BIOFACH 2025

Die Zukunft der Materialinnovation ist bereits da - und marktreif

Next-Gen Material auf der 202030 - The Berlin Fashion Summit

RE/GENERATE IMPACT war das Motto der 8. Edition der 202030 - The Berlin Fashion Summit, zu der sich internationale Community für nachhaltige Mode am 2. Juli zur Berlin Fashion Week versammelte. 

Moderatorin Shanon Bobinger, Alex Sustal, Anna Rafaelli, Liz Ricketts, Antonio Braz Costa, Matthias Fuchs, Tom Schneider, Christine Goulay © BENEFICIAL DESIGN INSTITUTE
Partnerschaften sind ein zentraler Bestandteil jeder Ausgabe dieser Veranstaltung, um gemeinsam mit dem Team die Schwerpunkte zu unterstreichen. Diesmal war einer dieser bedeutenden Partner ISA Next-Gen Materials, ein international führender Hersteller von zirkulärem, bio-positivem, ethisch produziertem Pilzleder (HyphaLite™). Die Vertreter des Unternehmens Tom Schneider und Reiner Hengstmann vermittelten zwei wichtige Botschaften. Erstens: Die Zukunft der Materialinnovation ist bereits da - und marktreif. Zweitens setzt sich ISA Next-Gen Materials über die unmittelbaren Auswirkungen ihres eigenen Produkts hinaus für einen umfassenderen kulturellen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit ein und ruft insbesondere die Medien auf, sich aktiv für diesen Wandel einzusetzen. 

Next-Gen Material Pioniere 
Zunächst einmal: Wer ist ISA Next-Gen Materials? Die in Deutschland gegründete Ingrediens-Marke mit Standorten in Deutschland, Vietnam, Thailand und Kalifornien, USA, begann als Gerberei mit Ambitionen für umweltfreundliches Leder. Doch während des anfänglichen Lockdowns der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020, erzählt Thomas Schneider, Executive Chairman von ISA Next-Gen Materials, gab es einem entscheidenden Abend mit seinem Mitstreiter Reiner Hengstmann, heute VP Additional Materials bei ISA Next-Gen Materials. Während sie auf seinem Balkon Zigarren rauchten, begannen sie, von ihrem innovativen Star-Produkt zu träumen: HyphaLite™, das mit Pilzen gefertigte, biologisch abbaubare Lederprodukt. (Anzumerken ist, dass die beiden den Begriff "veganes Leder" scheuen, der zum Synonym für lederähnliche Materialien auf Erdölbasis geworden ist, die ironischerweise trotz des tugendhaften Anspruchs des Veganismus negative Umweltauswirkungen haben). 
 
Tom Schneider mit Moderatorin Christine Goulay © BENEFICIAL DESIGN INSTITUTEIn den folgenden Monaten wurde die Vision einer pflanzlichen Lederalternative durch ein in Tom Schneiders Garage in Deutschland eingerichtetes Labor zum Leben erweckt. Durch rigorose Forschung und Entwicklung im eigenen Haus entwickelte ISA Next-Gen Materials HyphaLite von der Werkbank bis zur Fabrik und erfüllte dabei nicht nur beeindruckende Leistungsstandards, sondern fand auch eine Methode für die Produktion in großer Skalierung und Marktfähigkeit. Es hat das LWG Gold Rated-Zertifikat erhalten und wurde 2023 mit dem Green Product Award ausgezeichnet. Heute, keine anderthalb Jahre nach Lancierung des Materials, findet man Hyphalite bereits in einer Vielzahl von Marken wie von Puma, Camper, Saucony, Tamaris und vielen anderen. 

Pressetreffen auf dem 202030 - The Berlin Fashion Summit
Am frühen Morgen des zweiten Juli, noch vor dem Beginn des Trubels der Berliner Modewoche, versammelte das Team von 202030 - The Berlin Fashion Summit lokale und internationale PressevertreterInnen bei veganen Croissants, Espresso und einem Panel von Highlight-SprecherInnen. Auf der Bühne gaben diese schlagkräftigen Impulse für die Themen der nächsten zwei Tage und boten ein vielfältiges inhaltliches Spektrum von der Bekämpfung des Abfallkolonialismus (Liz Ricketts von The OR Foundation) über die Dekarbonisierung (Anna Raffaelli von The Carbon Trust) bis hin zu kommenden nachhaltigkeitsorientierten Gesetzen (Alexander Sustal von Redeker Sellner Dahs), EU-Kreislaufmodesysteme (Antonio Braz Costa, CITEVE, der sein Be@t-Projekt vorstellte), Materialinnovationen und die Zukunft von Textilien (Christine Goulay von Sustainabelle Advisory Services, Matthias Fuchs von OceanSafe und Thomas Schneider von ISA Next-Gen Materials). Tom Schneider nutzte diese erste Gelegenheit, um sich direkt an die Presse zu wenden und sie aufzufordern, sich ihrerseits an der Verbreitung des Bewusstseins für die Inhaltsstoffe und Materialien bei den von den Konsumierenden geliebten Marken zu beteiligen.

