Co-Gründer der Rainforest Alliance im Gespräch mit forum
Teil 1: Biodiversität
forum sprach mit Chris Wille, Co-Gründer der Rainforest Alliance und Chef der Landwirtschaftssparte. Als "Mann der ersten Stunde" ist er mit dem weiten Thema Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitszertifizierung und der praktischen Umsetzung in Erzeugerländern für die tropischen Rohstoffe wie Kaffee und Kakao vertraut. Der Fokus des Gespräches wurde unterteilt in drei Abschnitte: Teil 1 Biodiversität, Teil 2 Audit und Zertifizierung nachhaltiger Landwirtschaft, Teil 3 Das Siegel mit dem Frosch. Das Interview führte Feyza Morgül, unsere Reporterin für Rhein-Main.
"Artenvielfalt ist ein wichtiger Faktor unseres Planeten ... Ich würde gerne glauben, dass wir dies nicht nur aus utilitaristischen Gründen schützen, sondern weil sie schön ist und interessant und ein Recht hat zu bestehen." Chris Wille
Herr Wille, die Rainforest Alliance arbeitet gemeinsam mit mehreren anderen NGOs und Wissenschaftlern zu nachhaltiger Landwirtschaft und vielem mehr. Stimmt es, dass Sie auch ein Projekt mit den Vereinten Nationen haben?
Ja, das ist eines unserer wichtigsten Projekte innerhalb des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Beispielsweise, um Kaffeeanbau und Artenvielfalt zugleich zu gewährleisten.
Sie sprachen auch auf der SusCon über Ihre Arbeit und Biodiversität. Im Hinblick Ihres fundierten Wissens und Ihrer operativen Erfahrung, was ist Ihre wichtigste Botschaft? Was erwarten Sie von Unternehmen, Wissenschaft, Politik und der Bevölkerung?
Zuerst einmal ist der Austausch über Biodiversität und der inhärente Schutz von Artenvielfalt ein Schlüsselelement in jedem Nachhaltigkeitsprogramm. Ein Bauernhof kann nicht nachhaltig sein, ein Wald nicht nachhaltig bewirtschaftet sein, wenn Biodiversität nicht gesichert ist. Landwirte sind abhängig von Biodiversität. Sie sind abhängig von fruchtbarer Erde, gesunden Mikroorganismen und Pflanzenvielfalt. Was ist Landwirtschaft? Wir kultivieren Pflanzen und Tiere, die zuvor wild wuchsen. Landwirte sind somit auch Forstwirte. Diese Forstunternehmer ebenso wie Fischer und andere ernten aus der Artenvielfalt. Das ist ihr Geschäft: sie schneiden heraus, entnehmen aus dem Ozean und bringen auf den Markt. Unternehmen verstehen sich oft als unabhängig von Biodiversität, sie sind es aber nicht. Denn sie benötigen Rohstoffe und einen gesunden Planeten. Und wenn die Umwelt nicht gesund ist, wenn wir die biologische Vielfalt verlieren, ist es ein Zeichen dafür, dass unsere Umwelt nicht gesund ist.
Und ist dies in den vergangenen Jahren so eingetroffen?
Ja. Das ist ein Grund, aus dem ich mich am Schutz des Regenwaldes beteilige. Der Regenwald ist ein schmaler Streifen Wald rund um den Äquator. Die Hälfte der Pflanzen- und Tierwelt unseres Planeten leben hier. Zertifizierte Kaffeeplantagen existieren zusammen mit der biologischen Vielfalt. Diese Betriebe können mehr als hundert Baumarten und ein Dutzend Arten von Vögeln und Schmetterlingen beherbergen. Artenvielfalt ist ein wichtiger Faktor unseres Planeten. Also was ist dann wichtig, wenn Sie ein Unternehmen oder Verbraucher oder Produzent sind? Ich würde gerne glauben, dass wir dies nicht nur aus utilitaristischen Gründen schützen, sondern weil sie schön ist und interessant und ein Recht hat zu bestehen.
Betrachtet man die Veränderungen auf dem Weltmarkt, wird Biodiversität auch ein Teil dieses neuen Marktes sein?
