Keine Speicher - Keine Wende
Wieso Energiespeicher ein Knackpunkt der Energiewende sind
Das Wetter ist warm, die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, die Maschinen im Gewerbegebiet Grafing laufen auf Hochtouren. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, eine Wolkenfront zieht auf, es wird merklich kühler. Schnell sind die Wolken auch über dem Dach und der PV-Anlage der Edelstahlschlosserei. Das Rattern der Maschinen wird merklich langsamer, bis sie letztendlich verstummen. „Feierabend für heute. Wir sehen uns morgen um zehn, wenn der Himmel vermutlich wieder aufzieht", kommt die Ansage in der Halle... Damit dies nicht zur Zukunftsvision wird, braucht es ein stabiles Stromnetz und hohe Speicherkapazitäten. Zahlreiche Start-ups und erfahrene Unternehmen arbeiten deshalb mit Hochdruck an Lösungen.
Die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie durch Wind und Sonne fluktuiert stark. Der Strombedarf deckt sich selten mit Zeit und Menge der regenerativ produzierten Energie. Um die durchgängige Versorgung von Industrie und Privathaushalten zu gewährleisten, gilt es, den nicht sofort benötigten Strom zu speichern und Produktionsspitzen abzufangen. Dazu braucht es innovative Technologien und ausreichend Speicherkapazitäten, die die benötigte Energie bei Bedarf wieder abgeben können und das Stromnetz stabilisieren.
Das Problem ist seit Jahren bekannt, viele kluge Köpfe sitzen bereits an Lösungen. Kein Wunder, dass gerade in Deutschland Start-ups wie die Pilze aus dem Boden schießen und vielversprechende Ansätze für bahnbrechende Innovationen zeigen. forum stellt beispielhaft zwei von vielen Unternehmen vor, die sich mit Speicherlösungen auf Basis von Redox-Flow-Batterien beschäftigen.
„Wir wollen die Prozesse so sehr vereinfachen, dass wir mit Preis und Geschwindigkeit punkten können."
Gernot Kling, CEO Fesol Projekt GmbH
Jakob Bitner gründete 2016 zusammen mit Michael Peither und Felix Kiefl das Start-up VoltStorage. Sie entwickeln ressourceneffiziente und nachhaltige Lösungen zur Speicherung und Bereitstellung erneuerbarer Energien. Mit seinen Lösungen will das Unternehmen erneuerbare Energien zu 100 Prozent rund um die Uhr verfügbar zu machen. Neue Speichertechnologien und Anwendungen gelten als wegweisend für die Energiewende und leisten einen maßgeblichen Beitrag für eine klimafreundliche Zukunft.
Die Redox-Flow-Technologie…
… unterscheidet sich deutlich von anderen bekannten Speichertechnologien, beispielsweise auf Lithiumbasis. Sie kommt ohne seltene Materialien und Konfliktrohstoffe aus, ist vollständig recyclebar und weist zudem eine hohe Betriebssicherheit und langfristige Nutzbarkeit ohne Kapazitätsverluste auf. Somit ist sie nicht nur sicherer und langlebiger, sondern ermöglicht auch eine umweltfreundlichere und ressourceneffizientere Speicherung erneuerbarer Energien. Bei der Redox-Flow-Batterie zirkulieren zwei energiespeichernde Elektrolyte in getrennten Kreisläufen, zwischen denen in einer Zelle, auch Stack genannt, mithilfe einer Membran der Ionenaustausch erfolgt. Durch die separate Speicherung der flüssigen Elektrolyte in Tanks kommt es auch bei Anlagenstillstand zu nur marginaler Selbstentladung.
VoltStorage setzt auf die neuartige Eisen-Salz-Technologie. Mit den umweltfreundlichen Rohstoffen Eisen und Salz, niedrigen Kosten und besonders hoher Temperaturresistenz stellt sie eine revolutionäre Technologie für Unternehmen mit Anforderungen an Lade- und Entladezeiten von zehn bis 100 Stunden dar und kann dort die Bereitstellung der Grundlast auf Basis erneuerbarer Energien sichern. Interessierte Unternehmen sind Energieproduzenten, Netzbetreiber, Betreiber von Windparks oder Solarkraftwerken, Großindustrien und viele andere. In den letzten Jahren konnte VoltStorage mehrere Erfolge vermelden, wie den mit 100.000 Euro betitelten Weimer Media Future Award oder die Beteiligung des US-Unternehmens Cummins Inc. mit 24 Millionen Euro. Vor kurzem erhielten sie zusätzlich die Zusage zur Förderung durch die Europäische Investitionsbank.
