"Wo liegt Deutschlands wahrer Wohlstand?"
Anmerkungen des Denkwerks Zukunft zum Enquette-Bericht
Zwischenruf von Petra Pinzler
Auf der Suche nach modernen Antworten schwankt der Bundestag zwischen Erkenntnisinteresse und Verlustängsten.
Es war ein großes Versprechen. Da hatte der Bundestag vor gut einem Jahr die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" eingerichtet. In der sollten Abgeordnete und Experten über Parteigrenzen hinweg debattieren, ob Deutschlands Wirtschaftswachstum an Grenzen stoßen kann und welche Konsequenzen das hätte: Woher kommt dann noch Wohlstand, wie kann die Politik für gute Lebensqualität sorgen?
Leider ist die Zwischenbilanz nach einem Jahr wenig erfreulich. Zwar präsentierten in den öffentlichen Sitzungen kluge Fachleute viele Fakten über Wachstum, dessen ökologische Nebenwirkungen, über Fortschritt und neue Wohlstandsmaße. Doch spannend und kontrovers debattiert wurde darüber meist hinter verschlossenen Türen und so interessieren sich die Medien heute kaum noch für die Enquete. Zudem ist die wichtige Arbeitsgruppe 1, die sich mit dem Stellenwert des Wachstums beschäftigen und ihre Erkenntnisse eigentlich in diesen Wochen präsentieren sollte, heillos zerstritten. Vor allem die FDP verweigert sich dem Nachdenken darüber, wie ein Land auch mit sinkenden Wachstumsraten wohlhabend bleiben kann und fordert für ihre Blockade von der CDU Koalitionsloyalität. Darüber wächst wiederum bei Grünen, SPD und Linken der Frust. Und so schwindet die Chance, diese so wichtige Frage jenseits der klassischen Parlamentslogik (Opposition versus Koalition) zu diskutieren.
Ein wenig Optimismus kann man indes aus der Arbeit anderer Gruppen und einzelner Experten schöpfen: Ein interessanter Zwischenbericht beschreibt die Suche nach besseren Maßstäben für Wohlstand, die das BIP ersetzten oder ergänzen könnten. Die Arbeitsgruppe, die sich mit dem Ressourcenverbrauch und der Entkoppelung beschäftigt, verspricht gute Ergebnisse. Und auch die Zwischenbilanz, die die Vorsitzende Daniela Kolbe (SPD) und Matthias Zimmer (CDU) ziehen, beschreibt zumindest die Probleme, denen sich Deutschland stellen muss, auf interessante Weise.
Ob das aber reicht, damit am Ende doch noch ein breiteres Publikum neu über Wachstum und Wohlstand nachdenkt? Es wäre so sehr zu hoffen!
Petra Pinzler ist Autorin des Buches "Immer mehr ist nicht genug. Vom Wachstumswahn zum Bruttosozialglück".
Auf der Suche nach modernen Antworten schwankt der Bundestag zwischen Erkenntnisinteresse und Verlustängsten.
Petra Pinzler © denkwerkzukunft.de |
Es war ein großes Versprechen. Da hatte der Bundestag vor gut einem Jahr die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" eingerichtet. In der sollten Abgeordnete und Experten über Parteigrenzen hinweg debattieren, ob Deutschlands Wirtschaftswachstum an Grenzen stoßen kann und welche Konsequenzen das hätte: Woher kommt dann noch Wohlstand, wie kann die Politik für gute Lebensqualität sorgen?
Leider ist die Zwischenbilanz nach einem Jahr wenig erfreulich. Zwar präsentierten in den öffentlichen Sitzungen kluge Fachleute viele Fakten über Wachstum, dessen ökologische Nebenwirkungen, über Fortschritt und neue Wohlstandsmaße. Doch spannend und kontrovers debattiert wurde darüber meist hinter verschlossenen Türen und so interessieren sich die Medien heute kaum noch für die Enquete. Zudem ist die wichtige Arbeitsgruppe 1, die sich mit dem Stellenwert des Wachstums beschäftigen und ihre Erkenntnisse eigentlich in diesen Wochen präsentieren sollte, heillos zerstritten. Vor allem die FDP verweigert sich dem Nachdenken darüber, wie ein Land auch mit sinkenden Wachstumsraten wohlhabend bleiben kann und fordert für ihre Blockade von der CDU Koalitionsloyalität. Darüber wächst wiederum bei Grünen, SPD und Linken der Frust. Und so schwindet die Chance, diese so wichtige Frage jenseits der klassischen Parlamentslogik (Opposition versus Koalition) zu diskutieren.
Ein wenig Optimismus kann man indes aus der Arbeit anderer Gruppen und einzelner Experten schöpfen: Ein interessanter Zwischenbericht beschreibt die Suche nach besseren Maßstäben für Wohlstand, die das BIP ersetzten oder ergänzen könnten. Die Arbeitsgruppe, die sich mit dem Ressourcenverbrauch und der Entkoppelung beschäftigt, verspricht gute Ergebnisse. Und auch die Zwischenbilanz, die die Vorsitzende Daniela Kolbe (SPD) und Matthias Zimmer (CDU) ziehen, beschreibt zumindest die Probleme, denen sich Deutschland stellen muss, auf interessante Weise.
Ob das aber reicht, damit am Ende doch noch ein breiteres Publikum neu über Wachstum und Wohlstand nachdenkt? Es wäre so sehr zu hoffen!
Petra Pinzler ist Autorin des Buches "Immer mehr ist nicht genug. Vom Wachstumswahn zum Bruttosozialglück".
Quelle:
Gesellschaft | Politik, 13.03.2012
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