Neue Management-Systeme verbinden Effizienz und Menschlichkeit
Dem Business Kraft und Richtung verleihen
Das Thema Mitarbeitermotivation brennt den meisten Firmen unter den Nägeln, denn immer mehr Studien zeigen, dass es Führungskräften häufig nicht gelingt, das Engagement ihrer Mitarbeiter in die richtigen Bahnen zu lenken und diese so einzubinden, dass sie sich als wertvolle und zugleich gestaltende Mitglieder des Unternehmens erfahren. Als Hemmschuh erweist sich auch, dass viele Firmen zwar flexible Strukturen beschwören, letztlich aber von einer Top-Down-Hierarchie geprägt sind, die Initiativen "von unten" nur allzu leicht an sich abprallen lässt. Das frustriert nicht nur engagierte Mitarbeiter, sondern geht auch zu Lasten der Effizienz.
In den letzten Jahren haben sich verschiedene Ansätze herauskristallisiert, die sich diesen Herausforderungen stellen. Die aus den Vereinigten Staaten stammende Methode Holacracy bietet Instrumente an, die eine sachorientierte Zusammenarbeit fördern, klare Hierarchien definieren und die Kommunikation zwischen Arbeitsgruppen oder Geschäftsbereichen so miteinander verzahnen, dass Informationen dorthin fließen, wo sie gebraucht werden. Die damit verbundene Strukturierung von Tätigkeitsfeldern, Rollen und Arbeitsprozessen erleichtert es allen Beteiligten, das übergeordnete Ziel optimal zu unterstützen und eine gemeinsame Perspektive entstehen zu lassen, die über persönliche Beweggründe oder typische Business-Egoismen weit hinausgeht. Denn letztlich hängt der Erfolg von Unternehmen oder sozialen Organisationen davon ab, wie verbindlich sich alle Beteiligten auf übergeordnete Ziele einlassen. Das zu erkennen und dann auch zu leben, setzt in gewisser Weise einen Bewusstseinswandel voraus.
Bewusstsein und Business gleichermaßen entwickeln
Diese Frage der Bewusstseinsentwicklung, vor allem im Hinblick auf Führungsfähigkeiten und Selbstverantwortung und damit die Evolutionsfähigkeit einer Organisation, stellt die Beratungsgesellschaft Growth River bei dem von ihr entwickelten Managementsystem in den Mittelpunkt. "Emotionen kann man nicht ausblenden, aber wenn es gelingt, ihnen eine konstruktive Richtung zu verleihen und sie auf ein überindividuelles Ziel zu richten, gewinnen Organisationen an Fahrt", erklärt Richard S. Hawkes, Gründer der amerikanischen Beratungsgesellschaft Growth River, die auch in Deutschland tätig ist. Seiner Erfahrung nach können die Gefühle, die Mitarbeiter ihrem Tun entgegenbringen, verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. "Häufig steht anfangs die eigene Sicherheit im Vordergrund. Fühlen sich Mitarbeiter aufgehoben, können sie sich emotional mit ihrem Team und dessen Aufgabe verbinden. Und wenn Menschen sich weiter entwickeln, gelingt es ihnen schließlich, sich auf die höhere Bestimmung, der eine Firma im Ganzen dient, auszurichten", erklärt Hawkes.
In der Praxis ist dieser Prozess nicht immer einfach und bedarf großer Ehrlichkeit aller Beteiligten sich selbst gegenüber. "Ich habe einmal eine renommierte amerikanische Bibliothek beraten, die historisch bedeutsame Werke sammelt, und deren Mitarbeiter mit großem Eifer bei der Sache waren. Doch die Institution als Ganzes erreichte ihre selbstgesetzten Ziele nicht und schien unter einer subtilen Form der Selbstsabotage zu leiden. In Gesprächen mit Mitarbeitern zeigte sich dann, dass viele von ihnen auch Eigeninteressen verfolgten, die dem Auftrag der Bibliothek zuwiderliefen. Sie erwarben beispielsweise der Bibliothek zum Ankauf angebotene Bücher für ihre private Buchsammlung", erzählt Hawkes. Das Tückische einer solchen Selbstbezogenheit: Sie muss nicht einmal dem bösen Willen geschuldet sein, sondern vollzieht sich häufig unbewusst. Mit dem Growth River Managementsystem versuchen Richard S. Hawkes und seine Berater, Dynamiken wie diese nachvollziehbar zu machen.
