Von der Idee zum Geschäftsmodell
Wie das Tech-Portal "WiWo Green" entstand
Was wie ein Riesenprojekt klingt, ist in Wirklichkeit ein kleines Start-up. WiWo Green muss um dieselben Dinge kämpfen, wie andere junge Unternehmen: Aufmerksamkeit, Geld und ein funktionierendes Geschäftsmodell. Der Chefredakteur der Huffington Post, Sebastian Matthes, zeigt, wie unternehmerisches Handeln aus dem Redaktionsbetrieb heraus entstehen kann. Im forum-Tagebuch beschreibt er, wie er bei der Wirtschaftswoche das Tech-Portal WiWo Green gegründet und daraus ein funktionierendes Geschäftsmodell gemacht hat. Die Mission von WiWo Green: Im Internet zur wichtigsten deutschsprachigen Informationsquelle für die Branche der grünen Technologien werden.
Irgendwann im März 2012
Seit zwei Jahren produzieren wir bei der WirtschaftsWoche das Magazin "Green Economy". Wir behandeln darin alle Themen rund um die grüne Wirtschaft. Das Heft erscheint alle drei Monate und liegt der WirtschaftsWoche bei. Doch schon länger frage ich mich: Müssten wir nicht mehr tun, um wirklich zu einer Stimme in der schnell wachsenden grünen Wirtschaft zu werden? Brauchen wir nicht ein Internetangebot, das die Meldungen rund um das Themengebiet tagesaktuell bringt? Die meisten Kollegen sagen: Du bist irre. Wir sind doch ohnehin schon ausgelastet. Aber unser Chefredakteur Roland Tichy ermuntert uns, dranzubleiben. Das Thema Green Economy wird groß, sagt er. "Wir müssen die Entwicklung wie im Heft mit ökonomischem Sachverstand nach Aufwand und Nutzen für die Umwelt analysieren".
Im April: Das Projekt erwacht und schläft wieder ein
Ich spreche mit Kollegen im Verlag. Doch so richtig kommen wir nicht voran. Wir brauchen eine Vision. Die Idee: eine Art Techcrunch (Blog über Web 2.0-Produkte und Start-ups) für die grüne Wirtschaft zu entwickeln, kommt schließlich an.
4. August 2012: Bei Würstchen und Bier geht es weiter
Die Verlagsgruppe Handelsblatt, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört, veranstaltet regelmäßig Grillabende. An der Schlange vor dem Grill stehe ich zufällig hinter unserer Geschäftsführerin Claudia Michalski. Zu unserer Idee sagt sie: "Toll, legt los". Einzige Bedingung: Das Projekt muss von Anfang an profitabel sein. Das spornt uns an.
Ende August 2012: Funktioniert unser Geschäftsmodell?
Wir arbeiten an drei Säulen. Die wichtigste sind die sogenannten Premium-Werbepartner, die mit Logo, Bannern und Verlosungsaktionen auf unserer Seite präsent sind. Zweite Säule: Veranstaltungen und Konferenzen. Dritte Säule: Eine Job-Rubrik. In den kommenden Tagen telefoniere ich mein Adressbuch ab. Viele potenzielle Werbepartner klingen interessiert. Ich präsentiere bei einem Chemiekonzern, bei Elektronikkonzernen. Die Zeit dafür räumt uns die Redaktion ein.
4. September: Unser erster Werbepartner!
Abendessen mit dem Geschäftsführer der Unternehmensberatung Altran. Ich stelle die Idee vor. Er stellt ein paar kritische Fragen und gibt mir schließlich die Hand. Unser erster Werbepartner! Und der erste Umsatz in fünfstelliger Höhe. Aber das reicht noch lange nicht.
28. September: Klappt der Online-Launch im Dezember?
Endlich haben wir einen Programmierer, der auch die Seite designen wird. Die ersten Kollegen sagen, unser Starttermin, der 1. Dezember, könne niemals klappen. Aber wir wollen starten. Zur Not halbfertig.
16. Oktober: Werbepartner Daimler ist dabei
Unser zweiter Werbepartner Daimler hat für ein Jahr zugesagt. Das heißt, wir können definitiv starten. Darauf stoßen wir an. In den Tagen danach kommt auch noch der Energieversorger Eprimo dazu.