Es gibt Bestrebungen, der biologischen Vielfalt nun einen messbaren Wert zu geben, so dass zum Beispiel Grundeigentümer dafür bezahlt werden, dass sie Biodiversität schützen. Denn sie ist ein öffentliches Gut, genau wie Wasser und saubere Luft. Eines der Dinge, über die ich auf der SusCon reden werde, sind unsere Bemühungen den Landwirten zu helfen ihren CO2-Ausstoß zu messen und zu überwachen. Somit könnten sie verifizierte Emissionskredite verkaufen. Es gibt bereits einen Markt für Kohlendioxid. Nun versuchen einige Organisationen und Wissenschaftler, den Markt für die biologische Vielfalt, also Biodiversität, zu schaffen.
Was wünschen Sie sich für die heutige Zeit und die Zukunft? Was erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Mich haben der begonnene Wandel und die veränderte Haltung der Privatwirtschaft in den vergangenen Jahren beeindruckt. Führende Unternehmen auf der ganzen Welt beginnen Nachhaltigkeit ernst zu nehmen. Ich denke, dass dies so bleiben wird. Diese Bewegung ist ein Motor, kein Trend.
Da stimme ich Ihnen zu, obwohl es dennoch Diskussionen darüber gibt. Auch wir widersprechen der Ansicht, Nachhaltigkeit sei nur ein Trend. Hier bewegt sich viel mehr.
Ja. Ich denke, das ist wahr, denn es gibt eine zunehmende Sensibilisierung. Es wächst die Besorgnis über die Gesundheit des Planeten. Viel Interesse wurde von der Besorgnis des Klimawandels getrieben. Nun aber kommt auch die Biodiversität wieder auf die Tagesordnung der Betrachtungen. Sie wurde überschattet durch die Diskussion um den Klimawandel in den letzten Jahren. Aber die Menschen sorgen sich auch um wild lebende Tiere. Und, wissen Sie, in Ländern wie Deutschland und Großbritannien, kümmern sich die Menschen. Je mehr sie sehen und verstehen, was in der die Tier- und Pflanzenwelt geschieht, umso höher steht Biodiversität auf der Agenda. Das ist also eine positive Veränderung und das heißt, auch Unternehmen beginnen zu verstehen. Sie verstehen die Herausforderungen an den Klimawandel, weil sie die wirtschaftlichen Risiken verstehen können. Jetzt fangen sie an, auch mehr über die Risiken des Verlusts der biologischen Vielfalt zu lernen. Wir verlieren drei Arten pro Stunde. Wir verlieren Biodiversität jetzt schneller als jemals zuvor in der Geschichte des Planeten.
Lesen Sie Teil 2 und Teil 3 (beide englisch) des Interviews.
Co-Gründer der Rainforest Alliance und Chef der Landwirtschaftssparte Chris Wille |
"Artenvielfalt ist ein wichtiger Faktor unseres Planeten ... Ich würde gerne glauben, dass wir dies nicht nur aus utilitaristischen Gründen schützen, sondern weil sie schön ist und interessant und ein Recht hat zu bestehen." Chris Wille
Herr Wille, die Rainforest Alliance arbeitet gemeinsam mit mehreren anderen NGOs und Wissenschaftlern zu nachhaltiger Landwirtschaft und vielem mehr. Stimmt es, dass Sie auch ein Projekt mit den Vereinten Nationen haben?
Ja, das ist eines unserer wichtigsten Projekte innerhalb des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Beispielsweise, um Kaffeeanbau und Artenvielfalt zugleich zu gewährleisten.
Sie sprachen auch auf der SusCon über Ihre Arbeit und Biodiversität. Im Hinblick Ihres fundierten Wissens und Ihrer operativen Erfahrung, was ist Ihre wichtigste Botschaft? Was erwarten Sie von Unternehmen, Wissenschaft, Politik und der Bevölkerung?
Zuerst einmal ist der Austausch über Biodiversität und der inhärente Schutz von Artenvielfalt ein Schlüsselelement in jedem Nachhaltigkeitsprogramm. Ein Bauernhof kann nicht nachhaltig sein, ein Wald nicht nachhaltig bewirtschaftet sein, wenn Biodiversität nicht gesichert ist. Landwirte sind abhängig von Biodiversität. Sie sind abhängig von fruchtbarer Erde, gesunden Mikroorganismen und Pflanzenvielfalt. Was ist Landwirtschaft? Wir kultivieren Pflanzen und Tiere, die zuvor wild wuchsen. Landwirte sind somit auch Forstwirte. Diese Forstunternehmer ebenso wie Fischer und andere ernten aus der Artenvielfalt. Das ist ihr Geschäft: sie schneiden heraus, entnehmen aus dem Ozean und bringen auf den Markt. Unternehmen verstehen sich oft als unabhängig von Biodiversität, sie sind es aber nicht. Denn sie benötigen Rohstoffe und einen gesunden Planeten. Und wenn die Umwelt nicht gesund ist, wenn wir die biologische Vielfalt verlieren, ist es ein Zeichen dafür, dass unsere Umwelt nicht gesund ist.
