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"Um die Gegenwart zu verstehen, müssen wir uns die Vergangenheit ins Bewusstsein zu rufen."

Christoph Quarch begrüßt die Feierlichkeiten zum D-Day in der Normandie.

Für den Ausgang des II. Weltkriegs war es ein schicksalhafter Tag: Am 6. Juni 1944 landeten alliierte Truppen in der Normandie. Mit diesem sogenannten D-Day begann die Befreiung Westeuropas von der Besatzung durch Nazi-Deutschland. Großbritannien und Frankreich haben in diesem Jahr den Tag zum Anlass genommen, in zahlreichen Veranstaltungen französische Widerstandskämpfer und ziviler Opern zu gedenken. Zu den Gästen gehört auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Das zeigt, welche große Bedeutung Politiker solchen Gedenktagen beimessen. Warum eigentlich? Darüber reden wir mit unserem Philosophen Christoph Quarch.
 
Herr Quarch, wären Sie an Olaf Scholz‘ Stelle auch zu den Gedenkveranstaltungen anlässlich des D-Day gereist?
© Gantriis, pixabay.comAuf jeden Fall. Solche Gedenktage sind wichtig, denn sie erinnern die Bürgerinnen und Bürger eines Gemeinwesens an etwas wichtiges: Die Welt, in der sie leben, ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist das Produkt einer langen und oft blutigen Geschichte. Was wäre, wenn die Invasion der alliierten Streitkräfte nicht stattgefunden hätte oder fehlgeschlagen wäre? Der Zweite Weltkrieg wäre anders verlaufen. Vielleicht lebten wir dann nicht in einem freien, demokratischen Europa. So aber wurzelt unsere Gegenwart in eben dieser Geschichte, die sich am 6. Juni 1944 zugetragen hat. Das heißt: Um die Gegenwart zu verstehen, müssen wir uns die Vergangenheit ins Bewusstsein zu rufen. Und wir müssen unsere Gegenwart verstehen, wenn wir konstruktiv unsere Zukunft gestalten wollen.

Aber reicht es dafür nicht, die Geschichte festzuhalten und gelegentlich nachzuerzählen – wie etwa in dem Film „Dunkirch" von Christopher Nolan?
Solche Erzählungen sind wichtig, aber sie allein machen aus einer Herkunftsgeschichte noch nicht das, was man heute ein Narrativ nennt. Ein Narrativ umreißt den Horizont, vor dem sich ein Kulturkreis versteht. Damit aus der Geschichte ein Narrativ wird, braucht es ein kollektives Gedenken – und genau das ist der Sinn solcher Gedenktage. Sie geben Zeit und Raum, damit aus den vielen Geschichten der einzelnen – etwa der Widerstandskämpfer und zivilen Opfer, wie jetzt in Frankreich geschehen – die eine gemeinsame Geschichte wird. Und die Geschichte, um die es dabei geht, ist eben nicht nur die Geschichte Frankreichs, sondern Europas. Deshalb ist es gut, dass der Bundeskanzler dabei war.

Wenn man in die Geschichte zurückblickt, stellt man fest, dass identitätsstiftende Narrative nicht immer historisch korrekt waren. Das Narrativ der Römer war eine fiktive Geschichte aus der Feder Vergils, die Griechen fanden sich in den Epen Homers. Warum ist es uns heute so wichtig, dass ein Narrativ der historischen Realität entspricht?
Narrative funktionieren nur, wenn sie wahr sind. Was die Kriterien für Wahrheit sind – darüber lässt sich aber trefflich streiten. Die Epen Homers oder Vergils genügen sicher nicht den Kriterien historischer Richtigkeit, aber sie enthüllen sehr viel Wahrheit über das Wesen des Menschen und der Welt. Diese Wahrheit ist mythisch. In einer wissenschaftlich geprägten Welt wie der unseren, haben wir aber keinen Sinn mehr für die Wahrheit des Mythos. Wahr ist für uns nur, was der messbaren und feststellbaren Realität entspricht. Alles andere ist uns unglaubwürdig. Ein Narrativ funktioniert aber nur, wenn es glaubwürdig ist. Für die Griechen und Römer waren das ihre Epen, für uns heute sind es historisch verbürgte Ereignisse.

Wie andere Feiertage können auch Gedenktage zu leeren Ritualen erstarren. Wie sollte man sie begehen, um ihr identitätsstiftendes Potenzial zur Geltung zur bringen?
Am wichtigsten sind die Geschichten. Sie erlauben es, das Geschehene zu vergegenwärtigen und zu konkretisieren. Darüber hinaus ist es wichtig, den Sinn und die Bedeutung der Ereignisse zur Sprache zu bringen. Das muss immer wieder neu geschehen, denn mit der sich wandelnden Gegenwart wandelt sich auch die Bedeutung der Vergangenheit. Kurz vor einem möglichen Rechtsruck bei der Europa-Wahl bekommt die Befreiung Europas von der Nazi-Herrschaft einen starken Gegenwartsbezug. So etwas sollte an Gedenktagen herausgearbeitet werden. Zuletzt scheint es mir sinnvoll, dass Kunst und Kultur an Gedenktagen viel Raum bekommen, denn ihnen obliegt es, den Sinn der Vergangenheit immer neu zu verdichten, so dass sie die Kraft hat, uns heute noch anzugehen. „Dunkirch" ist ein gutes Beispiel dafür.
 
Der Philosoph Christoph Quarch schreibt regelmäßig für forum Nachhaltig Wirtschaften. © Christoph Quarch

Der Bestseller-Autor Christoph Quarch ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
 
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Lesen Sie mehr von ihm unter www.christophquarch.de

Als forum-Redakteur zeichnete Christoph Quarch verantwortlich für den Sonderteil „WIR - Menschen im Wandel". 

Gesellschaft | Politik, 02.06.2024

     
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