Cradle to Cradle
Design für 2044
Traditionell verstand man Anfang des Jahrtausends unter Umweltschutz, Belastungen zu reduzieren: "Fahre weniger Auto, reduziere Deine Müllmenge, spare Energie, schütze die Umwelt." Dabei handelt es sich jedoch nicht um Umweltschutz, sondern nur um weniger Zerstörung. In diesem Sinne hat die DDR die Umwelt, abgesehen von einigen hochbelasteten Regionen, besser geschützt. Das System war so ineffizient, dass es viele wertvolle Feuchtgebiete nicht zerstören konnte. Auch zum Beispiel die Bodenbelastung mit Uran und Cadmium war weit geringer, da der hoch kontaminierte Kunstdünger nur in geringeren Mengen eingesetzt werden konnte.
Effizienz versus Effektivität
Sicherlich sind Effizienzsteigerungen wichtig. Allerdings muss zuerst gefragt werden: "Was ist das Richtige?", bevor es "richtig" gemacht wird. Es geht also darum, erst einmal nach Effektivität und erst dann nach Effizienz zu fragen. In diesem Sinne kommt es darauf an, alle Produkte noch einmal neu zu erfinden, sodass sie nützlich sind und nicht weniger schädlich. Dabei unterscheidet man bei Cradle to Cradle (C2C) zwischen zwei Produktkategorien: Verbrauchsgüter und Gebrauchsgüter.
Verbrauchsgüter, also die Dinge, die verschleißen, die sich chemisch, physikalisch, biologisch durch ihre Anwendung verändern, werden in der C2C-Philosophie so gestaltet, dass sie der Biosphäre nutzen. Im Augenblick ist dies nicht der Fall. Weder Reifenabrieb, Schuhabrieb, Bremsbeläge, Wasch- und Reinigungsmittel, sind dafür gestaltet, dass sie der Biosphäre zugutekommen. Anders beim C2C-Ansatz: Hier entstehen Produkte wie zum Beispiel Farben, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern die aktiv die Luft reinigen. Es ist Beton entstanden, der die Luft reinigt. Teppichböden, die die Luft reinigen und somit nützlich sind und nicht weniger schädlich.
Die zweite Kategorie sind Produkte für die Technosphäre - Gebrauchsgüter. Ein Fernseher, eine Waschmaschine oder ein Auto werden nicht verbraucht, sie werden nur genutzt. Dadurch können Produkte viel besser gestaltet werden. Es müssen nicht die kostengünstigsten Materialien verwendet werden, es können die besten Materialien verwendet werden. Ein Unternehmen wird damit zur Rohmaterialbank, indem es Produkte wie z.B. Fenster oder auch Fernseher nur als Dienstleistung an die Kunden abgibt. So können Produkte viel schöner und viel besser sein und konkurrieren nicht mit Sklavenarbeit aus Schwellenländern.
Innovation statt Weltuntergang
Es geht also darum, die 40 Jahre Weltuntergangsdiskussion (seit dem Club of Rome-Bericht 1972) bis zum Jahr 2044 in Qualität und Innovation umzusetzen. Zentrale Aspekte sind dabei zu lösen: Nährstoffe wie Phosphor oder Kalium sind so zentral begrenzt, dass sie anders als das Energieproblem (welches sicher lösbar ist), nur dadurch lösbar sind, dass diese Nährstoffe in Kreisläufe gelangen. Inzwischen ist dieser Ansatz von vielen Unternehmen aufgenommen worden. Eines der größten Architekturbüros für Gebäude-Management weltweit, setzt dies konsequent um. Aber auch Büromöbelhersteller oder Kinderwagenfabrikanten. Es gibt inzwischen Cradle to Cradle Inseln, es gibt Cradle to Cradle Städte, und über 1100 Cradle to Cradle Produkte sind bereits auf dem Markt.
Selbstverständlich führen Effizienzsteigerungen und Reduzierungen von Umweltbelastungen dazu, dass es uns extra Zeit gibt, die Dinge so zu ändern, wie es sinnvoll ist. Zeit dafür, die Geschwindigkeit zu verlangsamen, wenn man in die falsche Richtung unterwegs ist. Allerdings: Ohne die Richtung zu ändern, wird dasselbe nur gründlich falsch. Und so ist ein langsames Absterben eines ökologischen Systems für das System viel kritischer, als ein schneller Zusammenbruch, bei dem sich das System aus den Nischen wieder regenerieren kann. Beim langsamen Absterben sterben auch die Nischen mit ab.
