Burnout verhindern
Was Unternehmen tun können
Als die Gesellschaft für Deutsche Sprache Mitte Dezember 2011 das Wort des Jahres kürte, kam Burnout auf Rang 6 mit der Begründung, Burnout sei "zunehmend als Ausdruck der Probleme unserer heutigen schnelllebigen Zeit zu verstehen und verbreite sich als Begriff derzeit geradezu inflationär". Realität ist, dass Arbeitsunfähigkeitszeiten und Verrentungen wegen Erwerbsminderung in Deutschland zu einem immer höheren Anteil aufgrund psychischer Erkrankungen entstehen. Die sich daraus ergebenden Kosten gehen Jahr für Jahr in die Milliarden. Grund genug, dass Entscheider das Problem anerkennen und Unternehmen für Prävention sorgen sollten.
Ob die Zunahme psychischer Erkrankungen tatsächlich durch Burnout bedingt ist, bleibt unklar: Burnout taucht in medizinischen Statistiken nicht als eigenständige Diagnose auf, somit wird dessen Häufigkeit nicht korrekt erfasst. Bereits die Einstufung von Burnout ist noch immer umstritten: Ist es eher eine Depression oder eine Stressreaktion, eine Überlastungserschöpfung, eine Angsterkrankung?
Diese vielen Unklarheiten fördern die Ausbreitung des Begriffs, weil man darunter nahezu verstehen kann, was man will. Häufig wird der Ausdruck Burnout benutzt, um eine manifeste psychische Störung wie eine Depression nicht als solche bezeichnen zu müssen. Wer Burnout hat, so die allgemeine Meinung, hat sich für die Arbeit aufgeopfert, wer suchtkrank oder depressiv wird, ist selbst "schuld" oder "schwach".
Aufklärung ist deshalb dringend nötig:
Burnout-begünstigende Faktoren
In der Anfangsphase sind die Betroffenen hyperaktiv: Sie tun zu viel, arbeiten sich auf, nehmen stetig neue Herausforderungen an. Damit lassen sich kurz- bis mittelfristig wirtschaftlich höhere Erträge erzielen, welche dem Unternehmen zugutekommen. Langfristig rechnet es sich nicht: Ohne Intervention folgen das Übergangs- und das Endstadium von Burnout. Betroffene beklagen ihre emotionale Erschöpfung ("Ich kann nicht mehr", "Es hat alles keinen Sinn"). Soziale Vereinsamung kommt hinzu, die Leistungsfähigkeit nimmt stetig ab, die Motivation sinkt, Fehlentscheidungen werden häufiger, Suchtprobleme treten auf.
Persönliche Ursachen
Psychische Erkrankungen lassen sich regelhaft in die Kindheit zurückverfolgen, das gilt auch für Burnout. Es entsteht niemals grundlos und auch nicht nur deshalb, weil es schlechte Arbeitsbedingungen gibt. Burnout entwickelt sich, wenn bestimmte Persönlichkeitseigenschaften bestehen und zugleich Anforderungen von außen einwirken, welche mit den vorhandenen, persönlichen Ressourcen nicht gelöst werden können. Burnout-gefährdet sind emotional labile Menschen, welche perfektionistische Neigungen haben, mehr als nötig auf sich selbst beziehen und einen gewissen Machtanspruch haben, der nicht unbedingt sichtbar sein muss. Burnout-Gefährdete sind nicht einfach so zu erkennen - und sie finden sich bevorzugt in Berufen und Positionen, welche ohnehin ein höheres Burnout-Risiko haben. Dieses trifft in manchen Bereichen (Lehrer) weit über 30 Prozent aller dort Tätigen, in sozialen Berufsfeldern muss man von 25 bis 30 Prozent, im Managementbereich kann man von ca. 20 Prozent Risiko ausgehen. Es gibt Berufe, beispielsweise im Handwerk, in denen zwischenmenschlicher Kontakt nicht der vorrangige Inhalt der Tätigkeit ist. In diesen Berufen tritt Burnout nur selten auf. Je häufiger die Berufstätigkeit in Zweierbeziehungen abläuft (wie Führungskraft und Mitarbeiter oder Arzt und Patient) und diese Beziehungen nicht auf gleicher Augenhöhe sind (Macht- oder Wissensunterschiede), umso wahrscheinlicher wird Burnout.
