BIOFACH 2025

Steuerhinterziehung vs. Steuerverkürzung:

Wo liegt der Unterschied?

Das deutsche Steuerrecht legt fest, dass jeder Steuerpflichtige seine steuerlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß und fristgerecht erfüllen muss. Diese Pflichten sind ein zentraler Bestandteil der staatlichen Einnahmen und garantieren die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates. Das korrekte Erheben und Abführen von Steuern ist essenziell für das Funktionieren des öffentlichen Sektors, da aus den Steueraufkommen unter anderem Infrastruktur, Sozialleistungen und Bildungssysteme finanziert werden.

© falco, pixabay.comGleichzeitig gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie steuerpflichtige Personen ihren Verpflichtungen nicht vollständig nachkommen. Diese Verstöße lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: bewusste Straftaten und fahrlässige Verfehlungen. Während einige Steuerpflichtige vorsätzlich handeln, um Steuern zu umgehen und finanzielle Vorteile zu erlangen, gibt es auch weniger schwerwiegende Formen, bei denen Steuern unabsichtlich oder aufgrund von Unachtsamkeit zu niedrig angesetzt werden. Die Unterscheidung zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln ist von entscheidender Bedeutung für die Einordnung und Bewertung des Fehlverhaltens im Steuerrecht.

Steuerhinterziehung: Definition und strafrechtliche Konsequenzen

Die Steuerhinterziehung ist im deutschen Recht durch § 370 der Abgabenordnung (AO) geregelt. Laut C. Bonorden, Anwalt für Steuerhinterziehung, liegt sie vor, wenn jemand vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht oder steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt, um Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Es handelt sich um eine Straftat, die sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen betreffen kann.

Typische Fälle von Steuerhinterziehung sind beispielsweise die Nichtangabe von Einkünften in der Steuererklärung, die Fälschung von Belegen oder das Verschweigen von Vermögenswerten. Auch die Manipulation von Buchhaltungen in Unternehmen, um die Steuerlast zu senken, gehört zu den häufigen Formen.

Konkrete Beispiele zeigen die Bandbreite der Straftat:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 04.05.2022 (12 Ns 508 Js 2272/20): In diesem Fall wurde ein 80-jähriger Mann verurteilt, weil er in seiner Steuererklärung für das Jahr 2016 Einnahmen aus einem Veräußerungsgeschäft in Höhe von 687.500 Euro nicht angegeben hatte. Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und eine Geldstrafe?.

  • Landgericht Aachen, Urteil vom 23.05.2023 (86 KLs 1/21): Ein Unternehmer wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt, nachdem er in 32 Fällen Steuern hinterzogen hatte. Der Angeklagte hatte über mehrere Jahre falsche Angaben zu Geschäftsfahrten gemacht und so Kosten geltend gemacht, die ihm nicht zustanden?.

  • Landgericht München II, Urteil vom 13.03.2014 (W 5 KLs 68 Js 3284/13): Prominent wurde der Fall des ehemaligen Fußballmanagers Uli Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde.
Die strafrechtlichen Konsequenzen einer Steuerhinterziehung sind erheblich. Sie reichen von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen. Berichte von nrw-lokal.de zeigen, dass die Höhe der Strafen sich nach dem Ausmaß der hinterzogenen Steuern und dem Grad des Vorsatzes richtet. Bei Steuerhinterziehungen in großem Ausmaß können Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren verhängt werden.

Steuerverkürzung: Definition und strafrechtliche Konsequenzen

Die Steuerverkürzung ist nach § 378 der Abgabenordnung (AO) keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Sie tritt dann ein, wenn jemand leichtfertig, also durch grobe Fahrlässigkeit, seine Steuerpflichten verletzt. Im Gegensatz zur Steuerhinterziehung, bei der Vorsatz vorliegen muss, handelt es sich bei der Steuerverkürzung um eine weniger schwere Verfehlung. Typischerweise wird bei der Steuerverkürzung keine Absicht nachgewiesen, sondern Nachlässigkeit bei der Erfüllung der steuerlichen Pflichten.

Zu den typischen Fällen gehören etwa das unabsichtliche Weglassen von Einkünften in der Steuererklärung oder die fehlerhafte Anwendung von Steuervorschriften. Die Steuerverkürzung führt in der Regel zu einer Veranlagung der Steuerschuld, und die betroffene Person muss mit einer Geldbuße rechnen. Diese Geldbuße kann bis zu 50.000 Euro betragen, wobei die Höhe von der Schwere des Verstoßes abhängt.

  • Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Mai 2023 (II R 35/20): In diesem Fall hatte ein Steuerpflichtiger die Grunderwerbsteuer nicht ordnungsgemäß angegeben. Aufgrund der leichtfertigen Steuerverkürzung verlängerte sich die Festsetzungsfrist, und der Betroffene musste eine Geldbuße zahlen. Das Gericht erkannte, dass keine vorsätzliche Handlung vorlag, die leichtfertige Missachtung der steuerlichen Pflichten jedoch als erheblich anzusehen war?.

  • Finanzgericht Münster, Urteil vom 24. Juni 2022 (4 K 135/19 E): Hier wurde ein Steuerpflichtiger wegen leichtfertiger Steuerverkürzung verurteilt, nachdem er in seiner Steuererklärung fiktive Einkünfte in gleicher Höhe wie die verschwiegenen Beträge angegeben hatte. Das Gericht erkannte dies nicht als strafbefreiende Selbstanzeige an und verhängte eine Geldstrafe?.

