Vom Konzept über die Fiktion zur Realität

Equilibrismus - Eine Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus?


Wird das theoretische Konzept des Equilibrismus
in Französisch-Polynesien Wirklichkeit werden?
Das Modellprojekt mitten im Ozean soll zeigen,
dass eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise
längst möglich ist!
sxc.hu © Luca Biagiotti
Nach der Zersplitterung der UdSSR und der deutschen Vereinigung galt es als endgültig bewiesen, dass der Kapitalismus das einzig funktionierende, weil erfolgreiche Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sei. Stimmen, die davor warnten, dass der Kommunismus zwar tot sei, der Kapitalismus aber todkrank wäre und somit kein Grund zur Freude bestünde, wurden als unqualifiziert abgetan. Erst seit an den Finanzmärkten das Fieber in solch bedrohliche Höhen stieg, dass mehr und mehr das gesamte Geldsystem und mit ihm die Realwirtschaft zusammenzubrechen drohen, mit dramatischen Folgen für die Demokratie, darf laut über die Kehrseite unserer Wirtschaftsordnung nachgedacht werden: Die Alternative könnte Equilibrismus heißen.

Die Kritik am Kapitalismus gehört inzwischen zur Tagesordnung. Allerdings beschränkt sie sich auf die "Auswüchse" und dementsprechend zielen die Forderungen auf eine "Zähmung des Raubtierkapitalismus" und auf eine "Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft". Letztere wird als die gute Form des Kapitalismus dargestellt; ihre Ingredienzien bestehen aus einer Mischung aus staatlichen Geboten und persönlicher moralgeprägter Selbstbeschränkung.

Die große Frage aber bleibt: warum ein Raubtier domestizieren wollen, dem Unbändigkeit und Expansionsdrang bis zur Selbstzerstörung im Blut liegen? Gibt es wirklich keine Alternative zum Kapitalismus als den Kommunismus? Eine internationale Organisation mit Sitz in München wirbt für ein völlig neues Konzept und behauptet, Kapitalismus und Kommunismus hätten mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes, darunter vor allem den Zwang zur rücksichtslosen Ausbeutung der natürlichen und der menschlichen Ressourcen.

Das Konzept: Equilibrismus

"Das Konzept des Equilibrismus strebt nach einem Ausgleich zwischen Ökologie, Ökonomie, Politik, Sozialem und Kulturellem. In einer Zeit, in der das ausschließlich ökonomische Denken um sich greift und die Wirtschaft auf globaler Ebene omnipotent wird, ist dieses Ziel dringlicher denn je." Mit diesen Worten unterstützte Sir Peter Ustinov kurz vor seinem Tode die Bestrebungen des Equilibrismus e.V. in seinem Geleitwort zum gleichnamigen Buch.

Worin sich der Equilibrismus (von lateinisch "aequilibrium = Gleichgewicht) von allen anderen Konzepten unterscheidet, ist vor allem seine biozentrische Ausrichtung statt der sonst anzutreffenden anthropozentrischen Sicht. Solange sich der Mensch als über der Natur stehend und somit getrennt empfindet, solange trägt er mit seinen Aktivitäten zur Destabilisierung und zu Ungleichgewichtungen bei. Dies führt dazu, dass die Lebenssituation großer Teile der Menschheit (aber auch anderer Lebewesen) prekär und gefährdet bleibt.

Das Konzept des Equilibrismus gründet auf vier Eckpfeilern:

1. Öko-Alternativen/Effizienz- und Strukturneugestaltung
2. Natürliches Kreislaufwirtschaftssystem
3. Nachhaltige Wirtschaftsordnung
4. Reform der Vereinten Nationen

Der Equilibrismus orientiert sich an folgenden Grundsätzen:
  • Regionalisierung und Subsidiaritätsprinzip
  • Vielfalt statt Monopolisierung
  • Alle Aktivitäten im Einklang mit der Natur
  • Nicht gegen etwas Bestehendes kämpfen, sondern neue Ziele ansteuern
  • Nicht erst auf Probleme reagieren, sondern vorausschauend agieren
  • Positives soll belohnt, nicht Negatives bestraft werden
  • Wettbewerb miteinander, um Verbesserungen zu erreichen, statt Konkurrenz gegeneinander, um andere zu übertrumpfen oder anderen zu schaden

Ausführlich liegt das Konzept des Equilibrismus als Sachbuch vor:

Volker Freystedt und Eric Bihl:
Equilibrismus - Neue Konzepte statt Reformen für eine Welt im Gleichgewicht
Signum Verlag, 2005

Weiterführende Informationen unter
www.equilibrismus.de



Die Fiktion: "Das Tahiti-Projekt"

Viele Menschen befassen sich ungern mit Theorien und Konzepten. Sie sind der Meinung, das sei Aufgabe der Experten in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Neuen Ideen begegnen sie oft skeptisch, weil sie meinen: Wenn diese Ideen von Vorteil und realisierbar wären, würden unsere gewählten oder selbsternannten Lenker an den Schaltstellen sie längst umgesetzt haben.

