BIOFACH 2025

Wachteljagd auf dem Balkan sorgt für Aderlass der bedrohten Art

Gemeinsame Presseinformation von EuroNatur, Biom, BPSSS, CZIP, HDZPP und PPNEA

Die Jagdsaison auf Wachteln hat begonnen, auch in vielen Staaten des Balkans. Häufig werden dabei illegale Methoden verwendet, so zum Beispiel Lockattrappen. Die hohen Abschusszahlen stellen eine große Bedrohung für die seltener werdenden Hühnervögel dar.
 
Die Wachtel (Coturnix coturnix) ist der einzige Langstreckenzieher unter den europäischen Hühnervögeln. Früher sah man zur Zugzeit Tausende an den Küsten des Mittelmeeres, heute sind es viel weniger. © Karin HerrSchätzungen zufolge werden in den Ländern Serbien, Montenegro, Kroatien, Albanien und Bosnien-Herzegowina jedes Jahr mindestens 160.000 Wachteln illegal getötet. Häufig wird die gleiche ungesetzliche Methode bei der Jagd angewendet: Die Wilderer stellen nachts Klangattrappen auf Wiesen und Felder, um die Wachtelschwärme anzulocken, die Richtung Afrika in ihre Überwinterungsgebiete ziehen. Die Tiere lassen sich, angelockt durch die vermeintlichen Artgenossen, in der Dunkelheit nieder und bei Sonnenaufgang schießen die Wilderer die amselgroßen Hühnervögel dann zu Tausenden ab. So töten sie mit Hilfe der gesetzwidrigen Klangattrappen weit mehr Wachteln als mit legalen Methoden.

EuroNatur und ihre Partnerorganisationen vom Balkan setzen sich für ein Ende der illegalen Wachteljagd ein und haben nun eine aktuelle Karte veröffentlicht, auf der zu sehen ist, wo in den betroffenen Staaten nachweislich mit verbotenen Methoden Wachteln geschossen werden. Besonders hoch ist die Dichte in Serbien. "Wilderer kehren meist immer wieder an die gleichen Standorte zurück. Sobald wir eine Klangattrappe entdeckt haben, können wir praktisch jede Woche wiederkommen und die Lockattrappen melden", sagt Sandra Jovanovi? von der EuroNatur-Partnerorganisation BPSSS (Serbien). "Dennoch hat die illegale Tötung von Wachteln in Serbien in den vergangenen zwei Jahren sogar zugenommen, was möglicherweise auf die bessere Prävention in Kroatien zurückzuführen ist. Dort ist nämlich ein Rückgang der illegalen Jagd zu verzeichnen."

"Die illegale Tötung von Wachteln auf dem Balkan ist nicht nur ein lokales, sondern ein europäisches Problem", sagte Dr. Justine Vansynghel, Projektleiterin für Zugvogelschutz bei der international tätigen Naturschutzstiftung EuroNatur. "Die Art ist in ihrem nördlichen Verbreitungsgebiet aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft selten geworden. Der Aderlass durch illegale Tötungen entlang des Adria-Zugwegs ist eine weitere Ursache, die zum Zusammenbruch der mitteleuropäischen Wachtelpopulationen führen könnte", so die Biologin.

Die Jagd auf die Wachteln konzentriert sich in Südosteuropa vor allem auf zwei Zuglinien: entlang der Adriaküste und in den Ebenen Nordserbiens. Da das Monitoring in den einzelnen Ländern vor allem in bekannten Gebieten und insbesondere in Wachtelhabitaten entlang der Zugstrecken intensiver betrieben wird, kann es zu einer gewissen Verzerrung der Darstellung kommen. © Biom"Die illegale Tötung von Wachteln, bei der Tonbandgeräte eingesetzt werden, wird vor allem von Jagdtourismusagenturen und Jagdgesellschaften betrieben, die Wachteljagden für ausländische Jäger organisieren. Sie werben häufig ganz offen damit, dass sie ihren Kunden unbegrenzte Abschussmöglichkeiten bieten", sagt Tibor Mikuska von der Kroatischen Gesellschaft für Vogel- und Naturschutz (HDZPP). "Darüber hinaus ist der bloße Besitz und der Handel mit Klangattrappen nicht gesetzeswidrig und wird in Internetshops offen beworben. Das erschwert eine wirksame Entfernung solcher illegal aufgestellten Geräte im Feld."

Gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen auf dem Balkan fordert EuroNatur:
  • die Jägerschaft zu einer Nulltoleranz gegenüber illegalen Tötungen auf und zur Meldung von Klangattrappen bei den zuständigen Behörden,
  • dass die Vollzugsbehörden in den Ländern konsequent gegen die illegale Tötung von Vögeln vorgehen und
  • dass die Justiz mit angemessen Strafen gegen die Wilderer vorgeht.
Hintergrundinformationen:
  • Jedes Jahr werden auf dem Herbstzug etwa 160.000 Wachteln auf dem westlichen Balkan illegal getötet, das macht etwa 2,5 bis 3 Prozent der gesamten europäischen Population aus. Dies ist einer der Gründe, weshalb die einst häufige Wachtel zuletzt von der IUCN als "potentiell gefährdet" eingestuft wurde.
  • Aus ethischen Gründen und wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt sind elektronische Lockgeräte (auch Tonbandköder, Tonbandgeräte oder Caller genannt) in den meisten Teilen der Welt verboten. In vielen Balkanstaaten ist das Verwenden dieser Lockgeräte ebenfalls verboten, nicht jedoch ihr Besitz. So ist diese illegale Methode des Anlockens mit elektronischen Rufgeräten in Südeuropa immer noch weit verbreitet.
  • Mehr zu den Vogelschutzprojekten von EuroNatur
EuroNatur ist eine gemeinnützige, international tätige Naturschutzstiftung mit Sitz in Radolfzell am Bodensee. Ziel ist der grenzübergreifende Erhalt wertvoller europäischer Natur- und Kulturlandschaften mitsamt ihrer Artenvielfalt. Hauptbestandteil der Arbeit von EuroNatur ist es, Menschen und Natur zu verbinden - die Grundlage, um einen langfristigen Erfolg der Projekte zum Schutz von Wildtieren wie Wölfen, Bären, Luchsen, Zugvögeln und ihren Lebensräumen zu erreichen.

Kontakt: EuroNatur, Christian Stielow | christian.stielow@euronatur.org | www.euronatur.org


Umwelt | Biodiversität, 09.08.2024

     
        
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