2. November: Riskante Wette
Ein erster Entwurf der Seite steht und er ist toll geworden. Aber die Programmierung hakt. Heute müssen wir entscheiden: Nehmen wir einen Hinweis zu unserem Start in die nächste Ausgabe der WirtschaftsWoche Green Economy auf? Dann müssen wir definitiv Ende November starten. Wir entscheiden uns dafür, ohne wirklich zu wissen, ob wir es schaffen können. Eine riskante Wette. Auftrieb gibt uns, dass mit Kyocera ein weiterer Werbepartner unterschrieben hat.
21. November: WiWo Green ist online
Geschafft! Die Seite ist jetzt frei zugänglich im Netz. Wir machen aber noch keine Werbung. Wir wollen erst testen, ob alles funktioniert. Die Seitenaufrufe am ersten Tag: 73.
26. November: Der Traffic steigt dank Peter Altmaier
Wir haben ein Exklusivinterview mit Bundesumweltminister Peter Altmaier auf der Seite. Das Ergebnis: Fast 5.000 Seitenaufrufe. Jetzt sind wir auch bei Twitter und Facebook aktiv.
31. Dezember: Das Jahr endet gut
Seit Anfang des Monats hatten wir rund 112.000 Seitenzugriffe. Für 2013 haben wir uns noch höhere Ziele gesteckt. Wir wollen Ende des Jahres im Schnitt 250.000 Seitenabrufe pro Monat haben.
März 2013: Die zweite Einnahme-Säule steht
Die Meta-Jobsuchmaschine Jobturbo wird uns künftig hunderte Jobs aus der grünen Wirtschaft auf die Seite spielen. Das Geschäftsmodell ist einfach: Wir stellen die Community, die sich für das Thema interessiert, Jobturbo zahlt dafür eine Gebühr. Nun arbeiten wir an weiteren Kooperationen. Dabei gibt es eine strikte Regel: Anzeigen und Redaktion vermischen wir nicht.
16. April: Das Team wächst
Nun ist auch unser fünfter Premium-Werbepartner an Bord. Die Investoren des nachhaltigen Finanzdienstleisters UDI. Mittlerweile arbeiten acht freie Kolleginnen und Kollegen für WiWo Green. Das Tagesgeschäft läuft immer besser. Oft sind wir bei grünen Themen genauso schnell wie die großen Nachrichtenseiten.
Juli: Lob aus dem Verlag
Unsere Geschäftsführerin Claudia Michalski präsentiert die Entstehung von WiWo Green auf einer Mitarbeiterversammlung als gutes Beispiel für unternehmerisches Denken aus der Redaktion heraus. Inzwischen nimmt auch die Zahl der WiWo-Kollegen zu, die für das Portal schreiben. Das zeigt: WiWo Green wird auch hier immer ernster genommen. Und: Im Juni verpassen wir knapp die 200.000 Seitenabrufe. Wir liegen weit über Plan.
August: Die Zahlen steigen weiter
Fast hätten wir es geschafft: Im August hatten wir knapp 300.000 Seitenabrufe. Damit haben wir unser Jahresziel schon fast erreicht.
30. September: Greentec-Awards in Berlin
WiWo Green ist zusammen mit ProSieben Medienpartner bei den Greentec-Awards, einem der größten Preise für saubere Technologien und Innovationen in Europa.
Ende September: Wir planen ein WiWo-Green-Stipendium
Wir denken schon länger darüber nach, ein Stipendium für Nachhaltigkeits-Journalismus aufzusetzen. Jetzt haben wir mit Christian Preiser vom Forum Qualitätsjournalismus aus Frankfurt am Main einen kompetenten Partner gewonnen und das Projekt kann starten. Preiser soll uns helfen, Sponsoren zu finden. Mit ihnen zusammen wollen wir jungen, ambitionierten Journalisten Geld für aufwendige Artikel bereitstellen. Das soll nicht nur den Umweltjournalismus in Deutschland voranbringen, sondern auch anspruchsvollen Online-Journalismus ermöglichen.
Oktober 2013: Wie geht es weiter?
Die Start-up-Phase ist überstanden. Gerade sprechen wir mit weiteren Premium-Werbepartnern für das zweite Jahr. Einige neue Unternehmen werden dazukommen. So wichtig Geldverdienen für uns ist, es ist nicht unser einziges Ziel. Denn wir glauben, dass wir in Zukunft nur dann mit mehr Menschen und weniger Ressourcen auf dieser Erde überleben können, wenn wir radikal auf andere Technologien setzen: bei der Art wie wir uns fortbewegen, Städte planen, Energie erzeugen und Fabriken betreiben. Denn nur wenn sich möglichst viele Menschen mit den Technologien befassen, werden sie besser.