Ursachen im Berufsumfeld
Auch wenn die meisten glauben, dass allein höhere Leistungsanforderungen Burnout verursachen: Wissenschaftlich gesichert ist diese Meinung keineswegs. Wahrscheinlich müssen neben der persönlichen Neigung mehrere äußere Auslöser (Tabelle 1) vorhanden sein, damit Burnout entsteht. Solche Auslöser können auch privater Natur sein.
Kernfragen zur individuellen Burnout-Prävention beziehen sich dabei immer jeweils auf einen Inhaltsaspekt
Damit es nicht zu Burnout kommt, sollte präventiv getan werden, was möglich ist. Dafür gibt es erfolgversprechende Möglichkeiten, wie z.B. das 12-Stufen-Programm mit konkreten Zielen (Tabelle 2). Es ist sinnvoll, wenn Unternehmen entsprechende Schulungen anbieten, um einen wesentlichen Teil der Verantwortung bei dem zu belassen, der vorrangig für sein eigenes Wohlempfinden verantwortlich ist: der Mitarbeiter selbst!
Maßnahmen für Unternehmen
Wirksame Burnout-Präventionsprogramme sind individuell auf Unternehmen und deren Mitarbeiter auszurichten. Bisher werden sie von deutschen Unternehmen kaum eingesetzt, die Auseinandersetzung mit seelischen Inhalten wird nach wie vor gescheut - und mit der Etablierung von Entspannungs- oder Fitnessübungen ist es nun einmal nicht getan. Unternehmen sollten Bedingungen schaffen, die Burnouterscheinungen vorbeugen. Es ist eine von Würdigung, Respekt, Grenzwahrung und Mitmenschlichkeit geprägte Arbeitswelt anzustreben (Tabelle 3). Eine solche Firmenkultur kann im Wesentlichen unabhängig von der Unternehmensgröße erreicht werden. Das zentrale Ziel muss sein, Unzufriedenheit beim Mitarbeiter zu vermeiden, weil sie das führende Gefühl bei Burnout ist.
Wenn ein Mitarbeiter trotz all dieser Maßnahmen Burnout entwickelt, ist es wichtig, dies so rasch wie möglich zu erkennen, in Dialog zu treten und Kontakt zu spezialisierten Therapeuten oder Coachs aufzunehmen.
Jeder Mensch unterscheidet sich in seinen Erfahrungen und Erinnerungen, daher sollte Burnout Prävention individuell angepasst erfolgen.
Burnout-Prävention in Unternehmen
Jeder Mensch unterscheidet sich in seinen Erfahrungen und Erinnerungen, daher sollte Burnout Prävention individuell angepasst erfolgen |
Ob die Zunahme psychischer Erkrankungen tatsächlich durch Burnout bedingt ist, bleibt unklar: Burnout taucht in medizinischen Statistiken nicht als eigenständige Diagnose auf, somit wird dessen Häufigkeit nicht korrekt erfasst. Bereits die Einstufung von Burnout ist noch immer umstritten: Ist es eher eine Depression oder eine Stressreaktion, eine Überlastungserschöpfung, eine Angsterkrankung?
Diese vielen Unklarheiten fördern die Ausbreitung des Begriffs, weil man darunter nahezu verstehen kann, was man will. Häufig wird der Ausdruck Burnout benutzt, um eine manifeste psychische Störung wie eine Depression nicht als solche bezeichnen zu müssen. Wer Burnout hat, so die allgemeine Meinung, hat sich für die Arbeit aufgeopfert, wer suchtkrank oder depressiv wird, ist selbst "schuld" oder "schwach".
