Geld oder Liebe
Was bietet der "Kongress christlicher Führungskräfte" zum Thema Nachhaltigkeit und zur Gestaltung unserer Zukunft?
Sind christliche Führungskräfte die besseren Führungskräfte? Sind christlich geführte Unternehmen die nachhaltigeren Unternehmen? Welchen Beitrag leisten heute "christliche" Werte zur Gestaltung unserer globalen Zukunft? Rund 3.800 Besucher trafen sich zum "Kongress christlicher Führungskräfte", der mittlerweile zum siebten Mal in Nürnberg stattfand. Vom 24. bis 26. Februar 2011 diskutierten sie in Vorträgen und Seminaren unter der Überschrift "mit Werten in Führung gehen".
Welche Funktion haben Werte für christliche Führungskräfte? Wie ernst meinen sie es? Zum einen sind Werte persönliche Richtschnur für Menschen, zum anderen definieren sie auch Verantwortung für andere. "Wir als Unternehmer sind verpflichtet, in unserem Einflussbereich dafür zu sorgen, dass unsere Werte nicht mit Füßen getreten werden. (...) Nicht alles, was ich kann, darf ich auch. Gott lässt uns freien Willen, wir dürfen aber unsere Macht nicht missbrauchen." sagte Manfred Maus, Gründer der OBI-Märkte, in seiner Rede. Produktplagiate aus Billiglohnländern und Schmiergelder lehnt er ab, weltweit, auch um den Preis, deshalb weniger Geschäft zu machen.
Welchen Preis hat es, seine Werte zu leben? Prabhu Guptara, Professor an der William Carey-Universität, Indien, stellte dazu ein interessantes Modell vor: Werte beschreiben Regeln, an die sich Menschen halten oder eben nicht. Innerhalb eines Sozialsystems, sei es ein Unternehmen, sei es eine Nation oder die ganze Welt, gelten ebenfalls Regeln. Je nachdem, ob die persönlichen Regeln kompatibel sind mit denen des jeweiligen Sozialsystems, hat man entweder Vorteile oder Nachteile. Verschwinden Werte jedoch im Sozialsystem, führt dies langfristig zur Regellosigkeit. Wir bekommen dann Zustände wie im Wilden Westen, wo nur das Gesetz des Stärkeren gilt und das Gesetz des schnelleren Handelns. Darin besteht heute die Versuchung für multinationale Konzerne: Sie können ihre Stärke immer in denjenigen Regionen der Welt auspielen, in denen jeweils die wenigsten Regeln gelten.
Weniger Werte führen also zu immer weniger Regeln und zur Dominanz der Stärksten. Diese brauchen dann keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen auf andere und auf die Umwelt. Das ist dann der Preis, den wir alle bezahlen, wenn wir immer weniger Werte leben.
Doch Gott sei Dank funktioniert dies auch anders herum: Je mehr verbindliche Werte bzw. Regeln in einem Sozialsystem gelten, desto mehr Systemvorteile hat derjenige, der sich daran hält. In einem mittlerweile globalen Wettbewerb muss dies folgende Konsequenzen haben: Entweder, die Regeln gelten global, oder ein Land schaut zumindest sehr genau darauf, ob seine Regeln auch von Importeuren und Zulieferern eingehalten werden (das gilt insbesondere für alle Aspekte von CSR: Ökologie, Lohndumping, Kinderarbeit etc.).
Die Frage ist nur, wird es uns gelingen, global gültige Regeln zu etablieren? Und auf welchen Werten sollen diese Regeln basieren? Selbst wenn die UNO und ihre Unterorganisationen in eine Regeldiskussion einsteigen würden - und einige Regeln bestehen ja bereits, zumindest offiziell, wie die Ächtung von Kinderarbeit - würde es viele Jahre dauern, bis ein konkretes, verbindliches Regelwerk verabschiedet würde; soweit Prof. Guptara.
