Von der neuen Pflicht zur Kür: Wie Unternehmen neue Geschichten über Nachhaltigkeit erzählen

Gastbeitrag von Miriam Rupp, Mashup Communications

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„Tue Gutes und rede darüber”, reicht als Maxime nicht mehr aus. Mit den europäischen Richtlinien kommt die Pflicht zum Nachhaltigkeitsbericht. Von nun an bis 2028 betrifft sie immer mehr Unternehmen – jährlich gestaffelt und abhängig von Größe und Eigenschaften der Betriebe. Damit stehen bald auch viele kleine und mittelständische Firmen zum ersten Mal vor der Herausforderung, ihr nachhaltiges Engagement vor den Vorhang zu holen und Einblicke in Ziele und Aktivitäten zu gewähren. Soll das gelingen, muss die Gesundheitsbranche erlernen, neue Geschichten über Nachhaltigkeit zu erzählen, argumentiert Miriam Rupp, Gründerin und Geschäftsführerin von Mashup Communications. Fünf Punkte gibt es dabei zu beachten. 

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (EU) 2022/2464, kurz CSRD genannt, will erreichen, dass Unternehmen verlässliche und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen. Damit will die Europäische Union die Transparenz bezüglich der nicht-finanziellen Unternehmensleistung erhöhen und ein Umlenken von Investitionen in nachhaltige Technologien und Betriebe fördern. Kurz gesagt: Nur mit einer Werbebroschüre zu den Spendenaktionen ist die Nachhaltigkeitskommunikation nicht länger abgehandelt.
 

1. Statt "Greenwashing”: Aufbruchsstimmung entfesseln

Die Berichtspflicht erfordert, die sozialen und ökologischen Ziele eng und langfristig mit den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens zu verknüpfen. Andernfalls ist die Gefahr groß, in die "Greenwashing”-Falle zu tappen und durch unglaubwürdige Berichterstattung mehr Schaden als Nutzen anzurichten. Wer hingegen erfolgreich kommuniziert, strahlt die Wertschätzung für bereits Erreichtes genauso wie die Aufbruchsstimmung für neue Ziele und Aktivitäten aus – und das sowohl nach innen ins Unternehmen als auch nach außen. Dazu gehört, zur Sprache zu bringen, wo es noch Risiken und Verbesserungspotenziale gibt oder wo das eigene Unternehmen alleine keine Lösung herbeiführen kann. Für die Detailtiefe und Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichtserstattung verlieh PwC Deutschland 2022 den Building Public Trust Award 2022 an BMW.
 

2. Die nachhaltige Vision als roten Faden einsetzen

Sowohl um glaubwürdig über (noch) nicht erreichte Ziele sowie Risiken zu sprechen als auch um die vielfältigen Anspruchsgruppen eines Nachhaltigkeitsberichts anzusprechen, bietet Storytelling einen wertvollen Ansatz. Ausgangspunkt ist immer die nachhaltige Vision, die den roten Faden im Bericht darstellt. An diesem entlang kann ein Unternehmen über seine Reise zu einem nachhaltigerem Handeln – inklusive Erfolge und Hürden – sprechen. Im ersten Schritt geht es also darum, dieses Leitbild zu definieren und in eine Nachhaltigkeitsstrategie zu gießen. Dazu gehören klar messbare Kennzahlen. Im Bericht zur Corporate Social Responsibility (CSR) sollten diese trockenen Zahlen jedoch nicht einfach aneinandergereiht werden. Erst Storytelling haucht den nackten Fakten Leben ein, erweckt Emotionen und gewinnt Vertrauen.
 

3. Storylistening: In den Daten Geschichten finden

Zunächst gilt es, ins eigene Unternehmen hineinzuhorchen. In Vorbereitung auf den Bericht ist das Ziel, Datenschätze zu finden, Vorbilder im Unternehmen zu identifizieren und bereits Geleistetes zu kartographieren. Das Zuhören, sogenanntes Storylistening, ist dabei nicht als kleine Extraaufgabe zu betrachten, sondern erfordert klare Verantwortungsbereiche und Ressourcen. Gerade im ersten Jahr ist der Aufwand für die Nachhaltigkeitsberichterstattung besonders hoch, bevor sich in den Folgejahren Lern- und Synergieeffekte einstellen.

