BIOFACH 2025

Energiespeicher

"Die Marktbereinigung wird schnell und hart sein"

Franz Feilmeier, Batteriepionier und Geschäftsführer von FENECON aus Deggendorf, sieht den boomenden Speichermarkt vor einer harten Konsolidierung. Anbietern hierzulande hilft seiner Meinung nach insbesondere ein innovatives Energiemanagement. Niels-Hendrik Petersen sprach mit dem Vordenker, der von Ernst & Young als Unternehmer des Jahres 2023 in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet wurde, über die Entwicklungen in einem heiß umkämpften Markt.

© Fenecon
Herr Feilmeier, Sie waren schon bei der ersten ees Europe im Jahr 2014 als Aussteller dabei. Was hat sich seitdem verändert?
Schon vor 2014 haben sich die damaligen Stromspeicherpioniere auf der Intersolar gezeigt. Aber es gab auch andere Messen, die das Thema an sich ziehen wollten. Mit der Gründung der ees und dem eigenständigen Fokus auf Speicher und später auch mit der EM-Power für Energiemanagement wurde dann der Grundstein gelegt, dass man Speicher und Energiemanagementsysteme nicht nur als Anhängsel von PV-Anlagen sieht, sondern deren multifunktionalen Wert erkennt.

Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung des Heimspeichermarkts?
Der boomende Markt hat in den letzten zwei bis drei Jahren viele Neulinge angezogen. Jetzt wo Lieferfähigkeit plötzlich kein Kaufargument mehr ist, tun diese sich im Markt zunehmend schwer, weil großer Wert auf Service, Schulungen sowie Kundennähe, langfristige Investitionssicherheit und intelligentes Energiemanagement gelegt wird. Entsprechend rollt gerade eine Konsolidierungswelle durch den Markt. In Europa sehen wir nur die Spitze des Eisbergs, aber in China führen die gegenwärtig sehr niedrigen Preise zu massiven Marktverwerfungen und dem Scheitern vieler Unternehmen und Investoren – hier geht viel volkswirtschaftliches Kapital verloren.

Wie lange wird die Konsolidierungswelle noch dauern?
Wir denken, dass diese Marktbereinigung schnell und hart sein wird, da viele Neulinge über keine oder kaum Reserven verfügen, die sie in so einer Phase aufzehren könnten, oder sich Konzerne aus anderen Branchen und Produkten wieder aus dem Speichergeschäft zurückziehen. Daher erwarten wir, dass bereits im zweiten Halbjahr 2024 nur noch ein geringer Teil dieser Hersteller aktiv sein wird. Die Erfolgsstrategie fürs Überleben bis dahin: Es muss sich beim Speicher um das Kernprodukt und den Kernmarkt handeln. Sollte es sich bei einem Heimspeicher im DACH-Raum um ein Nebenprodukt eines Herstellers oder einen Markt ohne klaren Fokus und ohne lokale Präsenz handeln, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man den harten Wettkampf nicht überstehen wird.

Wie profitiert der Markt für Gewerbespeicher von der Entwicklung?
Hätten die vielen kleinen Hersteller im Heimspeichermarkt nachhaltigen Erfolg gehabt, hätten sie im nächsten Schritt sicherlich den Gewerbespeichermarkt mit ähnlichen Methoden überflutet. So tauchen auf diesem Markt jedoch keine relevanten neuen Anbieter auf. Dieses Segment wird klar von mehreren, mittelständischen, deutschen Unternehmen dominiert. Hier driften Angebot und Nachfrage nicht auseinander wie bei Heimspeichern. Mittlerweile sind die geringeren Herstellungskosten für Batterien bereits in diesem Segment ankommen und so sehr wirtschaftliche Projekte möglich. Dabei spielt die Leistung der Systeme bei der Be- und vor allem bei der Entladung – beispielsweise für die Lastspitzenkappung oder Vermeidung von Netzausbau – eine große Rolle. Die Kosten pro Kilowatt sind als Kenngröße genauso wichtig wie die Kosten pro Kilowattstunde.

Und umgekehrt?
Im Heimspeichersegment lernt der Markt gerade, dass sich Speicher im Laufe der Zeit weiterentwickeln und individualisieren – wir nennen das die Energiereise der Speicher. Sie binden Wärme und Mobilität aktiv ein, ebenso wie dynamische Stromtarife. Unsere Erfahrung: Mit dem Wachstum des Verbrauchs lassen die Anwender auch die PV-Anlagen und die Batteriekapazität häufig mitwachsen. Das war beim Gewerbespeicher schon immer so. Da wäre es geradezu undenkbar, einen Speicher mit einem Energiemanagement für 20 Jahre lang unverändert zu planen. Das E-Flottenladen und dynamische Stromtarife sind hier schon weit verbreitet, nicht zuletzt durch reduzierte Lastspitzen oder vermiedenen Netzausbaubedarf. Also stellt die Energiereisefähigkeit eines Speichers mit seinem Energiemanagement eine nötige Bedingung für den Erfolg von Produkt und Hersteller dar. Es verpflichtet den Hersteller, nicht nur einmal zum Kaufzeitpunkt ein funktionierendes und billiges System zu liefern, sondern über die gesamte Lebensdauer Lösungen für die sich ändernden Anforderungen parat zu haben

Bei welchen Anwendungen für Strompuffer ist Deutschland Impuls- oder Trendgeber?
Genau diese passgenauen Systeme, die jederzeit für optimale Leistung, Kapazität und vor allem Anwendungskombinationen sorgen, ist die große Stärke Deutschlands gegenüber China, das am liebsten mit einem Massenprodukt ganz viele Kunden erreichen will. Da intelligente Energiemanagementsysteme im Energiemarkt der Zukunft eine zentrale Rolle einnehmen, sehen wir ein großes Potenzial für eine Re-Industrialisierung Deutschlands – gerade durch intelligente Stromspeichersysteme. Herausforderungen wie der Smart-Meter-Rollout und dynamische Stromtarife, Paragraph 14a EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, sowie die zunehmenden Abregelungen durch die Verteilnetzbetreiber und rückspeisefähige E-Fahrzeuge sind schon sehr bald da. Gerade auf diesem Gebiet, bei Systemen für das Energiemanagement, sind wir weltweit führend. Beispielsweise hat sich OpenEMS zur führenden Energiemanagementplattform entwickelt – auch weil Tausende von Entwicklern daran mitarbeiten. Das führt zu innovativen Lösungen wie einer vorausschauenden Einbindung dynamischer Stromtarife.

Herr Feilmeier, wir danken für das Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg.
 
Nils-Hendrik Petersen schreibt als Journalist für Energie- und Wirtschaftsthemen u.a. für das Magazin Photovoltaik, das HZwei Magazin und die Süddeutsche Zeitung.

Technik | Energie, 27.05.2024
Dieser Artikel ist in forum 03/2024 mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft im Wandel – Lieferkettengesetz, CSRD und regionale Wertschöpfung" - Positiver Wandel der Wirtschaft? – So kann's gehen erschienen.
     
        
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