Kriterien der Unternehmensverantwortung in Produkttests der STIFTUNG WARENTEST
In zunehmendem Maß sind die Verbraucher nicht nur an Qualität und Preis eines Produktes interessiert, sondern fragen auch, unter welchen Umständen dessen Herstellung erfolgte.
Die Erwartungen der Verbraucher an die Qualität eines Produkts sind keine konstante Größe. Dies spiegelt sich auch in den Produkttests der STIFTUNG WARENTEST in den vergangenen 40 Jahren wider: Umfassten die Testkriterien zu Beginn im Wesentlichen Funktionalität und Sicherheit, wurden sie später um Aspekte erweitert, die heute unter dem Begriff "Usability" (Bedienerfreundlichkeit) zusammengefasst werden. In den 80er Jahren kamen Prüfpunkte aus dem Umweltbereich wie Schadstoffgehalt, Strom- und Wasserverbrauch sowie Geräuschentwicklung hinzu. Nun steht die Stiftung wieder an der Schwelle, die Dimensionen des vergleichenden Warentests zu erweitern. In zunehmendem Maß sind die Verbraucher nicht nur an Qualität und Preis eines Produktes interessiert, sondern fragen auch, unter welchen Umständen dessen Herstellung erfolgte. Kinderarbeit, unzumutbare Bedingungen in Fabriken in Niedriglohnländern und umweltbelastende Produktion wollen viele Konsumenten nicht durch ihre Kaufentscheidungen unterstützen. Natürlich ist das noch nicht die Mehrheit der deutschen Verbraucher, aber der Anteil nimmt zu.
Die STIFTUNG WARENTEST hat deshalb im Jahr 2004 begonnen, den Lesern der Zeitschrift "test" bei ausgewählten Projekten über Preis und Qualität der Produkte hinaus auch Informationen zum sozialen und ökologischen Kontext von deren Herstellung zu geben. Für diese neue Untersuchungsform hat sich der Begriff "CSR-Test" (CSR = Corporate Social Responsibility) eingebürgert.
Für diese Tests wurden zunächst unter Beteiligung verschiedener Interessengruppen (u. a. Umweltverbände, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, unabhängige Sachverständige) Kriterien entwickelt, die das soziale und ökologische Engagement der Anbieter charakterisieren (die Kriterien sind unter www.test.de/csr einsehbar). Dabei zeigte sich eine hohe Übereinstimmung der beteiligten Fachleute, welche Kriterien für eine bestimmte Wertschöpfungskette relevant sind.
Danach wurden die in den Test einbezogenen Unternehmen durch Versendung eines Fragebogens nach ihren Leistungen in diesen Bereichen befragt. Typische Fragen betrafen die Bedingungen in den Fertigungsstätten: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Einhaltung von Mindestsozialstandards zu gewährleisten? Welche Vorgaben zum Umweltschutz gibt es? Aber auch die Leistungen der Unternehmen am Hauptsitz waren Gegenstand der Untersuchungen, z.B. hinsichtlich der Familienfreundlichkeit der Arbeitsbedingungen oder der Sorgfalt bei der Bearbeitung von Verbraucheranfragen.
Wer blockt, fällt auf
Die Antworten wurden zunächst mit anderen verfügbaren Informationen aus Medien und von Nichtregierungsorganisationen verglichen. In einem aufwändigen weiteren Überprüfungsschritt haben dann von der Stiftung beauftragte Sachverständige die gemachten Angaben stichprobenartig an den Firmensitzen und Fertigungsstätten überprüft. Natürlich nur, wenn dies von den Unternehmen ermöglicht wurde. Hier wird ein wichtiger Unterschied zu den meisten anderen Untersuchungen der STIFTUNG WARENTEST, insbesondere zu den Gerätetests deutlich: Während eine Waschmaschine getestet werden kann, auch ohne dass der Anbieter dazu sein Einverständnis erklärt, ist die Stiftung bei den CSR-Tests auf die Mitwirkung der Unternehmen angewiesen. Sie kann niemanden zwingen, die Fragen zu beantworten und den beauftragten Sachverständigen die Tore zu öffnen. Allerdings wird die Verweigerungshaltung öffentlich gemacht. Dass dieses Instrument nicht wirkungslos ist, zeigt die Haltung eines bisherigen Hardliners unter den Discountern (Lidl): Bei den ersten Tests verweigerte die Firma jegliche Beteiligung. Inzwischen hat offensichtlich ein Umdenken stattgefunden und die gewünschten Informationen wurden - wenn auch nur teilweise - zur Verfügung gestellt. Auch andere Discounter ließen erkennen, zukünftig zur Kooperation bereit zu sein.
Der offzielle WM-Ball ist Testsieger
Das Engagement der Unternehmen und auch die Beteiligung an den CSR-Tests sind in den Branchen unterschiedlich ausgeprägt. So war bei einer Untersuchung von ferngesteuertem Spielzeug in keinem einzigen Fall eine Inspektion der (ausnahmslos in China gelegenen) Fertigungsstätten möglich. Anders das Bild bei einem Test von Garnelen: Die Beteiligung und auch die ermittelten Ergebnisse waren deutlich besser, sehr viele Produktionsstätten konnten inspiziert werden. Über alle bisher durchgeführten Projekte betrachtet, haben mehr als drei Viertel der Anbieter mit der Stiftung kooperiert. Der sich abzeichnende Trend lässt hoffen, dass der Anteil der Verweigerer in Zukunft noch geringer sein wird.