Die grüne Wirtschaft boomt. Bilden die Medien das auch ab? Nein, fanden der ehemalige Wirtschaftswoche-Ressortleiter Sebastian Matthes und sein Team und gründeten WiWo Green. |
Irgendwann im März 2012
Seit zwei Jahren produzieren wir bei der WirtschaftsWoche das Magazin "Green Economy". Wir behandeln darin alle Themen rund um die grüne Wirtschaft. Das Heft erscheint alle drei Monate und liegt der WirtschaftsWoche bei. Doch schon länger frage ich mich: Müssten wir nicht mehr tun, um wirklich zu einer Stimme in der schnell wachsenden grünen Wirtschaft zu werden? Brauchen wir nicht ein Internetangebot, das die Meldungen rund um das Themengebiet tagesaktuell bringt? Die meisten Kollegen sagen: Du bist irre. Wir sind doch ohnehin schon ausgelastet. Aber unser Chefredakteur Roland Tichy ermuntert uns, dranzubleiben. Das Thema Green Economy wird groß, sagt er. "Wir müssen die Entwicklung wie im Heft mit ökonomischem Sachverstand nach Aufwand und Nutzen für die Umwelt analysieren".
Im April: Das Projekt erwacht und schläft wieder ein
Ich spreche mit Kollegen im Verlag. Doch so richtig kommen wir nicht voran. Wir brauchen eine Vision. Die Idee: eine Art Techcrunch (Blog über Web 2.0-Produkte und Start-ups) für die grüne Wirtschaft zu entwickeln, kommt schließlich an.
4. August 2012: Bei Würstchen und Bier geht es weiter
Die Verlagsgruppe Handelsblatt, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört, veranstaltet regelmäßig Grillabende. An der Schlange vor dem Grill stehe ich zufällig hinter unserer Geschäftsführerin Claudia Michalski. Zu unserer Idee sagt sie: "Toll, legt los". Einzige Bedingung: Das Projekt muss von Anfang an profitabel sein. Das spornt uns an.
Ende August 2012: Funktioniert unser Geschäftsmodell?
Wir arbeiten an drei Säulen. Die wichtigste sind die sogenannten Premium-Werbepartner, die mit Logo, Bannern und Verlosungsaktionen auf unserer Seite präsent sind. Zweite Säule: Veranstaltungen und Konferenzen. Dritte Säule: Eine Job-Rubrik. In den kommenden Tagen telefoniere ich mein Adressbuch ab. Viele potenzielle Werbepartner klingen interessiert. Ich präsentiere bei einem Chemiekonzern, bei Elektronikkonzernen. Die Zeit dafür räumt uns die Redaktion ein.
4. September: Unser erster Werbepartner!
Abendessen mit dem Geschäftsführer der Unternehmensberatung Altran. Ich stelle die Idee vor. Er stellt ein paar kritische Fragen und gibt mir schließlich die Hand. Unser erster Werbepartner! Und der erste Umsatz in fünfstelliger Höhe. Aber das reicht noch lange nicht.
28. September: Klappt der Online-Launch im Dezember?
Endlich haben wir einen Programmierer, der auch die Seite designen wird. Die ersten Kollegen sagen, unser Starttermin, der 1. Dezember, könne niemals klappen. Aber wir wollen starten. Zur Not halbfertig.
16. Oktober: Werbepartner Daimler ist dabei
Unser zweiter Werbepartner Daimler hat für ein Jahr zugesagt. Das heißt, wir können definitiv starten. Darauf stoßen wir an. In den Tagen danach kommt auch noch der Energieversorger Eprimo dazu.
2. November: Riskante Wette
Ein erster Entwurf der Seite steht und er ist toll geworden. Aber die Programmierung hakt. Heute müssen wir entscheiden: Nehmen wir einen Hinweis zu unserem Start in die nächste Ausgabe der WirtschaftsWoche Green Economy auf? Dann müssen wir definitiv Ende November starten. Wir entscheiden uns dafür, ohne wirklich zu wissen, ob wir es schaffen können. Eine riskante Wette. Auftrieb gibt uns, dass mit Kyocera ein weiterer Werbepartner unterschrieben hat.