4. Erzählerische Potenziale bewusst nutzen

Die Fülle an verfügbarem Material zugänglich aufzubereiten – darin liegt direkt die nächste Herausforderung. Hier können Verfasser:innen jedoch an alte und neue erzählerische Potenziale anknüpfen. Indem der Nachhaltigkeitsbericht viele kleine Geschichten zu einer großen verwebt, kann ein Unternehmen zudem den vielfältigen Anforderungen der Kommunikation mit unterschiedlichen Stakeholdern gerecht werden: (potenziellen) Mitarbeitenden und Kund:innen genauso wie Geschäftspartner:innen, Investor:innen, Behörden und nicht zuletzt der Öffentlichkeit. Die Voraussetzung dafür ist, dass die konkreten Ziele und Schritte eng mit diesen Erzählungen verknüpft werden. 
  • Vorbilder aus dem Team porträtieren: Wer im Unternehmen Herausforderungen gemeistert und Unerwartetes geschafft hat, inspiriert und leitet zur Nachahmung ein. Das wirkt nicht nur ins Unternehmen, sondern auch nach außen. Die Botschaft an Talente und mögliche neue Mitarbeitende lautet: An diesem Arbeitsort könnt ihr selbst zu Vorbildern in Sachen nachhaltigem Handeln werden. 
  • Patchwork-Erzählung: Statt wenige Vorbilde ins Rampenlicht zu rücken, können auch viele kleine Geschichten oder Porträts zu einem bunten Mosaik zusammengesetzt werden. Mit dieser Form lassen sich nochmal stärker eine große Vielfalt zeigen, Identifikation stiften und gegenseitiges Lernen fördern. Das Unternehmen präsentiert sich zudem als authentischer und attraktiver Arbeitgeber. 
  • Produktgeschichte: Im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts kann außerdem die Produktion eines Gutes rund um den Globus thematisiert werden, wobei nach dem ökologischen Fußabdruck gefragt wird. So lassen sich besonders gut ökonomische Seiten der Nachhaltigkeit, etwa Produktion und Konsum, thematisieren. Seinen Konsument:innen gegenüber kommuniziert ein Unternehmen, dass Produkte und Dienstleistungen ihr Prädikat „nachhaltig" verdienen, was Absatz und Kundenbindung steigert. 
  • Stoffströme: Durch einen bewussteren Umgang mit Ressourcen (Energie, Wasser, Material, etc.) lassen sich nicht nur erhebliche Kosten einsparen. Unternehmen, die ihren Zielgruppen ermöglichen, den Bewegungen eines Stoffs im Ökosystem zu folgen, haben eine organische Dramaturgie zu bieten, die eine ganz eigene Spannung enthält. Schließlich erwartet die Leser:innen am Ende eine Auflösung – und das Unternehmen ein Reputationsgewinn. Diese Spurensuche liefert Material für spannende Erzählungen. 
Vom thematischen Rundgang über den Selbstversuch bis zum Krimi sind der Fantasie nur wenige Grenzen gesetzt.
 

5. In Wort, Zahl und Bild: Storytelling anschaulich machen

Letztlich sollte der Nachhaltigkeitsbericht verständlich, zielgruppenorientiert und möglichst konkret verfasst werden. Bei Konzernen kommen hier häufig aufwendige Videos zum Einsatz – oder auch sogenanntes Scrollytelling, welches das Eintauchen in die Nachhaltigkeitsgeschichten mit dem Mausrad am Computer oder dem Daumen am Smartphone ermöglicht. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür liefert BASF mit seinem Nachhaltigkeitsbericht. Doch auch mit weniger großem Aufwand lässt sich ein Bericht ansprechend gestalten, indem Grafiken, Bilder, hervorgehobene Beispiele und Zitate den Textfluss auflockern. Zudem erhöhen sie die Glaubwürdigkeit. Der Nachhaltigkeitsbericht ist alles andere als eine Werbebroschüre, sollte aber in der Aufmachung selbstverständlich zum Unternehmen passen und über die unterschiedlichen Kanäle verbreitet werden.
 

Ausblick: Nach dem Bericht ist vor dem Bericht

Der Abschluss des ersten Nachhaltigkeitsberichts ist gleichzeitig der Startschuss für den nächsten. Die genannten Ziele werden in der nächsten Publikation erneut auf die Probe gestellt. Das gestalterische und inhaltliche Feedback seitens der Projektpartner fließt ein. Denn der Nachhaltigkeitsbericht ist erst der Beginn des Dialogs zwischen Unternehmen und den Stakeholdern. Ihre Erwartungen verändern sich kontinuierlich. Und nur, wer die eigene Geschichte immer weiterschreibt und das erzählerische Potenzial seines Handelns zu nutzen weiß, bleibt nachhaltig erfolgreich. Mit Storytelling lassen Unternehmen den Nachhaltigkeitsbericht von der neuen Pflicht zur Kür werden.

Über die Autorin: Miriam Rupp
Miriam Rupp ist Gründerin und Geschäftsführerin von Mashup Communications, der Berliner Agentur für PR und Brand Storytelling In ihrem Buch Storytelling für Unternehmen beschreibt die Berlinerin, wie Geschichten zum Erfolg in Content Marketing, PR, Social Media, Employer Branding und Leadership führen. Ihre Insights und Inspirationen aus der Welt der digitalen Unternehmen teilt die Storytelling-Expertin in Workshops und Vorträgen auch mit Umdenker:innen aus traditionellen Branchen. Mit der Philosophie "Wir lieben es, neue Geschichten zu erzählen", wecken sie und das 20-köpfige interdisziplinäre Team von Mashup Communications schlummernde Erzählpotenziale in und um Unternehmen.
 
Über Mashup Communications:
Storytelling eröffnet Unternehmen unzählige Möglichkeiten, spannende Plots für ihre Zielgruppen zu kreieren. Genau da setzt die von Miriam Rupp und Nora Feist geleitete PR- und Brand-Storytelling-Agentur Mashup Communications an. Gegründet 2009, stützt die Berliner Agentur ihr ganzheitliches Konzept auf drei Säulen: Communications (PR & Content Marketing), Campfire (Employer Branding) und Campus (Workshops). Mit Mut und Empathie helfen sie ihren Kunden dabei, die eigene Markenidentität zu finden, den Blickwinkel zu ändern und mit echten Geschichten die eigene Botschaft nach außen zu tragen.

Kontakt: Mashup Communications, Alexandra Reinig | alexandra.reinig@mashup-communications.de | www.mashup-communications.de


Wirtschaft | CSR & Strategie, 04.10.2024

     
        
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