"Materialien der nächsten Generation sind auf dem Vormarsch und bieten vielversprechende Möglichkeiten für eine nachhaltige Umgestaltung der Modeindustrie. Da Innovationen nur in kleinen Mengen auf den Markt kommen und ihre Kosten nach wie vor hoch sind, kommt der Presse eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, aktiv über neue Materialien zu berichten und sie den Verbrauchern nahezubringen, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass Marken in die Entwicklung von Next Generation Materials investieren."
Thomas Schneider, Geschäftsführender Vorsitzender von ISA Next-Gen Materials

"Time to Change": ISA Next-Gen Materials auf dem 202030 - The Berlin Fashion Summit
Prof. Friederike von Wedel-Parlow © BENEFICIAL DESIGN INSTITUTEIm Rahmen des Konferenzprogramms des 202030 Summit wurde Thomas Schneider von Christine Goulay interviewt, die kürzlich den Bericht "Next Gen to This Gen - Scaling Material Innovations in" the Fashion Sector" veröffentlicht hat. Thomas und Christine sprachen über die Notwendigkeit, den Marktanteil von umweltfreundlichen Materialien zu erhöhen. Aber die eigentliche Arbeit begann um 16.00 Uhr, während der 202030 Community Class "Time to Change - The New Narrative in Fashion", gehostet und konzipiert vom Beneficial Design Institute. ISA Next-Gen Materials diente als Best Practice Beispiel in diesem interaktiven Workshop, der sich mit der großen Frage hinter der Materialinnovation befasst: "Wie können wir die Öffentlichkeit dazu bringen, ein Bewusstsein und Sensibilität für die Thematik zu entwickeln sowie eine Verhaltensänderung herbeizurufen?” 

"Der Workshop und die intensive und fruchtbare Diskussion zwischen den verschiedenen Teilnehmenden zum Thema 'Wie kann man neue Materialien (besser) an Marken und VerbraucherInnen kommunizieren, um die Innovation von Next-Gen Materialien der nächsten Generation zu unterstützen” hat deutlich gezeigt, dass es notwendig ist, dieses Thema an ein breiteres Publikum zu richten, um eine besser informierte Entscheidungsfindung bei der Verwendung von Next-Gen-Materialien zu beschleunigen. Wir hoffen, dass dieser Workshop der Auftakt zu einer Reihe ähnlicher Aktivitäten war, an denen die Medien und alle relevanten Entscheidungstragenden beteiligt sind."
Reiner Hengstmann, VP Additional Materials bei ISA Next-Gen Materials

Community Class Hyphalite © Debora SpanholDer Workshop umfasste eine kultivierte Gästeliste von MedienvertreterInnen, Content-Creators und Vordenkenden, die ein breites Spektrum an wichtigen Plattformen und Marken repräsentierten, darunter BMW, Textile Exchange, COSH!, Hugo Boss und anderen.
 
Moderator Fritz Lietsch, der Chefredakteur der Publikation forum Nachhaltig Wirtschaften, gab dem 90-minütigen Workshop ein treibendes Narrativ. Der Workshop begann mit einem inspirierenden Beitrag zur Entstehungsgeschichte von HyphaLite™. Anschließend erzählte das Model, Coach und Autorin Martina Gleissenebner-Teskey von ihrer Rolle als Brücke zwischen Marken und VerbraucherInnen sowie als öffentliche Person in den Medien, die sich für ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit einsetzt. Die Schauspielerin und Aktivistin Pheline Roggan sprach über den Moment, in dem sie ihre Klima-Angst (engl. eco-anxiety) in Aktivismus umwandelte, indem sie Changemakers.film mitbegründete, eine Initiative, die sich für nachhaltige Praktiken in der Film- und Unterhaltungsindustrie einsetzt. Beide betonten, dass Einzelpersonen mit einer großen Community eine besondere Verantwortung für die Förderung von Veränderungen tragen. Und - am relevantesten - die Medien mit ihrem noch größeren Publikum haben die Chance und Pflicht der Beschleunigung dieses Wandels.

