BIOFACH 2025

Nachhaltigkeit - ein Buch mit vielen Siegeln

Aktuelle Verbraucherstudie deckt Motive beim Kauf nachhaltiger Produkte auf

Das Thema Nachhaltigkeit ist seit Jahren in aller Munde. Aber: Landen nachhaltige Produkte auch wirklich im Einkaufskorb der deutschen Verbraucher? Dass Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle im Kaufentscheid spielt, ist mittlerweile unstrittig - aber was verstehen Konsumenten wirklich unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit? Welche Rolle spielen Siegel? Und wie können Unternehmen Nachhaltigkeit wirksam und effizient kommunizieren?

Hohe Glaubwürdigkeit bei gleichzeitig hoher Passung zum Thema Nachhaltigkeit für die Kennzeichnunge uns "Siegel" Bioland, Fairtrade, WWF und Ökotest
Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut TheConsumerView hat das Beratungsunternehmen Edelman diese Fragen in der ersten Verhaltensstudie zum Thema "Nachhaltigkeit im Kaufentscheid" bei Produkten des alltäglichen Gebrauchs untersucht. Aus einer repräsentativen bundesweiten Stichprobe von 2.000 Personen nahmen 404 Personen, die eine hohe Affinität zu nachhaltigem Konsum zeigen, an der Studie teil. Die Gruppe wurde maßgeblich bestimmt von Frauen im Alter von 30-50 Jahren, in Familie lebend. Mit Hilfe eines zweiwöchigen Einkauftagebuchs wurden innerhalb dieser qualitativen Studiengruppe belastbare Daten zu Motiven und - erstmalig - auch zu den tatsächlichen Handlungsmustern beim Kauf nachhaltiger Produkte ermittelt.

Kernergebnis: zwischen Wille und Wirklichkeit

Die Mehrheit der nachhaltigkeitsinteressierten Verbraucher weiß in der Theorie überraschend gut über das Thema Nachhaltigkeit Bescheid - und das bei einer offenen Fragestellung. Genau genommen wissen zwei Drittel der befragten Verbraucher, dass mit nachhaltigem Handeln von Unternehmen der bewusste Umgang mit Ressourcen, Umweltschutz allgemein oder zukunftsorientiertes Vorgehen gemeint ist. Auch die Auswertung der Einkaufstagebücher ergab, dass das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile bei jeder fünften Kaufentscheidung eine Rolle spielt. Trotzdem fällt es den Verbrauchern bei der Auswahl am Regal schwer, tatsächlich nachhaltige Artikel zu erkennen. Woran liegt das?


Im Durchschnitt über alle Kategorien spielt Nachhaltigkeit bei jedem 5. Kaufentscheid (22%) eine Rolle. Babynahrung, Fleisch/ Fisch/ Wurstwaren und Obst/ Gemüse sind die Top 3 Kategorien bezüglich Nachhaltigkeit.
Kein Licht im Dickicht des Dschungels

Die Vielzahl und Vielfalt an Nachhaltigkeits-Siegeln und -Kennzeichnungen ist ein Grund dafür, warum die Verbraucher bei der Kaufentscheidung völlig verwirrt sind. Was dem nachhaltigkeitsorientierten Konsumenten ursprünglich als Entscheidungshilfe dienen sollte, entpuppt sich heute als Siegel-Dschungel: Die großen und bekannten Siegel wurden von den Befragten zumeist richtig erkannt und generell als nachhaltig bewertet: Jenseits des staatlichen Bio-Siegels stehen der Bioland-Verband, die Fairtrade-Kennzeichnung (u.a. für faire Rohstoffpreise), das Logo der Natur- und Artenschutz-Organisation WWF und des Verbrauchermagazins Ökotest auf dem Siegertreppchen. Die spezifischen Nachhaltigkeits-Siegel aber, wie das Forest- oder Marine Stewardship Council-Siegel, landeten in der Auswertung eher im hinteren Mittelfeld. Die Verwirrung darüber, was wirklich nachhaltig ist, führt dazu, dass zwei Drittel der Verbraucher einem Nachhaltigkeits-Siegel nur dann vertrauen, wenn es staatlich anerkannt ist. 82 Prozent der Befragten wünschen sich eine einheitliche Kennzeichnung, um nachhaltige Produkte besser beurteilen zu können.

Ein weiteres Motiv ist, dass die Nachhaltigkeitskommunikation der Unternehmen als undurchsichtig wahrgenommen wird. Die Hälfte der Befragten findet die erhältlichen Informationen zum Thema Nachhaltigkeit generell oft unverständlich und widersprüchlich. Wenn diese direkt vom Hersteller kommen, werden sie sogar als unglaubwürdig erachtet - ein Hemmnis für das Thema Nachhaltigkeit, um wirklich aus der Nische zu kommen.

Investition in nachhaltige Kommunikation

Die Studienergebnisse unterstreichen, wie abstrakt und verschwommen der Gegenstand Nachhaltigkeit in der Praxis ist. Unternehmen und Marken müssen ganz konkret für den Verbraucher definieren und so transparent und nachvollziehbar vermitteln, welcher Beitrag zum Ressourcenschutz genau geleistet wird. So ist es z. B. auch in der Partnerschaft mit Siegeln sinnvoll, zunächst deren Aufgabe und Bedeutung in den Fokus der Kommunikation zu rücken. "Die Studie zeigt deutlich, dass die Konsumenten verstehen wollen, inwieweit das nachhaltige Handeln von Unternehmen durch den Kauf des Artikels unterstützt wird", resümiert Jörg Rosenbauer, Geschäftsführer von TheConsumerView, "ansonsten werden sie immer zuerst zu dem Produkt mit einem Siegel oder Slogan greifen, welche sie auf den ersten Blick wiedererkennen und dem sie vertrauen".
 
 
Von Anja Guckenberger und Catharina Brinckmann
 
 
 
Im Profil

Anja Guckenberger und Catharina Brinckmann sind für das PR-Beratungsunternehmen Edelman tätig.

Anja.Guckenberger@edelman.com
Catharina.Brinckmann@edelman.com

Quelle:
Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 22.03.2012

     
        
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