Ginge es aber nicht einfacher? "Können Sie mir bitte sagen, was ein Gewissen ist?" Diese Frage stellte einer der Redner. Das Gewissen ist das, was sich meldet, wenn ein Mensch gegen seine Werte verstößt - und zwar meist unabhängig von seiner Religion. Wenn Menschen tief in sich hinein hören, haben sie ein Gespür dafür, was o.k. ist und was nicht. Möglicherweise bildet ja gerade der gemeinsame Schulterschluss der Weltreligionen zu einem gemeinsamen Weltgewissen die Basis für gemeinsame Werte und für gemeinsame Regeln.
Einige Kirchenvertreter blicken bisher noch stark auf ihre eigene Religion, das war auch auf dem "Kongress christlicher Führungskräfte" teilweise zu spüren. Die Formulierung "christliche" Werte - verbunden mit einem gewissen Alleinvertretungsanspruch - ist ein Beispiel dafür. Doch je mehr die Religionen erkennen, für was sie gemeinsam stehen und welche gemeinsame Gestaltungsmacht sie haben, desto mehr besteht langfristig die Chance auf global verbindliche CSR-Regeln.
Werte und Regeln, ist das alles? Der katholische Bischof Dr. Gregor Maria Hanke vom Bistum Eichstätt antwortet auf die Frage "Was wird künftig das Fundament unseres Zusammenlebens sein?" mit der Gegenfrage "Was gibt uns Mut, was gibt uns Kraft, was bewegt uns Menschen in unseren Grundfesten?" Die Antwort findet er, ähnlich wie sein evangelischer Kollege Dr. Johannes Friedrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, in der Spiritualität und in der Beziehung zu den Mitmenschen. Nur "wenn sich die Herzen berühren" entsteht Vertrauen zwischen den Menschen. Und dieses Vertrauen ist die Basis für ein gemeinsames, nachhaltiges Miteinander.
Der Kongress ging auch auf die unternehmerischen Chancen ein, die ein vertrauensvolles, werteorientiertes Miteinander in einer neuen Werteordnung bieten kann. "Veränderungen zu nutzen ist eine unternehmerische Herausforderung" sagte Herr Maus "(...) und die Zukunftsmärkte bieten neue Chancen."
Roland Günther ist Geschäftsführer von Business-in-Resonanz, einer Beratungsfirma für werteorientierte Unternehmenensentwicklung.
Kongresseröffnung, v.l. Johannes Friedrich, Horst Marquardt und Gregor Maria Hanke |
Welchen Preis hat es, seine Werte zu leben? Prabhu Guptara, Professor an der William Carey-Universität, Indien, stellte dazu ein interessantes Modell vor: Werte beschreiben Regeln, an die sich Menschen halten oder eben nicht. Innerhalb eines Sozialsystems, sei es ein Unternehmen, sei es eine Nation oder die ganze Welt, gelten ebenfalls Regeln. Je nachdem, ob die persönlichen Regeln kompatibel sind mit denen des jeweiligen Sozialsystems, hat man entweder Vorteile oder Nachteile. Verschwinden Werte jedoch im Sozialsystem, führt dies langfristig zur Regellosigkeit. Wir bekommen dann Zustände wie im Wilden Westen, wo nur das Gesetz des Stärkeren gilt und das Gesetz des schnelleren Handelns. Darin besteht heute die Versuchung für multinationale Konzerne: Sie können ihre Stärke immer in denjenigen Regionen der Welt auspielen, in denen jeweils die wenigsten Regeln gelten.
Weniger Werte führen also zu immer weniger Regeln und zur Dominanz der Stärksten. Diese brauchen dann keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen auf andere und auf die Umwelt. Das ist dann der Preis, den wir alle bezahlen, wenn wir immer weniger Werte leben.
Doch Gott sei Dank funktioniert dies auch anders herum: Je mehr verbindliche Werte bzw. Regeln in einem Sozialsystem gelten, desto mehr Systemvorteile hat derjenige, der sich daran hält. In einem mittlerweile globalen Wettbewerb muss dies folgende Konsequenzen haben: Entweder, die Regeln gelten global, oder ein Land schaut zumindest sehr genau darauf, ob seine Regeln auch von Importeuren und Zulieferern eingehalten werden (das gilt insbesondere für alle Aspekte von CSR: Ökologie, Lohndumping, Kinderarbeit etc.).
