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130 Jahre Elektromobil: Neue Technologien mit alten Problemen

Auch zwei Jahrhunderte nach der Konstruktion des ersten E-Autos fehlen tragfähige Gesamtkonzepte

Elektromobilität liegt im Trend. Bis zum Jahr 2020 sollen wenigstens eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen fahren - zumindest, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht. Ein ambitioniertes Vorgehen. Beinahe täglich erscheinen neue Studien, die das Für und Wider der Technologie unter die Lupe nehmen und diese auf ihre Nutzerakzeptanz überprüfen. Häufigste Kritikpunkte: Elektroautos seien zu teuer in der Anschaffung und zu gering in der Reichweite. Grüne Verbände fordern wiederum, dass Elektromobilität Hand in Hand mit dem Ausbau erneuerbarer Energien gehen müsse. Die notwendige Infrastruktur, um Fahrzeuge ausreichend und flächendeckend damit zu versorgen, ist jedoch ein weiteres grünes Stiefkind. Dabei handelt es sich zum Teil um Probleme, die Anhängern der Technologie schon vor 130 Jahren Kopfzerbrechen bereitet haben.

Wer einen E-Roller fährt braucht sich nicht so viele Gedanken über den CO2-Ausgleich zu machen.
Foto: © GOVECS GmbH
1881 statteten die britischen Wissenschaftler William Ayrton und John Perry ein sogenanntes "Tricycle" mit Elektromotor und Bleiakkus aus. Noch um 1900, also 14 Jahre nach dem ersten Patentmotorwagen von Benz, fuhren 38 Prozent aller Automobile mit Elektroantrieb, 40 Prozent mit Dampf und lediglich 22 Prozent mit Benzin. Warum der erste straßentaugliche Elektrowagen auf drei Rädern dennoch ins Hintertreffen geriet, hat altbekannte Gründe: Die Reichweite war zu gering und das komplizierte Aufladen erforderte stationäre Generatoren.

Erlebbare Elektromobilität als Schaufensterprojekt für Markthochlauf
Unter den Verbrauchern schürt diese Situation auch zwei Jahrhunderte später Ablehnung und Unsicherheit. Sackgasse Elektromobilität? Keineswegs, sofern sich moderne Mobilitätskonzepte nicht länger nur auf vier Räder beschränken. Mit einem Technologievorsprung von bis zu fünf Jahren vor dem Elektroauto können Elektroroller schon jetzt vergleichbare Benzinfahrzeuge ersetzen - ohne Qualitäts- und Leistungseinbußen. Positiver "Nebeneffekt": Das Vertrauen in die Technologie und deren Reife für E-Fahrzeuge steigt, weil Verbraucher und Fahrer von einer real erfahrbaren "Learning Curvce" profitieren. Bevor das Auto als des Deutschen liebstes Kind von einem herkömmlichen Verbrennungsfahrzeug in ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug umgewandelt werden kann, muss die Marktreife für die Technologie der Elektrofahrzeuge nachgewiesen worden sein. Nur mithilfe dieser "Learning Curve", dem damit gewonnen Vertrauen in die Elektromobilität sowie mit direkten finanziellen Anreizen kann das Projekt "Eine Million Elektroautos bis 2020" erfolgreich umgesetzt werden.

Noch schneller schreitet der Prozess der Vertrauensbildung voran, wenn umweltfreundliche Zweiräder mehr Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung bekommen. So sind etwa in Baden-Württemberg schon seit Herbst 2010 Elektroroller bei der Post im Einsatz: Briefe und Pakete erreichen hier lautlos ihre Empfänger. Bei einer bei Postdiensten üblichen, durchschnittlichen Tagesfahrleistung von 100 Kilometern spart sich der Betreiber etwa fünf Euro Betriebskosten täglich im Vergleich zum Benzinroller. Bei der französischen Post mit 16.000 Rollern im Einsatz sind das 80.000 Euro pro Tag - die Reduktion an CO2 und anderen umweltschädlichen Emissionen nicht mitgerechnet.