Die ewige Frage: Wer ist zuständig?
Ist die Frage emotionaler Bezüge zufriedenstellend für alle Beteiligten und im Hinblick auf das gemeinsame Ziel geklärt, wird der Blick frei für die Herausforderungen auf der Sachebene. In Unternehmen ist es gängige Praxis, für jeden Mitarbeiter eine Stellenbeschreibung zu formulieren, welche die Tätigkeiten, für die er verantwortlich ist, zusammenfasst. Der wunde Punkt: Solche Profile erfassen Aufgabenstellungen häufig nur auf der rein organisatorischen Ebene und vernachlässigen die Binnendynamik zwischen den Menschen. Das Managementsystem von Growth River wie auch Holacracy arbeiten deshalb mit Rollensystemen, die Aufgaben so miteinander verzahnen, dass Organisationen sich zu einem permanent beweglichen und wachsenden Gebilde entwickeln können, wobei Wachstum sich nicht allein auf quantitative Erträge, sondern auch auf qualitative Lösungen bezieht. "Gute Rollenmodelle schaffen ein Feld, in dem Mitarbeiter nicht nur die eigene Position im Blick haben, sondern mit ihrem ganzen Tun immer auch einen Beitrag dazu leisten, dass sich alle anderen Mitglieder des Gesamtsystems bestmöglich entwickeln können", erklärt Hawkes.
Ohne einen solchen verbindlichen Rahmen entsteht leicht das Dilemma des "Individual Contributors", wie Growth River das Phänomen beschreibt, bei dem Mitwirkende sich als "Beitragende" verstehen, die einer Organisation zwar ihre Zeit und Fähigkeiten zur Verfügung stellen, sich aber nicht auf die notwendigen wechselseitigen Verantwortlichkeiten einlassen.
Diese Gegenseitigkeit spielt auch in anderer Hinsicht eine tragende Rolle. Viele Firmen leiden darunter, dass Entscheidungs- und Steuerungsprozesse innerhalb der Hierarchien zumeist von oben nach unten verlaufen, es aber wenige oder gar keine Einflussmöglichkeiten von unten nach oben gibt. Diese Problematik adressiert Holacracy durch ein System dynamisch miteinander verbundener Kreise. Die Abteilungen eines Unternehmens, beispielsweise für Marketing, Vertrieb, Buchhaltung, Unternehmensführung, organisieren sich in jeweils eigenen Kreisen. Analog zu den Hierarchieebenen der Organisation werden diese Kreise durch jeweils zwei Personen miteinander verzahnt, so dass ein Vertreter des in der Hierarchie höher angesiedelten Kreises auch im rangniederen Mitglied ist und umgekehrt.
Diese doppelte Verbindung stellt sicher, dass Informationen in beide Richtungen fließen können und damit eine wirkliche Verbundenheit zwischen den Organisationseinheiten wächst (siehe auch Info-Kasten "Komplexität braucht dynamische Arbeitsprozesse").
Growth River hingegen fördert "natürliche Entwicklungspfade" von Organisationen durch aufeinander abgestimmte Phasen der Team-, Rollen- und Strategieentwicklung. In Coachings wird den Beteiligten ein auf Wachstum und Entfaltung bezogenes Denken und Handeln vermittelt, Fähigkeiten und das individuelle Engagement kommen auf den Prüfstand, die zur Verfügung stehenden Ressourcen werden analysiert und Arbeitsprozesse effektiv gestaltet.