"Es ist so wichtig, sich zu vernetzen, Blickwinkel, Erfahrungen und Geschichten erfolgreicher Veränderungen auch zwischen den verschiedenen Branchen auszutauschen, damit wir voneinander lernen und so den dringend benötigten Veränderungsprozess in allen Sektoren beschleunigen können."
Pheline Roggan, Schauspielerin und Mitbegründerin von Changemakers.film

Community Class Hyphalite © Debora SpanholDer eigentliche Zauber des Workshops begann natürlich mit der Arbeit selbst. Die Teilnehmenden wurden auf fünf Tische verteilt, von denen jeder eine andere Facette der Frage behandelte, wie die Medien aktivere Akteure des Wandels sein können. Zu den Themen gehörten Greenwashing vs. Transparenz, Überwindung der Umweltmüdigkeit (engl. Green Fatigue), Ermöglichung echter Innovation, wirkungsvolles Storytelling sowie Zusammenarbeit und aktive Allianzen. Die Teilnehmenden setzten sich mit jedem Thema auseinander und untersuchten mit Markern und Post-its in der Hand gemeinsam die Nuancen, Herausforderungen und potenziellen Handlungsfelder. Nach dem Schnelldurchgang präsentierten die Gruppen ihre Ergebnisse und entwarfen einen 5-D-Aktionsplan, wie die Modepresse und die Medien der breiten Öffentlichkeit neue, bessere und wahrere Geschichten über Nachhaltigkeit erzählen könne.  

"Nach meinem 9-wöchigen WALK4FUTURE bezweifle ich, dass der bewusste Verbraucher den Wandel vorantreiben wird - bestenfalls wird er unterstützt. Die Hauptarbeit für einen Wandel müssen Unternehmen leisten, die in der Lage und bereit sind, in die Entwicklung und Herstellung von Next-Gen-Materialien in großem Maßstab zu investieren, und Regierungen, die die Weitsicht haben, die notwendigen Vorschriften dafür durchzusetzen. Erst wenn nachhaltige Mode für den Durchschnittsverbraucher greifbar ist und auf die Bedürfnisse einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz (statt auf Nischen) ausgerichtet ist, wird sie eine echte Alternative zur Fast Fashion sein."
Martina Gleissenebner-Teskey, Gründerin von Walk4Futu

Die Rolle der Medien bei der Transformation der Modeindustrie
Moderator Fritz Lietsch © BENEFICIAL DESIGN INSTITUTEWarum also setzen sich die Medien nicht schon längst für die drängendsten Themen der Nachhaltigkeit ein? Vielleicht führt die Angst, LeserInnen zu verlieren, versehentlich falsche Informationen zu verbreiten oder einfach nicht "trendy" zu sein, wenn man sich mit dem Thema Umwelt beschäftigt, zu einem Mangel an Inhalten, die die Auswirkungen der Mode thematisieren.
 
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis des Workshops, die sich wie ein roter Faden durch alle fünf Fokusgruppen zog, war, dass es nicht nur darauf ankommt, welche Geschichte erzählt wird. Natürlich sind Sachlichkeit und Transparenz notwendige Bestandteile der neuen Erzählung - keine noch so schöne Sprache kann den Inhalt eines Artikels aufwiegen. Aber es gibt eine gewisse Alchemie im guten Geschichtenerzählen, die die Menschen motiviert, ihr Leben zu ändern, und dieser zusätzliche Trick liegt in unserem drastischen Bedürfnis nach guten Nachrichten. Und trotz unseres Paradigmas, in dem "Untergangsspirale" und Negativszenarien sich zum gängigen Vokabular etablieren, gibt es tatsächlich gute Nachrichten, die uns motivieren können! Sie müssen nur in einer verständlichen, persönlich nachvollziehbaren und (legitimerweise) vertrauenswürdigen Sprache erzählt werden. Das Handeln des Einzelnen macht nachweislich einen Unterschied, selbst wenn eine Kaufentscheidung trivial erscheint. Die VerbraucherInnen müssen die Fakten kennen, aber auch Hoffnung und das Gefühl vermittelt bekommene, durch ihr Handeln etwas bewirken zu können. Wir alle werden von den Inhalten beeinflusst, die wir konsumieren. Wenn sich JournalistInnen, Influencer und Medienplattformen eine Allianz bilden, um dieses veränderte Narrativ der Mode zu verbreiten, wird vielleicht ein echter Wandel in der Branche folgen.

202030 - The Berlin Fashion Summit ist seit 2021 führend bei der Bildung von Allianzen zwischen Changemakern. Aber ohne die Präsenz der Presse, die diese Botschaften außerhalb der Nachhaltigkeitsblase verbreitet, fehlt uns ein entscheidendes Puzzlestück in unserem Fahrplan für eine tragfähige Modezukunft.
 

Kontakt: BENEFICIAL DESIGN INSTITUTE, Prof. Friederike von Wedel-Parlow | f.vonwedel@bd-i.de


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