Zukünftige Herausforderungen an Elektromobilität
Dass auch spektakulärer Fahrspaß und CO2-freie Fortbewegung kein Widerspruch mehr sind, zeigen Veranstaltungen wie die TTXGP. 2009 war sie das erste Motorradrennen der Welt für Elektromotorradräder. Im zweiten Jahr der TTXGP-Rennserie kämpften die Fahrer in Australien, Nordamerika und Europa in kontinentalen Meisterschaften für den Einzug ins Weltfinale im Oktober 2011. Um gleichermaßen wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben, arbeiten Hersteller und Entwickler an einer Reduzierung der Anschaffungskosten. So entstehen allein rund 50 Prozent der Batteriekosten in der Fertigung, obwohl der Einsatz intelligenter Produktionssysteme großes Optimierungspotenzial enthält. Ein weiterer großer Punkt: Die Verkürzung der Ladezeit. Auch wenn Lithium-Polymer-Batterien bereits nach zwei Stunden 85 Prozent ihrer Ladekapazität erreicht haben, gibt es Überlegungen für leichtere, herausnehmbare Batterien. Der Austausch kann entweder über eine eigene Ersatzbatterie oder einen Dienstleister erfolgen. Allerdings steckt auch die dafür notwendige Infrastruktur noch in den Kinderschuhen. Einen Aufwärtstrend gibt es dagegen deutschlandweit bei der Implementierung öffentlicher Ladesäulen zu beobachten. Schrittweise werden diese als Ergänzung zur üblichen Heimladestation und damit als Erweiterung der eigenen Steckdose installiert. In London hat darüber hinaus ein großangelegter Feldversuch mit induktiven Ladestationen auf Parkflächen gestartet. Die Energieübertragung zum Fahrzeug erfolgt berührungslos über ein Magnetfeld und soll nicht länger dauern als mit Kabel.

Optimale Energieversorgung durch M2M
Um Elektromobilität wirtschaftlich und zweckmäßig zu machen, sind intelligente Ladestationen - etwa an Parkplätzen - unerlässlich. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die so genannte "Machine-to-Machine-Technologie", kurz M2M. Sie bietet eine einfache Möglichkeit, die zumeist unbemannten und weit entlegenen Stationen mit dem Kontroll- und Abrechnungszentrum der Ladestationsbetreiber zu verbinden. Diese können dank der M2M-Kommunikation Aufgaben wie Benutzer- und Fahrzeugidentifikation, Zahlungsverfahren sowie Geräteüberwachung und -management aus der Ferne handhaben. Weiterer Vorteil von M2M-fähigen Ladestationen für Endkunden: die schnelle Ermittlung der nächsten E-Tankstelle und der aktuelle Batteriestatus via App oder SMS aufs Mobiltelefon.

Damit das Zusammenspiel verschiedener Disziplinen wie Leistungselektronik, Batterietechnik oder Leichtbau gestärkt und die Forschung im Bereich alternativer Antriebe vorangetrieben werden kann, ist die Aus- und Fortbildung von Experten unerlässlich. So will etwa die TU Hamburg-Harburg spätestens zum Wintersemester 2012/13 ihr Angebot um den Masterstudiengang Erneuerbare Energien erweitern. An der TU München beschäftigen sich aktuell bereits 36 Lehrstühle und Fachgebiete in fünf Fakultäten mit dem Themenbereich Elektromobilität.

Nachwuchsforscher können das Elektrodreirad von William Ayrton und John Perry übrigens noch heute im Museum Autovision bei Hockenheim sehen. In mehr als 1000 Arbeitsstunden wurde das Urvehikel unter den Elektrofahrzeugen originalgetreu nachgebaut.
 
 
Von Thomas Grübel, CEO von GOVECS
 
 



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Quelle:
Technik | Mobilität & Transport, 25.01.2012

     
        
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