Der Entwicklung eine Perspektive geben
"Wenn man die wechselseitige Verbindung der eigenen Aufgaben mit den Rollen der anderen Teammitglieder versteht, kann man überhaupt erst fragen, was die anderen von einem selbst brauchen", beschreibt Steffen Karneth einen Grundgedanken der evolutionären Entwicklung von Organisationen. Der deutsche Growth-River-Berater unterstützt gemeinsam mit seinem Kollegen Eb Schmidt die Deutschland-Zentrale der international tätigen, auf Kulturentwicklung ausgerichteten Organisation EnlightenNext bei der Fokussierung ihrer internen Strukturen.
Wie bei NGOs nicht untypisch, war die Motivation der zum größten Teil ehrenamtlichen Mitarbeiter sehr groß, doch auf der strukturellen Ebene haperte es. "Erste Engpässe, die wir analysiert haben, waren die öffentliche Wahrnehmbarkeit der Aktivitäten und fehlende Vertriebskonzepte für die angebotenen Dienstleistungen wie Magazine, Radiosendungen und Seminare", so Eb Schmidt. Das Portfolio der Organisation konnte sich sehen lassen, doch schien sie auf der Stelle zu treten. "Man muss sich das vorstellen wie ein mittelständisches Unternehmen, das gut am Markt etabliert ist, sich aber, um weiter wachsen zu können, intern erst neu organisieren muss", erklärt Inge Städtler, die im Frankfurter Bankwesen in einer Führungsposition tätig ist und die NGO im Bereich Fundraising unterstützt.
Die Berater entwickelten eine Matrix, die die einzelnen Geschäftsbereiche in ihren Strukturen und Verzahnungen klarer erkennbar macht und damit einen systematischen Gesamtblick auf die Organisation ermöglicht. "Das Arbeiten mit der Matrix hat meine Führungsrolle sehr positiv verändert", erklärt Dr. Tom Steininger, Leiter von EnlightenNext Deutschland/Schweiz. "Meine Verantwortung für die Entwicklung der Organisation ist auf der Meta-Ebene gewachsen und auch klarer erkennbar geworden. Dafür erliege ich nicht mehr der Versuchung, mich um jede Kleinigkeit selbst zu kümmern."
Der strukturierte Blick aufs Ganze hat dazu beigetragen, dass der Verein sich inzwischen viel effizienter aufgestellt hat. "Bevor wir die Matrix entwickelt haben, waren manche Aufgabenfelder überhaupt nicht richtig sichtbar ", so Steffen Karneth. Das Fundraising beispielsweise, das von Inge Städtler betreut wird, hatten viele Mitarbeiter nur aus den Augenwinkeln im Blick, da die Bankangestellte vergleichsweise selten in der Zentrale präsent ist. Da die Hälfte des Budgets auf Spenden beruht, ist dieser Arbeitsbereich jedoch einer der wichtigsten. "Durch die Neuausrichtung wurde mein Aufgabenfeld viel besser mit den angrenzenden Aktivitäten verzahnt. Die Verantwortlichkeiten an den Schnittstellen sind jetzt klar definiert", so die Wahrnehmung der Fundraiserin.
Wachstum - geschäftlich UND menschlich
Konventionelle Prozesse zur Organisationsentwicklung zeitigen vergleichbare Ergebnisse, doch Growth River geht mit seinem Modell noch weiter. "Wir unterstützen die Menschen in ihrem Entwicklungsprozess", sagt Steffen Karneth. Es geht also nicht nur um Effizienz im unternehmerischen Sinne, sondern auch um persönliches Wachstum.
"Die Systematisierung unserer Rollen und Funktionen hat für alle Mitarbeiter einen hohen Grad an Selbstverantwortung mit sich gebracht, aber auch die Notwendigkeit, die eigenen Führungsfähigkeiten weiterzuentwickeln", erklärt Inge Städtler Regelmäßige Selbsteinschätzungen der Mitarbeiter, verbunden mit 360-Grad-Feedbacks durch die Kollegen, fördern diesen Prozess, der, anders als häufig im konventionellen Business praktiziert, nicht einem darwinistischen Konkurrenzkampf den Weg bereitet, sondern eine Spirale des gemeinsamen Wachstums in Gang setzt.