Der E-Cube – ein Konzept, das Hoffnung weckt
Auch Gernot Kling experimentiert mit Redox-Flow-Batterien. Sein System heißt E-Cube und ist darauf spezialisiert, Redox-Flow-Batterien sehr schnell, preisgünstig und in den unterschiedlichsten Größenabstufungen zu produzieren. Durch das Produktionsverfahren können binnen neun bis zehn Minuten Stacks mit einer Leistung von fünf Kilowatt produziert werden, die dann durch Installateure beim Nutzer zu Einheiten von fünf bis zu beliebiger Megawatt-Leistung zusammengeschaltet werden. Die Speicherkapazität passt sich somit individuell den Anforderungen der Verbraucher an. Die Speichertechnologie kann entweder in Gebäuden installiert werden oder wird in einem wasserdichten Betonwürfel (E-Cube) geliefert und unterirdisch eingebaut beziehungsweise auf freier Fläche aufgestellt. Besonders seine kompakte Bauweise, die Fähigkeit, gleichzeitig be- und entladen zu werden, und das vergleichsweise geringe Gewicht machen den E-Cube, laut Aussagen von Kling, einzigartig. Die hohe Skalierbarkeit durch Kombination der einzelnen Einheiten zu Leistungen von über einem Megawatt und einer Kapazität von bis zu einem Megawatt ist ein weiterer Vorteil. Das Start-up hält dazu mehrere Patente und sucht nach Investoren und Partnern für den Start der Produktion.
Weitere spannende Start-ups und Firmen aus der Branche sind: CMBlu Energy AG, das auf organische Elektrolyte setzt, oder Vanevo, das eine vereinfachte Herstellung der Stacks patentiert hat. Weitere Innovationen finden sich jedes Jahr auf der ees in München und laufend auf www.forum-csr.net
SONNE UND WIND, EISEN UND SALZ – GOTT ERHALT'S
Jakob Bitner, Co Founder und CEO von Volt Storage beschreibt den Weg in eine saubere Energiezukunft. Die regenerative Erzeugung von Strom und die umweltfreundliche Speicherung nach dem Redox-Flow-Prinzip sind seine bevorzugten Zutaten. Licht und Schatten – so könnte man es beschreiben, wenn nun das Solarpaket 1 zur Förderung des Solarausbaus einhergeht mit der Einigung auf ein aufgeweichtes Klimaschutzgesetz. Gleichzeitig erinnert der Jahrestag des Atomausstiegs daran, wie unumkehrbar der Weg hin zu echtem Klimaschutz und einer umfassenden Energiewendegeworden ist.
Während die Politik noch um einen klaren Kurs ringt, sendet die Finanzwirtschaft ein deutliches Signal: Ein steigendes Interesse von Investoren und Finanzinstitutionen an Cleantech- und Zukunftstechnologien und Kapitalabzug für fossile oder nukleare Technologien. Die Finanzierungslücke für das Atomkraftwerk Hinkley Point C in Großbritannien zeigt dies deutlich. Das Engagement in erneuerbare Energien und nachhaltige Technologien beweist, dass die Finanzwirtschaft ihren Beitrag zum Klimaschutz ernst nimmt und sich auf eine kohlenstoffarme Zukunft vorbereitet.
Erneuerbare ausbauen und Prozesse optimieren
In diesem Umfeld stehen wir vor einer einzigartigen Chance, die Energiewende mit Innovationen sauber und effizient zu gestalten. Windkraft und Sonnenenergie bieten eine vielversprechende Alternative zu Atomkraft und fossilen Brennstoffen. Sie sind sauber, unbegrenzt verfügbar und produzieren keine schädlichen Emissionen. Der Fokus sollte also klar darauf liegen, diese erneuerbaren Energiequellen weiter auszubauen und zu optimieren. Um sie vollständig und grundlastfähig in das Energiesystem zu integrieren, sind jedoch einige Herausforderungen zu bewältigen.
Langzeitenergiespeicher – auch Long Duration Energy Storage genannt – spielen eine entscheidende Rolle, um überschüssige Energie zu speichern, bei Bedarf wieder abzugeben und somit die Versorgung aus Erneuerbaren grundlastfähig zu machen. Darüber hinaus erfordert es einen intelligenten Ausbau des Netzes, um die erzeugte Energie effizient zu transportieren und zu verteilen.
Rohstoffe und die Frage der Lieferkette
Ein weiterer, wichtiger Aspekt bei der Umstellung auf erneuerbare Energien ist der Bereich der Rohstoffe und die damit verbundene Lieferkette. Es ist entscheidend, nachhaltige und umweltverträgliche Lösungen zu finden. Die Eisen-Salz-Batterietechnologie basiert auf der erprobten Redox-Flow-Technologie und ist somit nicht nur effizienter, sondern auch umweltfreundlicher als andere Konzepte. Die benötigten Rohstoffe für diese Batterie sind weit verbreitet und in großen Mengen verfügbar, was potenzielle Engpässe in der Lieferkette minimiert. Darüber hinaus sind ihre Bestandteile vollständig recyclebar, was zu einer deutlich reduzierten Umweltbelastung führt. Die Entscheidung für Eisen-Salz ist daher nicht nur aus technischer, sondern auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Sie bietet eine nachhaltige Lösung für die Speicherung erneuerbarer Energien und trägt dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
Technik | Energie, 27.05.2024
Dieser Artikel ist in forum 03/2024 mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft im Wandel – Lieferkettengesetz, CSRD und regionale Wertschöpfung" - Positiver Wandel der Wirtschaft? – So kann's gehen erschienen.
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