Bienen auf dem Land: Alles andere als ein Honigschlecken

Warum Insekten so wichtig für Natur und Landwirtschaft sind

Bienen liefern leckeren Honig, aber viel wichtiger ist ihre Bestäubungsleistung für Kultur- und Wildpflanzen. Doch die Bienen haben Hunger, weil im Sommer zu wenig blüht. Zudem schädigen Pestizide und Parasiten die Blütenbesucher. Um die Bestäubung als zentrale Ökosystemdienstleistung zu erhalten, entstehen bundesweit immer mehr Initiativen für blühende Landschaften. Auch Unternehmen erkennen die Bedeutung der Insekten und engagieren sich in vielfältigen Projekten.

Wir wünschen einen guten Appetit! Schmetterling, Biene und Wildbiene am gedeckten Tisch. Weltweit hängen 35 Prozent unserer
Nahrungsmittel von der Insektenbestäubung ab.
Bienen und ihre Blüten besuchenden Insektenkollegen wie z. B. Wildbienen, Schmetterlinge, Laufkäfer und Schwebfliegen, nehmen in unserer Landschaft eine Schlüsselfunktion ein. Mit ihrer Bestäubungsleistung bei über 80 Prozent unserer heimischen Kultur- und Wildpflanzen bilden sie eine Basis zur Erhaltung der Biodiversität und sichern Erträge für die Landwirtschaft.

153 Milliarden für die Landwirtschaft - unbezahlbar für die Natur
Berechnungen im Rahmen der aktuellen TEEB-Studie schätzen den Wert der Insektenbestäubung für die Landwirtschaft weltweit auf jährlich 153 Milliarden Euro. Dies entspricht der Wirtschaftsleistung von Hongkong. Gemäß FAO hängen weltweit 35 Prozent der Nahrungsmittel von der Insektenbestäubung ab. Dazu bestäuben die Insekten zahllose Wildpflanzen - der Wert dieser Leistung erscheint schlicht unbezahlbar.

Trotz dieser Fakten geht es Bienen & Co. schlecht. In den letzten Jahren kamen viele Honigbienenvölker nicht über den Winter. Zudem sind mehr als die Hälfte der 570 Wildbienenarten sowie drei Viertel der 190 Tagfalterarten in Deutschland in ihrem Bestand gefährdet. Als Ursachen werden Nahrungsmangel, Verlust an Lebensraum, fehlende Nistmöglichkeiten sowie die Belastung mit Chemikalien diskutiert. Bei der Honigbiene nehmen die Probleme mit Krankheiten und Parasiten zu.

Wo fließen noch Milch und Honig?
Bienen & Co. finden nur noch wenig Lebensraum und Nahrung in unserer Landschaft. Besonders knapp ist das Pollen- und Nektarangebot im Sommer. Dann ist die Landschaft fast nur noch grün. Stilllegungsflächen sind verschwunden, Grünland wird immer intensiver genutzt und es wird vermehrt Biomasse angebaut. Auch die Ausweitung von Siedlungen und Straßenbau sowie monotone Grünanlagen und Ziergärten spitzen die Situation weiter zu.

"Das Verschwinden heimischer Wildbienenarten und die hohen Bienenverluste in den letzten Jahren machen deutlich, dass unsere Landschaft aus dem Gleichgewicht geraten ist. Was früher bunt und vielfältig war, ist heute ganz verschwunden oder nur noch grün und monoton", so Holger Loritz vom Netzwerk Blühende Landschaft. Es geht folglich nicht mehr darum, unsere Kulturlandschaft zu erhalten, sondern sie zu verändern - hin zu mehr Vielfalt.

Die Belastung mit Chemikalien aus der Landwirtschaft ist ein weiterer Stressfaktor. Einer der spektakulärsten Fälle war die Bienenvergiftung am Oberrhein und in Bayern. Etwa 11.500 Bienenvölker fielen im Frühjahr 2008 dem Insektizid PonchoPro® mit dem bienen- gefährlichen Nervengift Clothianidin zum Opfer. Neben verbesserten Untersuchungsmethoden bei der Zulassung von Pestiziden fordert PAN Germany den generellen Verzicht auf bienengefährliche Mittel und eine deutliche Mengenreduzierung. Jährlich werden in der deutschen Landwirtschaft 35.000 Tonnen Pestizidwirkstoffe ausgebracht.

Die Varroa-Milbe gilt als weitere Ursache des Bienensterbens. Es wird vermutet, dass die Milben Viren übertragen und über die zugefügten Verletzungen bei den Bienen weitere Krankheiten begünstigen. Große Sorge macht den Imkern auch der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland. Bienen unterscheiden nicht zwischen herkömmlichen und manipulierten Pflanzen. Deshalb droht den Imkern die Verunreinigung ihres Honigs mit Gentechnik-Pollen.

Netzwerke für blühende Landschaften - Unternehmen an Bord
Um die Situation für Blütenbesucher zu verbessern, schließen sich immer mehr Akteure zu Netzwerken zusammen. Bundesweit agiert das Netzwerk Blühende Landschaft (www.bluehende-landschaft.de) und entwickelt dabei neue Bewirtschaftungskonzepte, initiiert Modellprojekte und informiert die Öffentlichkeit. Ein Beispiel für eine der zahlreichen regionalen Initiativen ist das Netzwerk Blühender Bodensee (www.bluehender-bodensee.net). Seit 2009 koordiniert die Bodensee-Stiftung die momentan 37 Netzwerkpartner (Kommunen, Landwirte, Erzeugergemeinschaften, Unternehmen, Fachbehörden, Naturschutzgruppen und Imker). Insektenfreundliche Maßnahmen auf über 64 Hektar sind eine positive Zwischenbilanz. Präsentationen und Fachveranstaltungen, eine attraktive Wanderausstellung und eine Broschüre mit guten Beispielen aus der Bodenseeregion sind wichtige Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit.

Um den Intensivobstbau am Bodensee nachhaltiger zu gestalten, haben sich die Bodensee-Stiftung und die Vertriebsgesellschaft Obst vom Bodensee mit dem Handelspartner REWE Group an einen Tisch gesetzt und im Frühjahr 2010 ein gemeinsames Pilotprojekt gestartet. Ein Fokus liegt auf Maßnahmen zur Verbesserung des Nahrungsangebots und der Lebensraumsituation für Blütenbesucher. In den nächsten drei Jahren sollen rund 100 Obstbaubetriebe am Projekt teilnehmen (mehr unter
www.proplanet-label.com).

Kam bei einer Naturschutzauktion erfolgreich unter den Hammer: Ackerwildkräuterreservat am Bodensee.
Naturschutz-Auktionen und naturnahe Firmenareale
Starken Zuspruch von Unternehmen erhielten die Blütenbesucher auch bei den Naturschutz-Auktionen der Bodensee-Stiftung. Insgesamt konnten schon neun Hektar Bienenweiden, Ackerwildkräuterreservate, Wildbienenhotels und die Pflanzung von Jahreszeiten- und Wildobsthecken im Wert von mehreren Tausend Euro versteigert werden. Ganz konkret können Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Firmenareale zur Verbesserung der Situation von Bienen & Co. beitragen. Bunte Blühflächen statt teuer gepflegtem Vielschnittrasen oder Hecken, kleine Wasserstellen und "wilde" Randstrukturen können auch Gewerbegebiete zu kleinen Trittsteinen im Biotopverbund werden lassen.
 
 
Von Patrick Trötschler

Quelle:
Umwelt | Umweltschutz, 29.08.2011
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2011 - Schöne Aussichten erschienen.
     
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