Der Organisation ist es durch die Neustrukturierung gelungen, eine starke Motivation mit einer systematischen Geschäftsentwicklung zu verbinden. Eine Perspektive, die sowohl im konventionellen Business als auch für zivilgesellschaftliche Initiativen Vorbildcharakter haben könnte. Denn erst wenn Mensch und Organisation, persönliche Entfaltung und unternehmerische Ziele zu einem Prozess der wechselseitigen Verbundenheit und des ständigen Wachstums finden, gelingt es letztlich, den wirklich großen Ideen und Ambitionen zum Durchbruch zu verhelfen.
Konventionelle Top-Down-Führung - Informationen fließen von Einheit zu Einheit, aber nicht alle Einheiten sind miteinander verzahnt. |
Das Kreissystem von Holacracy verzahnt alle Organisationseinheiten miteinander. Die einzelnen Teams haben so direkten Kontakt zur Führungsspitze. |
Bewusstsein und Business gleichermaßen entwickeln
Diese Frage der Bewusstseinsentwicklung, vor allem im Hinblick auf Führungsfähigkeiten und Selbstverantwortung und damit die Evolutionsfähigkeit einer Organisation, stellt die Beratungsgesellschaft Growth River bei dem von ihr entwickelten Managementsystem in den Mittelpunkt. "Emotionen kann man nicht ausblenden, aber wenn es gelingt, ihnen eine konstruktive Richtung zu verleihen und sie auf ein überindividuelles Ziel zu richten, gewinnen Organisationen an Fahrt", erklärt Richard S. Hawkes, Gründer der amerikanischen Beratungsgesellschaft Growth River, die auch in Deutschland tätig ist. Seiner Erfahrung nach können die Gefühle, die Mitarbeiter ihrem Tun entgegenbringen, verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. "Häufig steht anfangs die eigene Sicherheit im Vordergrund. Fühlen sich Mitarbeiter aufgehoben, können sie sich emotional mit ihrem Team und dessen Aufgabe verbinden. Und wenn Menschen sich weiter entwickeln, gelingt es ihnen schließlich, sich auf die höhere Bestimmung, der eine Firma im Ganzen dient, auszurichten", erklärt Hawkes.
In der Praxis ist dieser Prozess nicht immer einfach und bedarf großer Ehrlichkeit aller Beteiligten sich selbst gegenüber. "Ich habe einmal eine renommierte amerikanische Bibliothek beraten, die historisch bedeutsame Werke sammelt, und deren Mitarbeiter mit großem Eifer bei der Sache waren. Doch die Institution als Ganzes erreichte ihre selbstgesetzten Ziele nicht und schien unter einer subtilen Form der Selbstsabotage zu leiden. In Gesprächen mit Mitarbeitern zeigte sich dann, dass viele von ihnen auch Eigeninteressen verfolgten, die dem Auftrag der Bibliothek zuwiderliefen. Sie erwarben beispielsweise der Bibliothek zum Ankauf angebotene Bücher für ihre private Buchsammlung", erzählt Hawkes. Das Tückische einer solchen Selbstbezogenheit: Sie muss nicht einmal dem bösen Willen geschuldet sein, sondern vollzieht sich häufig unbewusst. Mit dem Growth River Managementsystem versuchen Richard S. Hawkes und seine Berater, Dynamiken wie diese nachvollziehbar zu machen.
Die ewige Frage: Wer ist zuständig?