Die Frage ist nur, wird es uns gelingen, global gültige Regeln zu etablieren? Und auf welchen Werten sollen diese Regeln basieren? Selbst wenn die UNO und ihre Unterorganisationen in eine Regeldiskussion einsteigen würden - und einige Regeln bestehen ja bereits, zumindest offiziell, wie die Ächtung von Kinderarbeit - würde es viele Jahre dauern, bis ein konkretes, verbindliches Regelwerk verabschiedet würde; soweit Prof. Guptara.
Ginge es aber nicht einfacher? "Können Sie mir bitte sagen, was ein Gewissen ist?" Diese Frage stellte einer der Redner. Das Gewissen ist das, was sich meldet, wenn ein Mensch gegen seine Werte verstößt - und zwar meist unabhängig von seiner Religion. Wenn Menschen tief in sich hinein hören, haben sie ein Gespür dafür, was o.k. ist und was nicht. Möglicherweise bildet ja gerade der gemeinsame Schulterschluss der Weltreligionen zu einem gemeinsamen Weltgewissen die Basis für gemeinsame Werte und für gemeinsame Regeln.
Einige Kirchenvertreter blicken bisher noch stark auf ihre eigene Religion, das war auch auf dem "Kongress christlicher Führungskräfte" teilweise zu spüren. Die Formulierung "christliche" Werte - verbunden mit einem gewissen Alleinvertretungsanspruch - ist ein Beispiel dafür. Doch je mehr die Religionen erkennen, für was sie gemeinsam stehen und welche gemeinsame Gestaltungsmacht sie haben, desto mehr besteht langfristig die Chance auf global verbindliche CSR-Regeln.
Werte und Regeln, ist das alles? Der katholische Bischof Dr. Gregor Maria Hanke vom Bistum Eichstätt antwortet auf die Frage "Was wird künftig das Fundament unseres Zusammenlebens sein?" mit der Gegenfrage "Was gibt uns Mut, was gibt uns Kraft, was bewegt uns Menschen in unseren Grundfesten?" Die Antwort findet er, ähnlich wie sein evangelischer Kollege Dr. Johannes Friedrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, in der Spiritualität und in der Beziehung zu den Mitmenschen. Nur "wenn sich die Herzen berühren" entsteht Vertrauen zwischen den Menschen. Und dieses Vertrauen ist die Basis für ein gemeinsames, nachhaltiges Miteinander.
Der Kongress ging auch auf die unternehmerischen Chancen ein, die ein vertrauensvolles, werteorientiertes Miteinander in einer neuen Werteordnung bieten kann. "Veränderungen zu nutzen ist eine unternehmerische Herausforderung" sagte Herr Maus "(...) und die Zukunftsmärkte bieten neue Chancen."
Die Teilnehmer verabschiedeten zum Abschluss des Kongresses die sogenannte "Nürnberger Erklärung": Die Weltwirtschaftskrise zeige, "dass in unserer Gesellschaft eine Erneuerung der Werteordnung notwendig ist. Wer sich an den Maßstäben Gottes orientiert, bemüht sich um Integrität, Ehrlichkeit, Fleiß, Verlässlichkeit, Barmherzigkeit und Fairness in allen Bereichen des Lebens, lehnt Korruption, Betrug, unfaire Löhne, überzogene Gehälter und Abfindungen genauso ab wie Habsucht, Neid, Geiz und üble Nachrede (...)." Aber wie heißt es in der Bibel? An ihren Taten, nicht an ihren Worten sollt ihr sie erkennen. Daran wollen sich christliche Führungskräfte künftig messen lassen.
Von Roland Günther
Roland Günther ist Geschäftsführer von Business-in-Resonanz, einer Beratungsfirma für werteorientierte Unternehmenensentwicklung.
Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 08.03.2011
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