21. November: WiWo Green ist online
Geschafft! Die Seite ist jetzt frei zugänglich im Netz. Wir machen aber noch keine Werbung. Wir wollen erst testen, ob alles funktioniert. Die Seitenaufrufe am ersten Tag: 73.
26. November: Der Traffic steigt dank Peter Altmaier
Wir haben ein Exklusivinterview mit Bundesumweltminister Peter Altmaier auf der Seite. Das Ergebnis: Fast 5.000 Seitenaufrufe. Jetzt sind wir auch bei Twitter und Facebook aktiv.
31. Dezember: Das Jahr endet gut
Seit Anfang des Monats hatten wir rund 112.000 Seitenzugriffe. Für 2013 haben wir uns noch höhere Ziele gesteckt. Wir wollen Ende des Jahres im Schnitt 250.000 Seitenabrufe pro Monat haben.
März 2013: Die zweite Einnahme-Säule steht
Die Meta-Jobsuchmaschine Jobturbo wird uns künftig hunderte Jobs aus der grünen Wirtschaft auf die Seite spielen. Das Geschäftsmodell ist einfach: Wir stellen die Community, die sich für das Thema interessiert, Jobturbo zahlt dafür eine Gebühr. Nun arbeiten wir an weiteren Kooperationen. Dabei gibt es eine strikte Regel: Anzeigen und Redaktion vermischen wir nicht.
16. April: Das Team wächst
Nun ist auch unser fünfter Premium-Werbepartner an Bord. Die Investoren des nachhaltigen Finanzdienstleisters UDI. Mittlerweile arbeiten acht freie Kolleginnen und Kollegen für WiWo Green. Das Tagesgeschäft läuft immer besser. Oft sind wir bei grünen Themen genauso schnell wie die großen Nachrichtenseiten.
Juli: Lob aus dem Verlag
Unsere Geschäftsführerin Claudia Michalski präsentiert die Entstehung von WiWo Green auf einer Mitarbeiterversammlung als gutes Beispiel für unternehmerisches Denken aus der Redaktion heraus. Inzwischen nimmt auch die Zahl der WiWo-Kollegen zu, die für das Portal schreiben. Das zeigt: WiWo Green wird auch hier immer ernster genommen. Und: Im Juni verpassen wir knapp die 200.000 Seitenabrufe. Wir liegen weit über Plan.
August: Die Zahlen steigen weiter
Fast hätten wir es geschafft: Im August hatten wir knapp 300.000 Seitenabrufe. Damit haben wir unser Jahresziel schon fast erreicht.
30. September: Greentec-Awards in Berlin
WiWo Green ist zusammen mit ProSieben Medienpartner bei den Greentec-Awards, einem der größten Preise für saubere Technologien und Innovationen in Europa.
Ende September: Wir planen ein WiWo-Green-Stipendium
Wir denken schon länger darüber nach, ein Stipendium für Nachhaltigkeits-Journalismus aufzusetzen. Jetzt haben wir mit Christian Preiser vom Forum Qualitätsjournalismus aus Frankfurt am Main einen kompetenten Partner gewonnen und das Projekt kann starten. Preiser soll uns helfen, Sponsoren zu finden. Mit ihnen zusammen wollen wir jungen, ambitionierten Journalisten Geld für aufwendige Artikel bereitstellen. Das soll nicht nur den Umweltjournalismus in Deutschland voranbringen, sondern auch anspruchsvollen Online-Journalismus ermöglichen.
Oktober 2013: Wie geht es weiter?
Die Start-up-Phase ist überstanden. Gerade sprechen wir mit weiteren Premium-Werbepartnern für das zweite Jahr. Einige neue Unternehmen werden dazukommen. So wichtig Geldverdienen für uns ist, es ist nicht unser einziges Ziel. Denn wir glauben, dass wir in Zukunft nur dann mit mehr Menschen und weniger Ressourcen auf dieser Erde überleben können, wenn wir radikal auf andere Technologien setzen: bei der Art wie wir uns fortbewegen, Städte planen, Energie erzeugen und Fabriken betreiben. Denn nur wenn sich möglichst viele Menschen mit den Technologien befassen, werden sie besser.
Von Sebastian Matthes
Quelle:
Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 16.01.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2014 - Smarte Produkte erschienen.
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