Aufklärung ist deshalb dringend nötig:
Burnout-begünstigende Faktoren
- Berufstypische Inhalte
- zu geringer Einfluss
- Monotonie
- Wertekonflikte
- hohe inhaltliche Belastungen
- Zeitdruck
- zu lange Arbeitszeit
- ungenügende innerbetriebliche Kommunikation
- räumliche Isolation
- starre Strukturen
- starke Reglementierungen
- widersprüchliche Vorgaben
- fehlende Wertschätzung
- fehlendes oder falsches Feedback
- mangelnde soziale Unterstützung
- sich fremdbestimmt fühlen
In der Anfangsphase sind die Betroffenen hyperaktiv: Sie tun zu viel, arbeiten sich auf, nehmen stetig neue Herausforderungen an. Damit lassen sich kurz- bis mittelfristig wirtschaftlich höhere Erträge erzielen, welche dem Unternehmen zugutekommen. Langfristig rechnet es sich nicht: Ohne Intervention folgen das Übergangs- und das Endstadium von Burnout. Betroffene beklagen ihre emotionale Erschöpfung ("Ich kann nicht mehr", "Es hat alles keinen Sinn"). Soziale Vereinsamung kommt hinzu, die Leistungsfähigkeit nimmt stetig ab, die Motivation sinkt, Fehlentscheidungen werden häufiger, Suchtprobleme treten auf.
Persönliche Ursachen
Psychische Erkrankungen lassen sich regelhaft in die Kindheit zurückverfolgen, das gilt auch für Burnout. Es entsteht niemals grundlos und auch nicht nur deshalb, weil es schlechte Arbeitsbedingungen gibt. Burnout entwickelt sich, wenn bestimmte Persönlichkeitseigenschaften bestehen und zugleich Anforderungen von außen einwirken, welche mit den vorhandenen, persönlichen Ressourcen nicht gelöst werden können. Burnout-gefährdet sind emotional labile Menschen, welche perfektionistische Neigungen haben, mehr als nötig auf sich selbst beziehen und einen gewissen Machtanspruch haben, der nicht unbedingt sichtbar sein muss. Burnout-Gefährdete sind nicht einfach so zu erkennen - und sie finden sich bevorzugt in Berufen und Positionen, welche ohnehin ein höheres Burnout-Risiko haben. Dieses trifft in manchen Bereichen (Lehrer) weit über 30 Prozent aller dort Tätigen, in sozialen Berufsfeldern muss man von 25 bis 30 Prozent, im Managementbereich kann man von ca. 20 Prozent Risiko ausgehen. Es gibt Berufe, beispielsweise im Handwerk, in denen zwischenmenschlicher Kontakt nicht der vorrangige Inhalt der Tätigkeit ist. In diesen Berufen tritt Burnout nur selten auf. Je häufiger die Berufstätigkeit in Zweierbeziehungen abläuft (wie Führungskraft und Mitarbeiter oder Arzt und Patient) und diese Beziehungen nicht auf gleicher Augenhöhe sind (Macht- oder Wissensunterschiede), umso wahrscheinlicher wird Burnout.
Ursachen im Berufsumfeld
Auch wenn die meisten glauben, dass allein höhere Leistungsanforderungen Burnout verursachen: Wissenschaftlich gesichert ist diese Meinung keineswegs. Wahrscheinlich müssen neben der persönlichen Neigung mehrere äußere Auslöser (Tabelle 1) vorhanden sein, damit Burnout entsteht. Solche Auslöser können auch privater Natur sein.
Kernfragen zur individuellen Burnout-Prävention beziehen sich dabei immer jeweils auf einen Inhaltsaspekt
- Realitätsakzeptanz: Wo stehe ich eigentlich?
- Ressourcensammlung: Welche sind meine wirkungsvollen Potenziale?
- Selbstverständnis: Wie bin ich wirklich?
- Zeitsouveränität: Für was will ich mir Zeit nehmen?
- Selbstbestimmtheit: Wo setze ich mir und anderen Grenzen?
- Zufriedenheitskonstanz: Welche meiner Bedürfnisse sollte ich befriedigen?
- Stresstoleranz: Was kann ich für mich tun, um stabil zu sein?