Von den Ameisen lernen
Zurzeit werden 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für Biomasse zur Energiegewinnung eingesetzt. Dabei verlieren wir zwischen 11 und 30 Tonnen Boden pro Hektar und Jahr. Der Journalist Franz Alt hat bereits vor über 30 Jahren auf das Problem hingewiesen, dass wir über 5000-mal mehr Boden verlieren, als neu aufgebaut wird. Wir brauchen deshalb eine Landwirtschaft, die den Boden erhält, eine gartengebundene Landwirtschaft, die Menschen beschäftigt und dabei viel produktiver ist als Monsantos Gentechnik-Industrie-Landwirtschaft. Wir brauchen eine Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten hin zu Algen, Bakterien und Pilzen, denn das würde eine Erdbevölkerung von 30 Milliarden Menschen leicht ernähren können. Die Biomasse der Ameisen ist weit größer als die der Menschen, aber Ameisen stellen keine Belastung für den Planeten dar. Sie sind nützlich.
Klimaneutral kann man nur sein, wenn man nicht existiert
Eine Stadt wie Hamburg möchte 2044 klimaneutral sein. Dies ist eine sehr traurige Perspektive, denn klimaneutral kann man nur sein, wenn man nicht existiert. Kein Baum ist klimaneutral. Ein Baum ist nützlich - so wie der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. nützlich ist - und nicht weniger schädlich. Kein Baum ist kohlenstoffneutral. Er unterstützt das Klima, er unterstützt die anderen Lebewesen. Ein Baum ist Lebensraum für mindestens 200 andere Arten. Er reinigt die Luft, reinigt das Wasser, er stellt wertvollste Substanzen her, und er baut Boden auf. Deshalb geht es darum, von B.A.U.M. und von Bäumen zu lernen. Gebäude wie Bäume zu machen, Städte wie Wälder. Dies könnte das Motto für 2044 sein. Ganz früh haben die Pioniere von B.A.U.M. dieses wunderbare Bild entwickelt. Ein Baum erfreut die Lebewesen indem er nicht spart, vermeidet, verzichtet, reduziert, sondern indem alle Materialien dieses Baums der Biosphäre dienen. So haben die Vordenker von B.A.U.M. ganz früh gezeigt, dass man von Ameisen, Marienkäfern und Bäumen lernen kann. In diesem Sinne wünsche ich ein glückliches, nützliches und weitere 30 Jahre gelingendes Arbeiten von B.A.U.M.
Effizienz versus Effektivität
Nutzen statt besitzen: Man kauft nicht den Fernseher sondern die Dienstleistung des Fernsehens. Der Cradle to Cradle Ansatz propagiertneue Wirtschaftsmodelle und Kreisläufe zum Wohle aller Beteiligten und ist auch auf hochkomplexe Produkte anwendbar! Das Gerät wurde von EPEA zusammen mit einem namhaften Elektronikhersteller entwickelt. |
Verbrauchsgüter, also die Dinge, die verschleißen, die sich chemisch, physikalisch, biologisch durch ihre Anwendung verändern, werden in der C2C-Philosophie so gestaltet, dass sie der Biosphäre nutzen. Im Augenblick ist dies nicht der Fall. Weder Reifenabrieb, Schuhabrieb, Bremsbeläge, Wasch- und Reinigungsmittel, sind dafür gestaltet, dass sie der Biosphäre zugutekommen. Anders beim C2C-Ansatz: Hier entstehen Produkte wie zum Beispiel Farben, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern die aktiv die Luft reinigen. Es ist Beton entstanden, der die Luft reinigt. Teppichböden, die die Luft reinigen und somit nützlich sind und nicht weniger schädlich.
Die zweite Kategorie sind Produkte für die Technosphäre - Gebrauchsgüter. Ein Fernseher, eine Waschmaschine oder ein Auto werden nicht verbraucht, sie werden nur genutzt. Dadurch können Produkte viel besser gestaltet werden. Es müssen nicht die kostengünstigsten Materialien verwendet werden, es können die besten Materialien verwendet werden. Ein Unternehmen wird damit zur Rohmaterialbank, indem es Produkte wie z.B. Fenster oder auch Fernseher nur als Dienstleistung an die Kunden abgibt. So können Produkte viel schöner und viel besser sein und konkurrieren nicht mit Sklavenarbeit aus Schwellenländern.