Ist die Frage emotionaler Bezüge zufriedenstellend für alle Beteiligten und im Hinblick auf das gemeinsame Ziel geklärt, wird der Blick frei für die Herausforderungen auf der Sachebene. In Unternehmen ist es gängige Praxis, für jeden Mitarbeiter eine Stellenbeschreibung zu formulieren, welche die Tätigkeiten, für die er verantwortlich ist, zusammenfasst. Der wunde Punkt: Solche Profile erfassen Aufgabenstellungen häufig nur auf der rein organisatorischen Ebene und vernachlässigen die Binnendynamik zwischen den Menschen. Das Managementsystem von Growth River wie auch Holacracy arbeiten deshalb mit Rollensystemen, die Aufgaben so miteinander verzahnen, dass Organisationen sich zu einem permanent beweglichen und wachsenden Gebilde entwickeln können, wobei Wachstum sich nicht allein auf quantitative Erträge, sondern auch auf qualitative Lösungen bezieht. "Gute Rollenmodelle schaffen ein Feld, in dem Mitarbeiter nicht nur die eigene Position im Blick haben, sondern mit ihrem ganzen Tun immer auch einen Beitrag dazu leisten, dass sich alle anderen Mitglieder des Gesamtsystems bestmöglich entwickeln können", erklärt Hawkes.
Ohne einen solchen verbindlichen Rahmen entsteht leicht das Dilemma des "Individual Contributors", wie Growth River das Phänomen beschreibt, bei dem Mitwirkende sich als "Beitragende" verstehen, die einer Organisation zwar ihre Zeit und Fähigkeiten zur Verfügung stellen, sich aber nicht auf die notwendigen wechselseitigen Verantwortlichkeiten einlassen.
Diese Gegenseitigkeit spielt auch in anderer Hinsicht eine tragende Rolle. Viele Firmen leiden darunter, dass Entscheidungs- und Steuerungsprozesse innerhalb der Hierarchien zumeist von oben nach unten verlaufen, es aber wenige oder gar keine Einflussmöglichkeiten von unten nach oben gibt. Diese Problematik adressiert Holacracy durch ein System dynamisch miteinander verbundener Kreise. Die Abteilungen eines Unternehmens, beispielsweise für Marketing, Vertrieb, Buchhaltung, Unternehmensführung, organisieren sich in jeweils eigenen Kreisen. Analog zu den Hierarchieebenen der Organisation werden diese Kreise durch jeweils zwei Personen miteinander verzahnt, so dass ein Vertreter des in der Hierarchie höher angesiedelten Kreises auch im rangniederen Mitglied ist und umgekehrt.
Diese doppelte Verbindung stellt sicher, dass Informationen in beide Richtungen fließen können und damit eine wirkliche Verbundenheit zwischen den Organisationseinheiten wächst (siehe auch Info-Kasten "Komplexität braucht dynamische Arbeitsprozesse").
Growth River hingegen fördert "natürliche Entwicklungspfade" von Organisationen durch aufeinander abgestimmte Phasen der Team-, Rollen- und Strategieentwicklung. In Coachings wird den Beteiligten ein auf Wachstum und Entfaltung bezogenes Denken und Handeln vermittelt, Fähigkeiten und das individuelle Engagement kommen auf den Prüfstand, die zur Verfügung stehenden Ressourcen werden analysiert und Arbeitsprozesse effektiv gestaltet.
Der Entwicklung eine Perspektive geben
Eb Schmidt, Inge Städtler und Steffen Karneth (v.l.n.r.) arbeiten an der Unternehmensmatrix. |
Wie bei NGOs nicht untypisch, war die Motivation der zum größten Teil ehrenamtlichen Mitarbeiter sehr groß, doch auf der strukturellen Ebene haperte es. "Erste Engpässe, die wir analysiert haben, waren die öffentliche Wahrnehmbarkeit der Aktivitäten und fehlende Vertriebskonzepte für die angebotenen Dienstleistungen wie Magazine, Radiosendungen und Seminare", so Eb Schmidt. Das Portfolio der Organisation konnte sich sehen lassen, doch schien sie auf der Stelle zu treten. "Man muss sich das vorstellen wie ein mittelständisches Unternehmen, das gut am Markt etabliert ist, sich aber, um weiter wachsen zu können, intern erst neu organisieren muss", erklärt Inge Städtler, die im Frankfurter Bankwesen in einer Führungsposition tätig ist und die NGO im Bereich Fundraising unterstützt.