  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 04. Mai 2022 (12 Ns 508 Js 2272/20): In diesem Verfahren wurde ein Steuerpflichtiger wegen der Nichtangabe von Einkünften aus einem Veräußerungsgeschäft in Höhe von 687.500 Euro belangt. Obwohl der Angeklagte angab, die Summe irrtümlich nicht gemeldet zu haben, wurde das Versäumnis als leichtfertige Steuerverkürzung gewertet und mit einer Geldbuße sanktioniert?.

Die wesentlichen Unterschiede zwischen Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung

Der entscheidende Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung liegt im Vorsatz. Bei der Steuerhinterziehung handelt der Steuerpflichtige vorsätzlich, das heißt, er versucht bewusst, Steuern zu hinterziehen oder steuerliche Vorteile unrechtmäßig zu erlangen. Im Gegensatz dazu wird die Steuerverkürzung durch Fahrlässigkeit oder grobe Nachlässigkeit begangen. Der Steuerpflichtige handelt hierbei ohne Absicht, verletzt jedoch die Sorgfaltspflichten in erheblichem Maße.

Diese Unterscheidung wirkt sich maßgeblich auf die Strafen aus. Bei Steuerhinterziehung handelt es sich um eine Straftat, die mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen geahndet wird. Die Sanktionen reichen von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen, je nach Höhe der hinterzogenen Steuern. Bei Steuerhinterziehungen in besonders schweren Fällen können Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren verhängt werden. Die Steuerverkürzung hingegen ist eine Ordnungswidrigkeit, die in der Regel mit einer Geldbuße belegt wird. Diese Geldbußen können bis zu 50.000 Euro betragen, je nach Schwere des Verstoßes.

Für Unternehmen und Privatpersonen hat der Unterschied erhebliche Bedeutung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre steuerlichen Pflichten korrekt erfüllt werden, um nicht das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Steuerhinterziehung einzugehen. Eine fahrlässige Steuerverkürzung kann ebenfalls zu erheblichen finanziellen Belastungen führen, insbesondere wenn es sich um komplexe steuerliche Angelegenheiten handelt. Für Privatpersonen bedeutet dies, dass selbst nachlässiges Verhalten bei der Steuererklärung zu finanziellen Konsequenzen führen kann, auch wenn keine strafrechtliche Verfolgung droht.
Vermeidung von Steuerstraftaten und steuerlichen Verstößen

Die korrekte Abgabe der Steuererklärung ist eine der zentralen Maßnahmen zur Vermeidung steuerlicher Vergehen. Um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen vollständig und richtig erfasst werden, empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung von Steuerberatern oder anderen Fachleuten. Diese Experten helfen dabei, komplexe steuerliche Regelungen zu verstehen und anzuwenden, und minimieren das Risiko, dass Fehler oder Unstimmigkeiten zu steuerlichen Verstößen führen.

Eine weitere Maßnahme, um steuerliche Probleme zu vermeiden, ist die Selbstanzeige. Diese Möglichkeit bietet Steuerpflichtigen, die Steuern bewusst oder unbewusst hinterzogen haben, die Chance, ihr Fehlverhalten straffrei zu korrigieren. Voraussetzung für eine strafbefreiende Selbstanzeige ist jedoch, dass der Steuerpflichtige sein Fehlverhalten vollständig und rechtzeitig offenlegt, bevor die Behörden eine Untersuchung einleiten. Die Selbstanzeige führt zwar dazu, dass die hinterzogenen Steuern nachgezahlt werden müssen, schützt jedoch vor strafrechtlichen Konsequenzen.

Für Unternehmen ist die Einhaltung der steuerlichen Compliance von großer Bedeutung. Steuerliche Compliance bedeutet, dass alle steuerlichen Verpflichtungen gesetzeskonform erfüllt werden. Besonders in großen Unternehmen kann es leicht zu Fehlern in der steuerlichen Erfassung kommen, weshalb interne Kontrollen und die regelmäßige Überprüfung durch externe Steuerexperten entscheidend sind. Unternehmen, die ein striktes Compliance-System einführen, verringern nicht nur das Risiko von Strafen und Bußgeldern, sondern sichern auch langfristig ihre Reputation.

Fazit: Unterschiede zwischen Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung

Der zentrale Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung liegt in der Absicht des Steuerpflichtigen. Während die Steuerhinterziehung durch vorsätzliches Handeln gekennzeichnet ist und strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, wird die Steuerverkürzung durch Fahrlässigkeit verursacht und als Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Verstößen spiegeln sich auch in der Höhe der Sanktionen wider: Steuerhinterziehung kann zu Freiheitsstrafen führen, während bei Steuerverkürzung in der Regel eine Geldbuße verhängt wird.

Um steuerliche Fehlverhalten zu vermeiden, ist Prävention von großer Bedeutung. Sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen empfiehlt es sich, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen und die Steuererklärung sorgfältig zu erstellen. Steuerberater können nicht nur bei der korrekten Einhaltung steuerlicher Pflichten unterstützen, sondern auch potenzielle Fehlerquellen identifizieren. Darüber hinaus bietet die Selbstanzeige eine Möglichkeit, begangene Fehler zu korrigieren und strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Ein gut implementiertes Compliance-System kann insbesondere Unternehmen vor steuerlichen Verstößen und deren Folgen bewahren.

Wirtschaft | Recht & Normen, 20.10.2024

     
        
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