Innovation statt Weltuntergang
Es geht also darum, die 40 Jahre Weltuntergangsdiskussion (seit dem Club of Rome-Bericht 1972) bis zum Jahr 2044 in Qualität und Innovation umzusetzen. Zentrale Aspekte sind dabei zu lösen: Nährstoffe wie Phosphor oder Kalium sind so zentral begrenzt, dass sie anders als das Energieproblem (welches sicher lösbar ist), nur dadurch lösbar sind, dass diese Nährstoffe in Kreisläufe gelangen. Inzwischen ist dieser Ansatz von vielen Unternehmen aufgenommen worden. Eines der größten Architekturbüros für Gebäude-Management weltweit, setzt dies konsequent um. Aber auch Büromöbelhersteller oder Kinderwagenfabrikanten. Es gibt inzwischen Cradle to Cradle Inseln, es gibt Cradle to Cradle Städte, und über 1100 Cradle to Cradle Produkte sind bereits auf dem Markt.
Ein Produkt wird nach dem Cradle to Cradle-Konzept von vorneherein so entwickelt, dass es einfach demontierbar ist. So können alle Bestandteile in technische oder biologische Kreisläufe eingehen und als Rohstoffe für neue Produkte dienen. |
Selbstverständlich führen Effizienzsteigerungen und Reduzierungen von Umweltbelastungen dazu, dass es uns extra Zeit gibt, die Dinge so zu ändern, wie es sinnvoll ist. Zeit dafür, die Geschwindigkeit zu verlangsamen, wenn man in die falsche Richtung unterwegs ist. Allerdings: Ohne die Richtung zu ändern, wird dasselbe nur gründlich falsch. Und so ist ein langsames Absterben eines ökologischen Systems für das System viel kritischer, als ein schneller Zusammenbruch, bei dem sich das System aus den Nischen wieder regenerieren kann. Beim langsamen Absterben sterben auch die Nischen mit ab.
Von den Ameisen lernen
Zurzeit werden 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für Biomasse zur Energiegewinnung eingesetzt. Dabei verlieren wir zwischen 11 und 30 Tonnen Boden pro Hektar und Jahr. Der Journalist Franz Alt hat bereits vor über 30 Jahren auf das Problem hingewiesen, dass wir über 5000-mal mehr Boden verlieren, als neu aufgebaut wird. Wir brauchen deshalb eine Landwirtschaft, die den Boden erhält, eine gartengebundene Landwirtschaft, die Menschen beschäftigt und dabei viel produktiver ist als Monsantos Gentechnik-Industrie-Landwirtschaft. Wir brauchen eine Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten hin zu Algen, Bakterien und Pilzen, denn das würde eine Erdbevölkerung von 30 Milliarden Menschen leicht ernähren können. Die Biomasse der Ameisen ist weit größer als die der Menschen, aber Ameisen stellen keine Belastung für den Planeten dar. Sie sind nützlich.
Klimaneutral kann man nur sein, wenn man nicht existiert
Eine Stadt wie Hamburg möchte 2044 klimaneutral sein. Dies ist eine sehr traurige Perspektive, denn klimaneutral kann man nur sein, wenn man nicht existiert. Kein Baum ist klimaneutral. Ein Baum ist nützlich - so wie der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. nützlich ist - und nicht weniger schädlich. Kein Baum ist kohlenstoffneutral. Er unterstützt das Klima, er unterstützt die anderen Lebewesen. Ein Baum ist Lebensraum für mindestens 200 andere Arten. Er reinigt die Luft, reinigt das Wasser, er stellt wertvollste Substanzen her, und er baut Boden auf. Deshalb geht es darum, von B.A.U.M. und von Bäumen zu lernen. Gebäude wie Bäume zu machen, Städte wie Wälder. Dies könnte das Motto für 2044 sein. Ganz früh haben die Pioniere von B.A.U.M. dieses wunderbare Bild entwickelt. Ein Baum erfreut die Lebewesen indem er nicht spart, vermeidet, verzichtet, reduziert, sondern indem alle Materialien dieses Baums der Biosphäre dienen. So haben die Vordenker von B.A.U.M. ganz früh gezeigt, dass man von Ameisen, Marienkäfern und Bäumen lernen kann. In diesem Sinne wünsche ich ein glückliches, nützliches und weitere 30 Jahre gelingendes Arbeiten von B.A.U.M.
Das Cradle to Cradle Prinzip: Biologische und technische Nährstoffe im Kreislauf
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Quelle:
Wirtschaft | Lieferkette & Produktion, 22.01.2014
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