 AZR 541/15).

Ein Arbeitgeberwechsel bringt neuen Jahresurlaub

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass beim Wechsel des Arbeitgebers ein neuer Jahresurlaubsanspruch entsteht. Das BUrlG schließt doppelte Urlaubsansprüche aus. Der Arbeitnehmer muss dem neuen Arbeitgeber mitteilen, wie viele Urlaubstage bereits beim vorherigen Arbeitgeber genutzt wurden. Diese Tage werden beim neuen Arbeitgeber berücksichtigt und vom Urlaubsanspruch abgezogen. Es ist jedoch möglich, dass der neue Arbeitgeber einen höheren Urlaubsanspruch gewährt, beispielsweise statt 28 Tage 30 Tage.

Sollte ein Arbeitnehmer beim vorherigen Arbeitgeber mehr Urlaub genommen haben, als ihm zusteht, kann der neue Arbeitgeber diese Tage nicht zurückfordern. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer den bereits genommenen Urlaub behalten kann, ohne dass der neue Arbeitgeber einen Abzug vornimmt. Falls der Urlaubsanspruch beim vorherigen Arbeitgeber vor der Kündigung nicht vollständig genutzt wurde, sieht das Gesetz einen Ausgleich vor. Dies kann in Form einer finanziellen Abgeltung erfolgen, um den verbleibenden Urlaubsanspruch auszugleichen.

Urlaubsanspruch verfällt bei langer Krankheit

Die Annahme, dass Urlaub bei langwieriger Krankheit verfällt, ist nur bedingt richtig. Grundsätzlich verfällt der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Laut dem Magazin karrierepropeller.de hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt jedoch die Rechte von Arbeitnehmern gestärkt. Arbeitgeber müssen Beschäftigte, die lange krankgeschrieben sind, auf den drohenden Verfall ihrer Urlaubsansprüche hinweisen. Unterbleibt dieser Hinweis, verfällt der Resturlaub bei Krankheit oder Erwerbsminderung des Arbeitnehmers nicht.

Manager müssen auch im Urlaub erreichbar sein

Die Annahme, dass Manager auch im Urlaub erreichbar sein müssen, ist falsch. Rechtlich sind Arbeitnehmer, einschließlich Führungskräften, nicht verpflichtet, während ihres Urlaubs erreichbar zu sein. Der Zweck des Urlaubs besteht darin, dass sich Arbeitnehmer von ihrem Arbeitsalltag erholen, und dies gilt auch für Personen in Führungspositionen. Allerdings zeigt die Praxis häufig ein anderes Bild. Viele Chefs missachten diese gesetzliche Grundlage, was nicht selten vorkommt.
 

Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 23.05.2024

     
        
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