Die Berater entwickelten eine Matrix, die die einzelnen Geschäftsbereiche in ihren Strukturen und Verzahnungen klarer erkennbar macht und damit einen systematischen Gesamtblick auf die Organisation ermöglicht. "Das Arbeiten mit der Matrix hat meine Führungsrolle sehr positiv verändert", erklärt Dr. Tom Steininger, Leiter von EnlightenNext Deutschland/Schweiz. "Meine Verantwortung für die Entwicklung der Organisation ist auf der Meta-Ebene gewachsen und auch klarer erkennbar geworden. Dafür erliege ich nicht mehr der Versuchung, mich um jede Kleinigkeit selbst zu kümmern."
Der strukturierte Blick aufs Ganze hat dazu beigetragen, dass der Verein sich inzwischen viel effizienter aufgestellt hat. "Bevor wir die Matrix entwickelt haben, waren manche Aufgabenfelder überhaupt nicht richtig sichtbar ", so Steffen Karneth. Das Fundraising beispielsweise, das von Inge Städtler betreut wird, hatten viele Mitarbeiter nur aus den Augenwinkeln im Blick, da die Bankangestellte vergleichsweise selten in der Zentrale präsent ist. Da die Hälfte des Budgets auf Spenden beruht, ist dieser Arbeitsbereich jedoch einer der wichtigsten. "Durch die Neuausrichtung wurde mein Aufgabenfeld viel besser mit den angrenzenden Aktivitäten verzahnt. Die Verantwortlichkeiten an den Schnittstellen sind jetzt klar definiert", so die Wahrnehmung der Fundraiserin.
Wachstum - geschäftlich UND menschlich
Konventionelle Prozesse zur Organisationsentwicklung zeitigen vergleichbare Ergebnisse, doch Growth River geht mit seinem Modell noch weiter. "Wir unterstützen die Menschen in ihrem Entwicklungsprozess", sagt Steffen Karneth. Es geht also nicht nur um Effizienz im unternehmerischen Sinne, sondern auch um persönliches Wachstum.
"Die Systematisierung unserer Rollen und Funktionen hat für alle Mitarbeiter einen hohen Grad an Selbstverantwortung mit sich gebracht, aber auch die Notwendigkeit, die eigenen Führungsfähigkeiten weiterzuentwickeln", erklärt Inge Städtler Regelmäßige Selbsteinschätzungen der Mitarbeiter, verbunden mit 360-Grad-Feedbacks durch die Kollegen, fördern diesen Prozess, der, anders als häufig im konventionellen Business praktiziert, nicht einem darwinistischen Konkurrenzkampf den Weg bereitet, sondern eine Spirale des gemeinsamen Wachstums in Gang setzt.
Der Organisation ist es durch die Neustrukturierung gelungen, eine starke Motivation mit einer systematischen Geschäftsentwicklung zu verbinden. Eine Perspektive, die sowohl im konventionellen Business als auch für zivilgesellschaftliche Initiativen Vorbildcharakter haben könnte. Denn erst wenn Mensch und Organisation, persönliche Entfaltung und unternehmerische Ziele zu einem Prozess der wechselseitigen Verbundenheit und des ständigen Wachstums finden, gelingt es letztlich, den wirklich großen Ideen und Ambitionen zum Durchbruch zu verhelfen.
