From Arms to Farms
Mit Bio-Landbau Frieden schaffen
Rommel Arnado ist Bürgermeister von Kauswagan. Die Gemeinde liegt im Norden der Philippinen und war Jahrzehnte Krieg und Terrorismus ausgesetzt. Bis Rommel Arnado dort „Mayor" wurde. Bernward Geier war für forum sozusagen zwischen Maschinengewehren und Bio-Gemüse vor Ort.
Herr Arnado, als Sie 2010 Bürgermeister von Kauswagan wurden, standen Sie vor einer riesigen Herausforderung. Welche war das?

Was war die Ursache für die Gewalt und Zerstörung?
Alle dachten, religiöse und kulturelle Spannungen seien die Ursache des Konfliktes. Der Hauptgrund war aber die verzweifelte Lage der Bevölkerung aufgrund großer Armut. Das totale Versagen von Politik und Verwaltung hatte sogar zu einer Hungerkatastrophe und diese wiederum zum Krieg geführt.
In Ihrem Plan für Frieden und Wiederaufbau spielte der Öko-Landbau eine zentrale Rolle. Warum?
Ich musste wieder Vertrauen in die Politik herstellen und den Menschen ihre Würde zurückgeben. Wir wollten, dass Kauswagan nicht nur eine Region des Friedens, sondern auch ein Zentrum für sichere und gesunde Nahrungsmittelproduktion wird. Die Vision des „From Arms to Farms"-Programms beruht auf zwei Säulen: Frieden und nachhaltige Entwicklung. Uns war klar, dass Landwirtschaft ein Schlüssel gegen Hunger ist. Dank des Bio-Landbaus konnten wir zusätzlich die Abhängigkeit, die Kosten und die Umweltzerstörung von industriellen Anbaumethoden vermeiden und damit das Einkommen der bäuerlichen Familien um 40 Prozent steigern. Das bringt Resilienz und Ernährungssicherheit.
Was genau beinhaltet das Programm „From Arms to Farms"?
Wir boten den Rebellen an, ihre Waffen für Land und Ausbildung in Bio-Landbau niederzulegen. Das haben zunächst vier Kommandeure und 100 Guerillakämpfer akzeptiert. Dann wurden es 600 und schlussendlich legten ein paar tausend Guerillakämpfer die Waffen nieder. Es gelang uns also, mit Bio-Landbau Frieden zu schaffen.
Wie sieht es heute in Kauswagan aus? Wie hoch ist die Armutsrate?
Unsere Programme veränderten die sozio-ökonomische Situation total zum Besseren für die Bevölkerung. Die Armutsrate sank innerhalb von neun Jahren von fast 80 Prozent auf neun Prozent. Dies wurde unter anderem dadurch erreicht, dass alle Familien nun in der Lage sind, Lebensmittel selbst zu produzieren. Wir erreichten mit unserem Ausbildungsprogramm nicht nur die ehemaligen Rebellen, sondern letztendlich alle Bewohnerinnen und Bewohner der Region. Wir etablierten in den Dörfern Gemeinschaftsgärten und Bio-Höfe. Seit fünf Jahren ist es für jeden Haushalt obligatorisch, sich einem solchen anzuschließen oder sich aus einem eigenen Garten mit Lebensmitteln zu versorgen.
Sie arbeiten auch mit Misereor, Naturland und Demeter zusammen. Worauf liegt der Fokus?
Misereor engagiert sich stark in der Bekämpfung von Armut und möchte unsere Strategien und Erfahrungen im großen Maß verbreiten. Mit den Öko-Verbänden Naturland und Demeter International kooperieren wir vor allem im Hinblick auf die Verbesserung unseres biologischen Landbaus. Und wir entwickeln gemeinsam ein System der Zertifizierung und stellen schrittweise auf biologisch-dynamischen Anbau um.
Kann Ihre Erfolgsgeschichte als Inspiration für andere Regionen dienen?
Viele Städte und Regionen in unserem Land übernehmen bereits unsere Strategien. Auch sind wir weltweit im Austausch mit interessierten Ländern wie Kolumbien, Guatemala, China, Mongolei und Brasilien. Gerne geben wir unser Wissen und unsere Erfahrungen weiter, insbesondere in Kriegsregionen.
Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?
Wir arbeiten daran, dass Kauswagan ein nationales Zentrum für ökologisches und nachhaltiges Lernen wird. Dafür bauen wir gerade mit der Universität ein Institut für biologische Landwirtschaft auf, mit der wir helfen wollen, dass sich viele Regionen auf den Weg zu 100 Prozent Bio-Landbau machen können.
Sie planen für dieses Jahr eine Vortragsreise nach Deutschland, Holland und in die Schweiz. Haben Sie auch Empfehlungen für den globalen Norden im Gepäck?
Mein Ratschlag für Politikerinnen und Politiker ist, vor allem den Menschen zuzuhören und für die Sicherung der notwendigen Bedürfnisse zu sorgen. Historisch gesehen hat der globale Norden die natürlichen Ressourcen und die Menschen des Südens mit Kolonialismus extrem und brutal ausgebeutet. Das geschieht letztendlich leider auch heute noch und muss beendet werde.
Was sollte sich ändern?
Die meisten Länder im globalen Süden wollen sich ökologisch und nachhaltig entwickeln. Dafür muss die Unterstützung aus dem Norden signifikant verstärkt werden. Europa und gerade auch das wirtschaftlich so starke Deutschland sollten die nachhaltige Entwicklung im globalen Süden sowie die Bekämpfung der Klimakatastrophe weltweit mehr unterstützen.
Von Bernward Geier
Rommel Arnado ist seit 14 Jahren
Bürgermeister der philippinischen Stadt Kauswagan mit 13 Dörfern der
Region. Als Christ hat er kreativ und erfolgreich dem biblischen Spruch
„Schwerter zu Pflugscharen" eine neue Bedeutung gegeben. Sein „From Arms
to Farms"-Programm hat ihn international bekannt gemacht. Rommel Arnado
bekam bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Galing Pook
Award, der herausragende Kommunalverwaltungen würdigt. Zudem wurde er
zum neuen Präsidenten der ALGOA, einer asiatischen Dachorganisation für
Öko-Landbau, gewählt.
Bernward Geier ist seit seiner frühen Jugend engagierter Pazifist, Umweltaktivist und Pionier für ökologischen Landbau. Er ist Buchautor, Filmemacher sowie Mitglied der forum-Redaktion.
- Lesen Sie dazu auch den forum-Artikel "Schwerter zu Pflugscharen".
- Hier können Sie das Buch "Frieden schaffen mit Biolandbau", herausgegeben von Rommel Arnado, Bernward Geier und ALTOP, bestellen.
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 16.09.2024
Dieser Artikel ist in forum 03/2024 mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft im Wandel – Lieferkettengesetz, CSRD und regionale Wertschöpfung" - Positiver Wandel der Wirtschaft? – So kann's gehen erschienen.

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