Probleme kann man nicht mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.
Der neueste Zwischenruf des Denkwerks Zukunft
Albert Einstein hat das über die Weltwirtschaftskrise von 1929 gesagt. Es gilt auch für die Finanzkrise von 2008, für die permanente Beschäftigungskrise, für die immer bedrohlicher werdende Klimakrise, für die kommende Ressourcenkrise. Doch welche Denkweise diese Probleme verursacht, davor verschließen wir die Augen.
Lieber erlauben wir den Märkten auch weiterhin, sich vom Ganzen der Wirtschaft abzukoppeln. Der Markt bleibt in unserem Denken nur für Privatgüter zuständig. Über die Kollektiv- oder Gemeingüter wird in anderen, eigenen Sphären entschieden: in den Räumen der Öffentlichen Güter, der Kollektiven Aktionen, der Allmenden oder Common Pool Resources. Dabei übersehen wir, dass die Märkte in die Gemeingüter hinein reichen.
Das Recht der Privateigentümer, über ihre Grundstücke, Produktionsanlagen, Fahrzeuge usw. nach Belieben zu verfügen, hat ja die Folge, dass aus dem privaten Eigentum heraus ungezügelt auf Gemeingüter zugegriffen werden kann, auf Atmosphäre, Atemluft, Bodenfruchtbarkeit, Wasserreinheit, Fischreichtum, Artenvielfalt, Gesundheit, Beschäftigung... Darauf beruht schließlich das bisherige Wirtschaftswachstum, und ohne dieses Wachstum mag man sich die Zukunft der Wirtschaft lieber nicht vorstellen.
Es beruht darauf, dass Gemeingüter übernutzt werden. Die meisten sind bereits in ihrem Bestand so weit dezimiert, dass sie dringend geschont und regeneriert werden müssten. Dazu müssten wir sie so behandeln wie unsere privaten Besitztümer und Produktionsanlagen - wir müssten in ihre Erhaltung und Erneuerung bzw. Ersetzung reinvestieren. Das ersparen wir uns bisher, was die Preise verbilligt und die Gewinne überhöht, aber die Substanz verzehrt.
Im Klartext heißt das: Mit dem Segen des Wettbewerbs- und des Gesellschaftsrechts verweigern wir Gemeingütern die Ersatzinvestitionen, die wir Privatgütern zugestehen. So schützt unsere Wirtschaftsordnung die Freiheit des Wettbewerbs auch dann, wenn der "Markterfolg" durch Ausbeutung von Gemeingütern erzielt wird, wenn die "Marktleistung" also auf der Externalisierung privater Kosten beruht. Ist das wirklich eine Freiheit, auf die wir stolz sein können?
Wäre uns nicht von Grund auf wohler, wenn wir von der Verantwortung des Marktes für die Gemeingüter ausgehen würden, nicht nur in einzelnen Umwelt-, Sozial und Verbraucherschutzvorschriften, sondern in den Grundsätzen der Wirtschaftsordnung?* Wenn es zum unlauteren Wettbewerb erklärt würde, Kosten auf Gemeingüter abzuwälzen? Wenn es zu den Pflichten der Unternehmen gezählt würde, Gemeingüter zu schonen, zu regenerieren, zu ersetzen? Wenn auch Banken, Investmentfonds, private Investoren bei der Geldanlage auf den Schutz der Gemeingüter verpflichtet würden? Das könnte die Denkweise bewusst machen und beseitigen, die heute den Keim zu den nächsten Krisen legt.
Professor Dr. Gerhard Scherhorn, ehem. Direktor der Arbeitsgruppe "Neue Wohlstandsmodelle" und ehem. Leiter der Forschungsgruppe "Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren" ist heute freier wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH.
Näheres unter Appell auf http://www.ethisches-consulting.de/Ethisches%20Investment/Forms/AllItems.aspx .
Das Recht der Privateigentümer, über ihre Grundstücke, Produktionsanlagen, Fahrzeuge usw. nach Belieben zu verfügen, hat ja die Folge, dass aus dem privaten Eigentum heraus ungezügelt auf Gemeingüter zugegriffen werden kann, auf Atmosphäre, Atemluft, Bodenfruchtbarkeit, Wasserreinheit, Fischreichtum, Artenvielfalt, Gesundheit, Beschäftigung... Darauf beruht schließlich das bisherige Wirtschaftswachstum, und ohne dieses Wachstum mag man sich die Zukunft der Wirtschaft lieber nicht vorstellen.
Es beruht darauf, dass Gemeingüter übernutzt werden. Die meisten sind bereits in ihrem Bestand so weit dezimiert, dass sie dringend geschont und regeneriert werden müssten. Dazu müssten wir sie so behandeln wie unsere privaten Besitztümer und Produktionsanlagen - wir müssten in ihre Erhaltung und Erneuerung bzw. Ersetzung reinvestieren. Das ersparen wir uns bisher, was die Preise verbilligt und die Gewinne überhöht, aber die Substanz verzehrt.
Im Klartext heißt das: Mit dem Segen des Wettbewerbs- und des Gesellschaftsrechts verweigern wir Gemeingütern die Ersatzinvestitionen, die wir Privatgütern zugestehen. So schützt unsere Wirtschaftsordnung die Freiheit des Wettbewerbs auch dann, wenn der "Markterfolg" durch Ausbeutung von Gemeingütern erzielt wird, wenn die "Marktleistung" also auf der Externalisierung privater Kosten beruht. Ist das wirklich eine Freiheit, auf die wir stolz sein können?
Wäre uns nicht von Grund auf wohler, wenn wir von der Verantwortung des Marktes für die Gemeingüter ausgehen würden, nicht nur in einzelnen Umwelt-, Sozial und Verbraucherschutzvorschriften, sondern in den Grundsätzen der Wirtschaftsordnung?* Wenn es zum unlauteren Wettbewerb erklärt würde, Kosten auf Gemeingüter abzuwälzen? Wenn es zu den Pflichten der Unternehmen gezählt würde, Gemeingüter zu schonen, zu regenerieren, zu ersetzen? Wenn auch Banken, Investmentfonds, private Investoren bei der Geldanlage auf den Schutz der Gemeingüter verpflichtet würden? Das könnte die Denkweise bewusst machen und beseitigen, die heute den Keim zu den nächsten Krisen legt.
von Gerhard Scherhorn
Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 15.12.2010
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