- Beziehungskompetenz: Welche emotionalen Kompetenzen kann ich nutzen?
- Situationstoleranz: Wie gehe ich wirkungsvoll mit Situationen um, die mich belasten?
- Rollensicherheit: Welche Rollen sollte ich aufgeben - und welche stärken?
- Zielerkennung: Wohin will ich wirklich?
- Sinnannäherung: Was will und kann ich wirklich?
Damit es nicht zu Burnout kommt, sollte präventiv getan werden, was möglich ist. Dafür gibt es erfolgversprechende Möglichkeiten, wie z.B. das 12-Stufen-Programm mit konkreten Zielen (Tabelle 2). Es ist sinnvoll, wenn Unternehmen entsprechende Schulungen anbieten, um einen wesentlichen Teil der Verantwortung bei dem zu belassen, der vorrangig für sein eigenes Wohlempfinden verantwortlich ist: der Mitarbeiter selbst!
Maßnahmen für Unternehmen
Wirksame Burnout-Präventionsprogramme sind individuell auf Unternehmen und deren Mitarbeiter auszurichten. Bisher werden sie von deutschen Unternehmen kaum eingesetzt, die Auseinandersetzung mit seelischen Inhalten wird nach wie vor gescheut - und mit der Etablierung von Entspannungs- oder Fitnessübungen ist es nun einmal nicht getan. Unternehmen sollten Bedingungen schaffen, die Burnouterscheinungen vorbeugen. Es ist eine von Würdigung, Respekt, Grenzwahrung und Mitmenschlichkeit geprägte Arbeitswelt anzustreben (Tabelle 3). Eine solche Firmenkultur kann im Wesentlichen unabhängig von der Unternehmensgröße erreicht werden. Das zentrale Ziel muss sein, Unzufriedenheit beim Mitarbeiter zu vermeiden, weil sie das führende Gefühl bei Burnout ist.
Wenn ein Mitarbeiter trotz all dieser Maßnahmen Burnout entwickelt, ist es wichtig, dies so rasch wie möglich zu erkennen, in Dialog zu treten und Kontakt zu spezialisierten Therapeuten oder Coachs aufzunehmen.
Jeder Mensch unterscheidet sich in seinen Erfahrungen und Erinnerungen, daher sollte Burnout Prävention individuell angepasst erfolgen.
Burnout-Prävention in Unternehmen
- Klare Vorgaben
- Verbot, von zu Hause aus zu arbeiten
- Arbeitszeiten einhalten: Überstundenbeschränkungen
- Grundregel: So weit wie möglich flexibel, so gering wie nötig starr
- flache Hierarchien
- Transparenz und Eindeutigkeit schaffen
- keinen Zeitdruck aufbauen/zulassen
- jedes Meeting auf Notwendigkeit prüfen
- jeden bürokratischen Akt auf Notwendigkeit prüfen
- Verantwortung an Mitarbeiter weitgehend abgeben, ohne sie zu überlasten
- Arbeit anerkennen, verbal und materiell
- Kontakt und Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen
- Kinderbetreuungsmöglichkeiten bieten
- Hilfe bei persönlichen Problemen anbieten oder ansprechen
- Grundregel: Die Zufriedenheit des Mitarbeiters ist das zentrale Ziel
- körperlichen Ausgleich bieten
- Allgemeine Gesundheitsinhalte ansprechen (Bewegung, Ernährung, Ausgleichsmethoden wie Entspannungsübungen)
Von Thomas M.H. Bergner
Im Profil Dr. med. Thomas M.H. Bergner ist Geschäftsführer der bergner.cc coaching communication. info@bergner.cc Sein Buch: Burnout-Prävention. Sich selbst helfen - das 12-Stufen-Programm. Stuttgart: Schattauer 2010 Zum Weiterlesen: Christine Maslach, Michael P. Leiter: Die Wahrheit über Burnout. Stress am Arbeitsplatz und was Sie dagegen tun können. Springer 2001. Klaus Merg, Torsten Knödler: Überleben im Job. Redline Wirtschaft 2007. |
Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 16.04.2012
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