Und ist dies in den vergangenen Jahren so eingetroffen?
Ja. Das ist ein Grund, aus dem ich mich am Schutz des Regenwaldes beteilige. Der Regenwald ist ein schmaler Streifen Wald rund um den Äquator. Die Hälfte der Pflanzen- und Tierwelt unseres Planeten leben hier. Zertifizierte Kaffeeplantagen existieren zusammen mit der biologischen Vielfalt. Diese Betriebe können mehr als hundert Baumarten und ein Dutzend Arten von Vögeln und Schmetterlingen beherbergen. Artenvielfalt ist ein wichtiger Faktor unseres Planeten. Also was ist dann wichtig, wenn Sie ein Unternehmen oder Verbraucher oder Produzent sind? Ich würde gerne glauben, dass wir dies nicht nur aus utilitaristischen Gründen schützen, sondern weil sie schön ist und interessant und ein Recht hat zu bestehen.
Das Interview führte Feyza Morgül, unsere Reporterin für Rhein-Main am 14. Juni 2010. |
Es gibt Bestrebungen, der biologischen Vielfalt nun einen messbaren Wert zu geben, so dass zum Beispiel Grundeigentümer dafür bezahlt werden, dass sie Biodiversität schützen. Denn sie ist ein öffentliches Gut, genau wie Wasser und saubere Luft. Eines der Dinge, über die ich auf der SusCon reden werde, sind unsere Bemühungen den Landwirten zu helfen ihren CO2-Ausstoß zu messen und zu überwachen. Somit könnten sie verifizierte Emissionskredite verkaufen. Es gibt bereits einen Markt für Kohlendioxid. Nun versuchen einige Organisationen und Wissenschaftler, den Markt für die biologische Vielfalt, also Biodiversität, zu schaffen.
Was wünschen Sie sich für die heutige Zeit und die Zukunft? Was erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Mich haben der begonnene Wandel und die veränderte Haltung der Privatwirtschaft in den vergangenen Jahren beeindruckt. Führende Unternehmen auf der ganzen Welt beginnen Nachhaltigkeit ernst zu nehmen. Ich denke, dass dies so bleiben wird. Diese Bewegung ist ein Motor, kein Trend.
Da stimme ich Ihnen zu, obwohl es dennoch Diskussionen darüber gibt. Auch wir widersprechen der Ansicht, Nachhaltigkeit sei nur ein Trend. Hier bewegt sich viel mehr.
Ja. Ich denke, das ist wahr, denn es gibt eine zunehmende Sensibilisierung. Es wächst die Besorgnis über die Gesundheit des Planeten. Viel Interesse wurde von der Besorgnis des Klimawandels getrieben. Nun aber kommt auch die Biodiversität wieder auf die Tagesordnung der Betrachtungen. Sie wurde überschattet durch die Diskussion um den Klimawandel in den letzten Jahren. Aber die Menschen sorgen sich auch um wild lebende Tiere. Und, wissen Sie, in Ländern wie Deutschland und Großbritannien, kümmern sich die Menschen. Je mehr sie sehen und verstehen, was in der die Tier- und Pflanzenwelt geschieht, umso höher steht Biodiversität auf der Agenda. Das ist also eine positive Veränderung und das heißt, auch Unternehmen beginnen zu verstehen. Sie verstehen die Herausforderungen an den Klimawandel, weil sie die wirtschaftlichen Risiken verstehen können. Jetzt fangen sie an, auch mehr über die Risiken des Verlusts der biologischen Vielfalt zu lernen. Wir verlieren drei Arten pro Stunde. Wir verlieren Biodiversität jetzt schneller als jemals zuvor in der Geschichte des Planeten.
Lesen Sie Teil 2 und Teil 3 (beide englisch) des Interviews.
Quelle:
Umwelt | Biodiversität, 29.07.2010
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2010 - Cleantech erschienen.
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