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Chancen und Potenziale für grüne Gase und Wasserstoff in der deutsch-italienischen Zusammenarbeit

Tim Kehler (Zukunft Gas) und Emanuele Gatti (ITKAM) im forum-Interview

Am 14. November fand das German Italian Energy Forum 2024 in Frankfurt statt, das dieses Jahr einen besonderen Fokus auf das Thema Wasserstoff legte. Wir haben Experten befragt, um einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklungen im Bereich Wasserstoff sowie die deutsch-italienische Zusammenarbeit zu geben.

Timm Kehler, CEO, Zukunft Gas 

Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Infrastruktur für grüne Gase und Wasserstoff europaweit effizient auszubauen?
Timm Kehler, CEO von Zukunft Gas © Enrico SaudaTimm Kehler, CEO von Zukunft Gas © Enrico Sauda
Die effiziente Entwicklung einer europaweiten Infrastruktur für grüne Gase und Wasserstoff erfordert ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene. Ein EU-weites Finanzierungskonzept, ähnlich dem deutschen Amortisationskonto, könnte Investitionen fördern. Zudem würde die Einführung einer EU-weiten Grüngasquote die Nachfrage stimulieren. In Deutschland ist der Bau von Wasserstoffkraftwerken entscheidend, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
 
Welche Chancen bietet der SoutH2 Corridor für die Einbindung Nordafrikas in die europäische Wasserstoffversorgung?
Der SoutH2 Corridor ist eine wichtige Verbindung für die europäische Wasserstoffversorgung. Deutschland und auch die EU insgesamt, haben einen hohen Bedarf an Energie und werden auch zukünftig auf Energieimporte angewiesen sein. Die Pipeline bietet die Möglichkeit, Wasserstoff aus günstigem Sonnenstrom aus Nordafrika nach Europa zu transportieren, was für Süddeutschland und insbesondere die bayerische Industrie von Vorteil wäre. Allerdings stellen hohe Finanzierungskosten aufgrund fehlender Sicherheiten für Investoren in Nordafrika eine Herausforderung dar.
 
In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial für den Einsatz von grünem Wasserstoff?
CO2-armer Wasserstoff und seine Derivate sind ein Kernelement des künftigen Energiesystems, denn sie sind vielseitig einsetzbar und haben das Potenzial, viele Bereiche unseres Lebens klimaneutral zu gestalten. Erneuerbare und dekarbonisierte Moleküle werden vor allem in Sektoren benötigt, die nur schwer oder nicht wirtschaftliche elektrifizierbar sind. Wasserstoff hat also großes Potenzial in der Industrie, etwa in der Chemie und bei der Bereitstellung von Prozesswärme oder bei dem energieintensiven Prozess der Stahlherstellung. Auch im Energiesektor, insbesondere in Kraftwerken, kann er zur Dekarbonisierung beitragen. Im Transportsektor könnten Brennstoffzellen-Lkw zur Reduzierung von CO?-Emissionen beitragen. Wasserstoff kann zudem dank der bereits bestehenden Gasinfrastruktur gespeichert werden. Somit ist Wasserstoff die perfekte Ergänzung zu den volatilen erneuerbaren Energien.

Emanuele Gatti, Präsident ITKAM – Italienische Handelskammer für Deutschland 

Welche Rolle spielt grüner Wasserstoff in der Energiewende und bei der Erreichung der Klimaneutralität in Europa?
Emanuele Gatti, Präsident ITKAM - Italienische Handeskammer für Deutschland © Enrico SaudaEmanuele Gatti, Präsident ITKAM - Italienische Handeskammer für Deutschland © Enrico Sauda
Grüner Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle bei der europäischen Energiewende, da er als Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung verschiedener Sektoren dient, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduziert und gleichzeitig das Potenzial bietet, neues Wirtschaftswachstum zu fördern. Sowohl der Europäische Green Deal als auch der Draghi-Bericht definieren grünen Wasserstoff als einen wesentlichen Baustein für die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.

Für die Entwicklung des Wasserstoffmarkts sind jedoch erhebliche Investitionen notwendig. Bis 2030 wird geschätzt, dass zwischen 335 und 417 Milliarden Euro investiert werden müssen, um die Infrastruktur für die Produktion, den Transport und den Konsum von grünem Wasserstoff aufzubauen. Von dieser Summe sind etwa 200 bis 300 Milliarden Euro für die Steigerung der Kapazität erneuerbarer Energieproduktion vorgesehen, die entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der grünen Wasserstoffproduktion ist?

Ein bedeutender Teil dieser Investitionen fließt in Projekte wie das im Februar 2024 genehmigte IPCEI Hy2Infra, das den Aufbau des SoutH2-Korridors umfasst. Dieser Korridor spielt eine Schlüsselrolle bei der Sicherstellung des Transports von grünem Wasserstoff aus dem Mittelmeerraum in zentrale und nördliche Teile Europas und gewährleistet so eine stabile und nachhaltige Versorgung. Dies ist besonders bedeutsam, da Länder wie Italien und Deutschland bis 2030 voraussichtlich bis zu 70 % ihres Wasserstoffbedarfs importieren müssen. 

Wie können Italien und Deutschland ihre Zusammenarbeit im Wasserstoffsektor gezielt stärken?
Italien und Deutschland sind aufgrund ihrer integrierten Volkswirtschaften und ihrer geografischen Nähe ideale Partner für die Entwicklung einer gemeinsamen Wasserstoffwirtschaft. Der Stellenwert dieser Zusammenarbeit wird auch im Aktionsplan unterstrichen, den Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsidentin Meloni im November 2023 unterzeichnet haben.

Ein entscheidender Ansatzpunkt ist der gemeinsame Ausbau der Infrastruktur, um die Versorgungssicherheit und den Wasserstoffimport zu gewährleisten. Darüber hinaus sind verstärkte Investitionen und eine engere Zusammenarbeit zwischen deutschen und italienischen Unternehmern und Forschern sehr wichtig. Nur durch technologische Innovationen und gemeinsame Projekte wird es möglich sein, die derzeit noch hohen Produktionskosten von Wasserstoff signifikant zu senken – eine der größten Herausforderungen mit Blick auf die Energiewende.

Besonders vielversprechend ist die bilaterale Zusammenarbeit zudem, da Deutschland über innovative Wasserstofftechnologien verfügt, während Italien reich an erneuerbaren Energieressourcen wie Sonnen- und Windenergie ist. Diese komplementären Stärken bieten eine ideale Grundlage, um nicht nur die jeweiligen nationalen Klimaziele zu erreichen, sondern auch die europäische Energiewende entscheidend voranzutreiben.
 
Herzlichen Dank an Herrn Kehler und Herrn Gatti für die Beantwortung unserer Fragen.

Technik | Energie, 11.12.2024

     
        
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