Kultur ist nicht das, was man konsumiert, sondern etwas, was man lebt und liebt!
Christoph Quarch empfiehlt Thilo Maschke, die Moderation von ttt zurückzugeben
Von Februar an soll der Journalist Thilo Mischke das ARD-Kulturmagazin „ttt – titel, thesen, temperamente" moderieren. Nun ist, noch bevor die erste Sendung ausgestrahlt wird, eine öffentliche Debatte um diese Personalie entbrannt. Der Anlass dafür: Mischke hat 2010 ein Buch mit dem Titel „In 80 Frauen um die Welt" verfasst und darin die fiktive Idee des Autors beschrieben, im Rahmen einer Weltumrundung mit achtzig Frauen zu schlafen. Obwohl sich Mischke inzwischen von dem Buch distanziert, reißen die Fragen nicht ab: Ist er die richtige Besetzung? Verdient er das Vertrauen der Öffentlichkeit? Welches Gewicht sollte man moralischen Bedenken geben? Darüber reden wir mit dem Philosophen Christoph Quarch, Autor des Buches „Kann ich – darf ich – soll ich?"
Herr Quarch, kann man, darf man, sollte man dem Autor von „In 80 Frauen um die Welt" die Moderation eines Kulturmagazins anvertrauen?
Die Frage ist schwierig. Grundsätzlich meine ich, dass man Menschen nicht auf ihre in der Vergangenheit liegenden Äußerungen, Taten oder Veröffentlichungen festnageln sollte. Jeder Mensch hat das Recht – vielleicht sogar die Pflicht – sich weiterzuentwickeln, seine Sichtweisen zu ändern, Fehler einzugestehen und von als falsch erkannten Meinungen Abstand zu nehmen. Letztlich zeichnet es uns Menschen aus, dass wir uns verändern können und nicht einfach nur ein genetisches Programm oder einen Algorithmus exekutieren. Deshalb verdient es unseren Respekt, wenn sich von vergangenen Fehltritten distanziert; zumal wenn es öffentlich geschieht. Allerdings setzt das voraus, dass die entsprechende Person ihren Sinneswandel glaubhaft bezeugen kann. Und da bin ich mir im Falle von Herrn Mischke nicht sicher.
Aber Thilo Mischke hat sich wiederholt der Kritik gestellt und von sich aus weitere Neuauflagen von „In 80 Frauen um die Welt" unterbunden. Mehr kann man doch wohl kaum erwarten.
Das ist die Frage. Wenn man die Sache abstrakt betrachtet, könnte man versucht sein zu sagen: Der Mann hat sich mit den Vorwürfen auseinandergesetzt, er hat Fehler eingestanden, er hat sich distanziert und das durch sein Handeln bezeugt. Angesichts dessen gibt es allen Grund ihm zu vertrauen und ihm einen attraktiven Job zu geben. Aber es ist eben die Crux bei ethischen Fragen wie dieser, dass man sie nicht nur abstrakt behandeln kann. Wir kommen nicht daran vorbei, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe genauer zu prüfen. In Summe laufen sie darauf hinaus, dass er über einen längeren Zeitraum ein toxisches Männlichkeitsbild vermittelt hat. Um diese Kritik zurückzuweisen, muss er den Nachweis dafür erbringen, inzwischen anders über Frauen und Männer zu denken.
Wie sollte er das machen?
Als Mann hat man es mit Männerbildern nicht nur zu tun, wenn man darüber schreibt oder sie in literarischen Fiktionen durchspielt. Denn egal ob man sich darüber im Klaren ist oder nicht: Mann manifestiert das Männlichkeitsbild, das Mann vertritt. Damit will ich sagen, dass man als Mann die Abkehr von einem fragwürdigen Männerbild nur dann glaubhaft machen kann, wenn man konsequent ein anderes Männlichkeitsverständnis an den Tag legt. Zum Beispiel das über Jahrhunderte bewährte Ideal des ehrbaren Mannes, der Verantwortung für sein Handeln übernimmt – auch wenn es in der Vergangenheit liegt; das Ideal eines Mannes, der Haltung zeigt und seine Ehre darin sieht, Frauen mit Ehrerbietung zu begegnen; und der die an ihn gerichtete Kritik zum Anlass nimmt, das ihm angediente Amt abzulehnen.
Sie würden Thilo Mischke nahelegen, die ihm angetragene Moderation zurückzugeben? Wäre das nicht ein Schuldgeständnis?
Ja und genau deshalb sollte er es tun. Damit würde er sich als ein verantwortungsbewusster und ehrbarer Mann präsentieren, seinen weiblichen Kritikern die gebührende Wertschätzung erweisen und sich zugleich als Journalist für künftige Führungspositionen empfehlen. Warum? Weil er Haltung zeigen würde und auf diese Weise einen echten – vielleicht viel wichtigeren Beitrag für die Kultur unserer Gesellschaft leisten würde, als wenn er eine Sendung moderierte, die ohnehin nicht zu ihm passt. Wäre es anders, würde er seine Mission nicht darin sehen, Menschen in die Lage zu versetzen, Kultur zu konsumieren – so seine Worte. Kultur ist gerade nicht das, was man konsumiert – genauso wenig wie Frauen, by the way –, sondern etwas, was man lebt und liebt. Dafür könnte er ein Beispiel geben – und gleichzeitig ein gesundes Männerbild bezeugen.
Der Philosoph, Speaker und Bestseller-Autor Christoph Quarch begleitet Unternehmen, unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen. In seinen Vorträgen und Büchern greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophie zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Christine Teufel gründete er die Neue Platonische Akademie für eine geistige Erneuerung der Gesellschaft.
Aktuelle Bücher von ihm sind „Wacher Geist und fester Schritt. The Donkey School for Leadership" (2024), „Schönheit rettet die Welt” (2024) und "Der Club der alten Weisen" (2023).
Mehr zu ihm unter christophquarch.de und akademie-3.org
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