Klimaklage Saúl Luciano Lliuya gegen RWE

Wichtiges Präzedenzurteil in Reichweite

Durchbruch für von Klimarisiken bedrohte Menschen möglich: Gericht macht erneut deutlich, dass große Emittenten für Klimarisiken haftbar gemacht werden können. Ob im konkreten Fall des Klägers ausreichende wissenschaftliche Evidenz eines Flutrisikos vorliegt, um eine Haftbarkeit von RWE herbeizuführen, bleibt noch offen. Oberlandesgericht Hamm kündigt Entscheidung für 14. April an.
 
Pressestatement von Saúl Luciano Lliuya und Anwältin Roda Verheyen © the climate casePressestatement von Saúl Luciano Lliuya und Anwältin Roda Verheyen © the climate case
Am zweiten Verhandlungstag zum Gutachten über das Flutrisiko für den Peruaner Saúl Luciano Lliuya haben Wissenschaftler der Kläger-Seite eine Reihe von Behauptungen der gerichtlichen Sachverständigen zurückgewiesen und auf gravierende "blinde Flecken" im Gutachten aufmerksam gemacht. So werde das Risiko von Felsstürzen durch tauenden Permafrost massiv unterschätzt und die Auswirkungen des Klimawandels würden nicht angemessen berücksichtigt. Insbesondere sehen sie ein deutlich größeres Risiko einer verheerenden Flut für den Kläger und seine Familie. Dr. Roda Verheyen, die Anwältin des Klägers Saúl Luciano Lliuya, fordert das Gericht daher auf, das hohe Flutrisiko anzuerkennen.

Bei der mündlichen Verhandlung der Klimaklage von Saúl Luciano Lliuya gegen RWE am Oberlandesgericht Hamm stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit das Haus des Klägers und seiner Familie von einem Flutrisiko durch einen stark angewachsenen Gletschersee betroffen ist.

Roda Verheyen: "Wir haben jetzt alle Elemente belegt, die notwendig sind, um im Verfahren weiterzukommen: Es gibt eine Gefahr für das Haus, und diese realisiert sich auch in einer absehbaren Zeit. Eine Flut würde das Haus schädigen. Jetzt geht es nur noch darum, welche Wahrscheinlichkeit das Gericht als notwendig ansetzt. Dabei muss der massiv fortschreitende Klimawandel berücksichtigt werden. Wie auch immer das Gericht entscheiden sollte: Generell freue ich mich, dass das Gericht so klar die Haftung von großen Emittenten wie RWE für Klimaschäden und -risiken bekräftigt hat."

Saúl Luciano Lliuya ergänzt: "Die Klimakrise ist unsere Realität, mit der wir tagtäglich konfrontiert sind. Ich mache mir Sorgen um meine Familie und die Zukunft meiner Stadt. Die beiden Verhandlungstage waren sehr lang, aber die große Solidarität der Menschen hier vor Ort gibt mir Kraft. Ich hoffe, dass das Gericht festlegt, dass die großen Unternehmen Verantwortung übernehmen müssen. Ich hoffe auch, dass das Gericht den nächsten Schritt geht, um die Verantwortung von RWE abschließend zu klären."

Vor dem Gericht in Hamm hatten sich an beiden Verhandlungstagen zahlreiche Menschen versammelt, um dem Kläger ihre Solidarität zu zeigen und die Verhandlung zu verfolgen. Saúl Luciano Lliuya möchte erreichen, dass RWE sich anteilig an Schutzmaßnahmen beteiligt. Der Gletschersee oberhalb der Stadt ist bereits bedrohlich angewachsen. Eine Lawine oder Eis- und Felsabbrüche könnten zu einer verheerenden Flutwelle führen. Das Unternehmen trage mit seinen Emissionen zur Gletscherschmelze und zu der Flutgefahr in der Andenstadt Huaraz bei.

Emissionsausstoß mit neuen finanziellen Risiken für große Emittenten
Saúl Luciano Lliuya hat mit seiner Klage bereits einen historischen Erfolg erzielt. Das Gericht entschied im Jahr 2017, dass ein zivilrechtlicher Anspruch auf Grundlage des Nachbarschaftsparagrafen (§ 1004 BGB) besteht und beschloss deshalb den Einstieg in die derzeit stattfindende Beweisaufnahme. Das bedeutet, dass im Grundsatz Unternehmen mit hohen Emissionen von Betroffenen der Klimakrise in die Verantwortung genommen werden können. Jetzt sind die Chancen stark gestiegen, dass dieser Anspruch auch im schriftlichen Urteil im Detail begründet wird.

Christoph Bals, Vorstand Politik von Germanwatch: "Für die größten Emittenten unter den Unternehmen bedeutet die Einschätzung des Gerichts, dass ihr Emissionsausstoß von nun an mit einem handfesten finanziellen Risiko behaftet ist. Für die Politik bedeutet es, dass sie nicht auf eine Vielzahl von Einzelklagen warten kann, sondern die großen Emittenten verbindlich und geordnet für die angerichteten Schäden und den Schutz vor Risiken zur Kasse bitten muss."

Klaus Milke, Vorsitzender der Stiftung Zukunftsfähigkeit, ergänzt: "Wir freuen uns, dass wir den Kläger von Anfang an auf diesem Weg unterstützen konnten. Und wir hoffen, dass das Urteil nun konkreten Schutz vor Ort und zugleich einen wichtigen Schritt für alle von der Klimakrise Betroffenen bedeutet."

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch unterstützt die Klage vor allem mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Stiftung Zukunftsfähigkeit hat sich bereit erklärt, für vom Gericht in Auftrag gegebene Gutachten sowie die Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers aufzukommen und ruft dafür zu Spenden auf.

Links

Kontakt: Germanwatch e.V., Marlene Becker | Marlene.becker@germanwatch.org | www.germanwatch.org


Umwelt | Klima, 19.03.2025

     
        
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