Komplexität braucht dynamische Arbeitsprozesse Viele klassische Führungsmethoden arbeiten nach dem Prinzip des Vorhersagens und Kontrollierens. Organisationsziele werden festgelegt und anschließend kontrolliert man, dass sie auch erreicht werden. In der Praxis erweist sich ein solches Vorgehen als recht unflexibel. Entweder wird viel Zeit dafür aufgewendet, um möglichst viele Informationen zu sammeln und damit auch ja das richtige Ziel ins Visier zu nehmen - Zeit, in der man leicht schon erste praktische Schritte hätte in die Wege leiten können. Oder man hält, wenn man endlich ein Ziel definiert hat, daran fest, selbst wenn sich Rahmenbedingungen längst wieder geändert haben.
Am Anfang steht eine Gruppe von Individualisten (I). Direktive Führung (II) bringt Ordnung ins Chaos. Schließlich greifen Rollen und Strategien ineinander (III), was wirkliche Eigenverantwortung erst möglich macht. Das Sahnehäubchen ist der Schritt zu sich selbst entwickelnden Teams (IV), die gewissermaßen in einem permanenten Feedbackprozess mit ihrer Umwelt (den Aufgaben einer Organisation, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Marktentwicklungen) stehen, sich quasi in Form eines natürlichen Prozesses immer wieder auf Veränderungen einschwingen, dabei wachsen und die Vision der Initiative erfüllen. Interne Engpässe werden regelmäßig analysiert und gemäß dem Stadium, in dem sich eine Organisation befindet, so gelöst, dass nicht nur die Effizienz steigt, sondern auch der Betrieb insgesamt sich weiterentwickelt. |
Von Nadja Rosmann
Im Profil
Dr. Nadja Rosmann ist Kulturanthropologin und arbeitet als Journalistin und Beraterin vor allem zu den Themen Spirit im Business, Nachhaltigkeit, Innovation und Entwicklung. Sie betreibt das Weblog think.work.different: www.zenpop.de/blog Neue Führungsmethoden für soziale Organisationen und Unternehmen im Überblick Growth River Managementsystem Das von dem Amerikaner Richard S. Hawkes ins Leben gerufene Growth River Managementsystem verbindet die strategische Unternehmens- und Organisationsentwicklung mit Aspekten der transformativen Persönlichkeitsentwicklung. Es macht gewissermaßen die Unternehmenskultur auf Basis einer ganzheitlichen Philosophie zur Strategie. Engpass-Analysen, strategische Ausrichtungs-Meetings und Rollen-Coachings helfen bei der Etablierung einer Führungskultur, die den Einzelnen in die Lage versetzt, Verantwortung zu übernehmen, selbst an den eigenen Aufgaben zu wachsen und gleichermaßen zur Entwicklung der Organisation, für die er tätig ist, beizutragen. Im Laufe ihrer Karriere haben Growth-River-Berater internationale Konzerne, Familienunternehmen und gemeinnützige Organisationen auf ihrem Weg zu einer evolutionären Entwicklung beraten, darunter bekannte Player wie AT&T, Microsoft, Merck und Sun Microsystems. http://growthriver.de Holacracy Brian J. Robertson entwickelte in dem von ihm gegründeten Software-Unternehmen Ternary Software das ganzheitliche Führungssystem Holacracy, das sich auf integrale Prinzipien nach den Theorien des Philosophen Ken Wilber beruft. Holacracy geht von einer Definition der Holarchie aus, demzufolge jedes Teil (z.B. das Mitglied eines Systems) ein Ganzes für sich darstellt, aber zugleich auch Teil eines größeren Ganzen ist. In diesem Sinne bilden Organisationen und Unternehmen eine geschachtelte Hierarchie dieser Teile. Mit Rollendefinitionen und einem System der Verlinkung, das den Informationsfluss zwischen verschiedenen Unternehmenshierarchien oder Arbeitsgruppen und die wechselseitigen Verantwortlichkeiten, die daraus resultieren, abbildet, verzahnt Holacracy alle Teile des Systems so miteinander, dass ein lebendiger, entwicklungsfähiger Organismus entsteht. www.holacracy.org |
Quelle:
Wirtschaft | Führung & Personal, 13.09.2012
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