Um ein größeres Publikum zu erreichen, vor allem aber um sich in den Alltag einer nachhaltig lebenden Gesellschaft einfühlen zu können, entstand zusammen mit dem bekannten deutschen Journalisten und Science-Fiction-Autor Dirk C. Fleck der Zukunftsroman "Das Tahiti-Projekt". Dieser Roman enthält einerseits alle Ingredienzien eines reinrassigen "Öko-Thrillers", doch zeigt er gleichzeitig, wie ökologische, ökonomische und politische Alternativen zu echtem Fortschritt führen können, wenn sie in einem Gesamtsystem aufeinander abgestimmt sind. Kein "Zurück zur Natur" im Sinne von Wohlstandsverlust wird propagiert, sondern ein bereichertes, glücklicheres und nachhaltiges Leben.

Wie auch beim Sachbuch "Equilibrismus" ist das Besondere am Roman "Das Tahiti-Projekt", dass alle erwähnten Alternativen - vom Hanfbeton bis zu den Elektrofahrzeugen - nicht der Phantasie entspringen, sondern bereits verfügbar sind. Das macht im Roman ein Glossar im Anhang deutlich, in dem auch Links zu Webseiten genannt werden, um bei Interesse tiefer in die jeweilige Thematik eindringen zu können.

Insofern handelt es sich gar nicht um Science Fiction - die Fiktion besteht nur darin, dass eine Gesellschaft beginnt, zukunftsfähig zu denken und zu handeln, indem sie die gegebenen Möglichkeiten nutzt.

Die Realität: Das Modellprojekt

Doch das theoretische Konzept im Sachbuch und seine unterhaltsame Veranschaulichung in der Fiktion eines Romans sind nur Schritte zum eigentlichen Ziel, das der Equilibrismus anstrebt. Getreu dem Motto: Nichts ist überzeugender als ein funktionierendes Praxisbeispiel, soll in einer Weltregion ein Modellversuch auf der Basis des equilibristischen Konzepts initiiert werden. Als besonders geeignete Region wählte der Vorstand der Organisation anhand von über 40 Kriterien Französisch-Polynesien aus - weshalb der Roman auch schwerpunktmäßig dort spielt. Bei den Recherchen für den Roman auf Tahiti wurden gleichzeitig erste Kontakte zu Regierungskreisen geknüpft.

Die nächsten Schritte

Der Verkauf des Romans "Das Tahiti-Projekt" läuft sehr gut, und der Autor Dirk C. Fleck sowie der 1. Vorsitzende des Equilibrismus e.V. Eric Bihl sind erfolgreich mit Lesungen und Diskussionen unterwegs. Das könnte sich demnächst noch steigern, wurde Dirk C. Fleck doch Anfang Juni dieses Jahres zum zweiten Mal der renommierte "Deutsche Science Fiction-Preis" verliehen. Das erste Mal erhielt er den Preis vor 15 Jahren für seine düstere Vision "GO! Die Ökodiktatur", woraufhin ihn Eric Bihl animierte, es auch einmal mit einer positiven Zukunftsvision zu versuchen. Dies ist nach Meinung der Jury gut gelungen!

Eine Übersetzung des Romans ins Französische ist bereits erfolgt, so dass die Einwohner und im Besonderen die Regierung von Französisch-Polynesien in das Projekt stärker einbezogen werden können. Weitere Übersetzungen in andere Sprachen wären wünschenswert; die englische Fassung ist derzeit bereits in Arbeit.

Der Werdegang des Modellprojekts wird von einem Dokumentarfilmer begleitet, während der Roman "Das Tahiti-Projekt" als Spielfilm ins Kino und ins Fernsehen kommen soll. Und Dirk C. Fleck beginnt demnächst - zusammen mit dem Equilibrismus e.V. - mit der Romanfortsetzung des "Tahiti-Projekts"!

Doch zurück zur realen Umsetzung: Für das Modellprojekt in Tahiti suchen wir Unterstützer, die Patenschaften übernehmen. Auf den überarbeiteten Websites www.equilibrismus.de und www.tahiti-project.org wird es die Möglichkeit geben, dass sich EU-Bürger mit Namen und E-Mail-Adresse symbolisch hinter die Bürger Französisch-Polynesiens stellen, um zu zeigen, dass sie das Modellprojekt befürworten und sich davon auch positive Anstöße für ihre eigene Region erhoffen. Gewünscht wäre ein EU-Bürger pro Einwohner der Südsee - das sind maximal 270.000 Menschen!

Wer zur Realisierung dieser Schritte beitragen möchte, ist herzlich eingeladen, Kontakt mit uns aufzunehmen.
 
 
 
Von Volker Freystedt


Kontakt:

EQUILIBRISMUS e.V.
Eric Bihl
Andreestr. 6
80634 München
Telefon +49 (0)89 / 23 99 23 89 (tagsüber)
+49 (0)89 / 1 58 90 - 2 60
Fax +49 (0)89 / 1 58 90 - 261
E-Mail eric.bihl@equilibrismus.org

www.equilibrismus.org
www.tahiti-project.org








Dieser Beitrag erscheint in der Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2009 mit dem Schwerpunkt "Zukunft gestalten - Demografischer Wandel & Fachkräftemangel als Herausforderung" und dem Special "Green IT & Energieeffizienz".

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Quelle:
Gesellschaft | Politik, 18.08.2009

     
        
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