Dr. Holger Brackemann
STIFTUNG WARENTEST
Abteilungsleiter Produkttests II
Die STIFTUNG WARENTEST hat deshalb im Jahr 2004 begonnen, den Lesern der Zeitschrift "test" bei ausgewählten Projekten über Preis und Qualität der Produkte hinaus auch Informationen zum sozialen und ökologischen Kontext von deren Herstellung zu geben. Für diese neue Untersuchungsform hat sich der Begriff "CSR-Test" (CSR = Corporate Social Responsibility) eingebürgert.
Für diese Tests wurden zunächst unter Beteiligung verschiedener Interessengruppen (u. a. Umweltverbände, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, unabhängige Sachverständige) Kriterien entwickelt, die das soziale und ökologische Engagement der Anbieter charakterisieren (die Kriterien sind unter www.test.de/csr einsehbar). Dabei zeigte sich eine hohe Übereinstimmung der beteiligten Fachleute, welche Kriterien für eine bestimmte Wertschöpfungskette relevant sind.
Danach wurden die in den Test einbezogenen Unternehmen durch Versendung eines Fragebogens nach ihren Leistungen in diesen Bereichen befragt. Typische Fragen betrafen die Bedingungen in den Fertigungsstätten: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Einhaltung von Mindestsozialstandards zu gewährleisten? Welche Vorgaben zum Umweltschutz gibt es? Aber auch die Leistungen der Unternehmen am Hauptsitz waren Gegenstand der Untersuchungen, z.B. hinsichtlich der Familienfreundlichkeit der Arbeitsbedingungen oder der Sorgfalt bei der Bearbeitung von Verbraucheranfragen.
Die bundesweite Informationskampagne "fair feels good", ECO-World und das gepa Fair Handelshaus werben für den Fairen handel. Denn der Kick mit fair gehandelten Fußbällen kann das Leben der Menschen lebenswerter machen, die die Bälle in Pakistan in kleinen Nähbetrieben traditionell aus 32 Waben mit rund 670 Stichen von Hand zusammennähen.
Wer blockt, fällt auf
Die Antworten wurden zunächst mit anderen verfügbaren Informationen aus Medien und von Nichtregierungsorganisationen verglichen. In einem aufwändigen weiteren Überprüfungsschritt haben dann von der Stiftung beauftragte Sachverständige die gemachten Angaben stichprobenartig an den Firmensitzen und Fertigungsstätten überprüft. Natürlich nur, wenn dies von den Unternehmen ermöglicht wurde. Hier wird ein wichtiger Unterschied zu den meisten anderen Untersuchungen der STIFTUNG WARENTEST, insbesondere zu den Gerätetests deutlich: Während eine Waschmaschine getestet werden kann, auch ohne dass der Anbieter dazu sein Einverständnis erklärt, ist die Stiftung bei den CSR-Tests auf die Mitwirkung der Unternehmen angewiesen. Sie kann niemanden zwingen, die Fragen zu beantworten und den beauftragten Sachverständigen die Tore zu öffnen. Allerdings wird die Verweigerungshaltung öffentlich gemacht. Dass dieses Instrument nicht wirkungslos ist, zeigt die Haltung eines bisherigen Hardliners unter den Discountern (Lidl): Bei den ersten Tests verweigerte die Firma jegliche Beteiligung. Inzwischen hat offensichtlich ein Umdenken stattgefunden und die gewünschten Informationen wurden - wenn auch nur teilweise - zur Verfügung gestellt. Auch andere Discounter ließen erkennen, zukünftig zur Kooperation bereit zu sein.
Der offzielle WM-Ball ist Testsieger
Neben der Qualität der Bälle stand auch die Verantwortung der Hersteller auf dem Prüfstand. Hier zeigen sich erfreuliche Tendenzen: Kinderarbeit ist in der Branche weitgehend verbannt und zumindest die großen Marken zeigen deutliche soziale und ökologische Anstrengungen. Der Lohnanteil der Arbeiter ist jedoch nach wie vor minimal: Von den 100 Euro für einen handgenähten Fußball bekommt der Näher gerade mal rund 60 Cent.
Das Engagement der Unternehmen und auch die Beteiligung an den CSR-Tests sind in den Branchen unterschiedlich ausgeprägt. So war bei einer Untersuchung von ferngesteuertem Spielzeug in keinem einzigen Fall eine Inspektion der (ausnahmslos in China gelegenen) Fertigungsstätten möglich. Anders das Bild bei einem Test von Garnelen: Die Beteiligung und auch die ermittelten Ergebnisse waren deutlich besser, sehr viele Produktionsstätten konnten inspiziert werden. Über alle bisher durchgeführten Projekte betrachtet, haben mehr als drei Viertel der Anbieter mit der Stiftung kooperiert. Der sich abzeichnende Trend lässt hoffen, dass der Anteil der Verweigerer in Zukunft noch geringer sein wird.
Die Reaktionen der Leser auf diesen neuen Untersuchungsansatz waren überwiegend positiv. Die STIFTUNG WARENTEST wird daher auch in Zukunft etwa drei bis vier ausgewählte Produkttests pro Jahr um CSR-Untersuchungen ergänzen. Bemerkenswert ist ferner, dass in einer Umfrage ein Viertel der befragten Abonnenten der Zeitschrift "test" angaben, sich bei Kaufentscheidungen für das Produkt Tiefkühllachs schon an den CSR-Ergebnissen orientiert zu haben. Die Antworten wurden nur gezählt, wenn auch die plausible Nennung eines Anbieters erfolgte. Die Stiftung wird auch in Zukunft die Reaktionen der Leser im Hinblick auf das weitere Vorgehen beobachten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit Zunahme der globalen Arbeitsteilung und großer internationaler Anbieter die Bedeutung dieser Fragestellungen eher zu- als abnehmen wird.
Von Dr. Holger Brackemann
Dr. Holger Brackemann
STIFTUNG WARENTEST
Abteilungsleiter Produkttests II
Quelle:
Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 25.07.2006
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