Mauern durchbrechen - feiern wie nie!
Jane Goodall - die unermüdliche Umweltaktivistin zu Besuch beim 30-jährigen Jubiläum von B.A.U.M. e.V.
Wurzeln und Sprösslinge sind die Vorboten starker Bäume und können Mauern durchbrechen. Das gelingt auch Jane Goodall. Die berühmte Schimpansenforscherin ist eine unermüdliche Aktivistin für Umweltschutz und gesellschaftlichen Fortschritt. Wer diese Frau, die zu den außergewöhnlichsten Persönlichkeiten unseres Jahrhunderts zählt, live erleben möchte, sollte zum 30-jährigen Jubiläum von B.A.U.M. e.V. nach Hamburg kommen und dort nicht nur auf den B.A.U.M. e.V., sondern auch mit der 80-jährigen Jane Goodall anstoßen.
Ein Schimpansenruf, ein sogenannter „Panthoot", hallt durch den Festsaal der Munich Re in München, 400 Topmanager lauschen leicht irritiert, aber gebannt einer zierlichen Frau auf der Bühne …
Die Frau ist die weltbekannte Primatologin, Umweltaktivistin und UN-Friedensbotschafterin Dr. Jane Goodall. Die Unsicherheit im Saal löst sich in einem Lachen, als Jane Goodall dem CEO des Unternehmens demonstriert, wie in freier Wildbahn die Begrüßung zwischen einem „dominant chimp-alpha-male" und einem rangniederen Schimpansenweibchen ablaufen würde …
Der Besuch von „Dr. Jane", wie sie viele Jugendliche und Verehrer nennen, ist wie alle ihre Auftritte in Deutschland vom Jane Goodall Institut initiiert und organisiert. Die heutige Geschäftsführerin des Instituts, Monica Lieschke, ist Jane Goodall zum ersten Mal bei Dreharbeiten zu „Jane´s Journey" begegnet, jener großen filmischen Biografie, die ihr Mann, der Regisseur Lorenz Knauer, in jahrelanger Arbeit realisierte.
Knauer begleitete Jane Goodall um die Welt und brachte damit eine Hommage an diese außergewöhnliche Frau in die deutschen Kinos. Seither wurde der Film in unzählige Sprachen übersetzt und berührt die Herzen der Zuschauer weltweit.
In Grönland brach das Eis
Es war auf einer der zahlreichen gemeinsamen Reisen in Grönland, als Jane, Monica und Lorenz – angesichts des rasant schmelzenden Eispanzers und unter dem beunruhigenden Ächzen, Krachen und Knacken der Tag und Nacht abbrechenden riesigen Eiswände – beschlossen, ein Jane Goodall Institut für Deutschland zu gründen. Es gab zu diesem Zeitpunkt bereits viele, über die ganze Welt verstreute Institute, doch von einem Standort in Deutschland versprachen sie sich eine ganz besondere Wirkung für Janes Arbeit und Anliegen.
Alles begann mit einer Affenliebe
Jane Goodall zieht nicht nur Naturfreunde, Affenliebhaber und Weltretter, sondern auch hochrangige Manager, Politiker und Künstler in ihren Bann. Ihr Weg zur einzigartigen Primatenforscherin und Umweltaktivistin war für die junggebliebene und immer noch sehr aktive 80-Jährige lang, bereichernd und hin und wieder auch steinig. Abbringen ließ sie sich von ihren Zielen und Visionen jedoch nie. Am 3. April 1934 in London geboren, traf sie ihren ersten „haarigen Begleiter" bereits im Alter von nur einem Jahr – Jubilee, ein Kuscheltieraffe und vielleicht so etwas wie eine kleine Prophezeiung. Schon bald begann sie mit der Beobachtung und Analyse von Tierverhalten, sei es draußen in der Natur oder im eigenen Garten mit Mischlingshund Rusty. Im Laufe der Jahre kam zu ihrer großen Tierliebe die Faszination für den Kontinent Afrika hinzu, inspiriert von Edgar Rice Burroughs „Tarzan bei den Affen". 1944 schien der Traum, in dieses Land zu reisen und dort wilde Tiere zu erforschen, noch in weiter, nahezu unerreichbarer Ferne, denn Janes Familie war sehr arm und Afrika galt noch immer als „dark continent" voller möglicher Gefahren für eine junge Frau, die alleine unterwegs ist. Aber Jane Goodall hielt an ihrem Vorhaben fest und mit 23 Jahren war es schließlich soweit: Nach ihrer Ausbildung in England reiste sie, der Einladung einer Schulfreundin folgend, nach Kenia und traf dort schon bald auf den Anthropologen Louis Leakey. Sie begleitete ihn bei einer seiner Reisen auf den Spuren unserer menschlichen Vorfahren. Anschließend gab er Jane einen zukunftsweisenden Auftrag: Sie sollte im Gombe Reservat in Tansania das Verhalten von Schimpansen in freier Wildbahn beobachten, aus Sicherheitsgründen zunächst in Begleitung ihrer Mutter. Das, was sie hier über mehrere Monate hinweg herausfand, waren unglaubliche Neuigkeiten und revolutionierte die Sicht der Menschen auf ihre engsten Verwandten in der Natur und damit auch auf sich selbst: Zum einen entdeckte sie, dass Schimpansen Werkzeuge nicht nur benutzen, sondern auch selbst herstellen können. Dies galt bis dahin als wichtigste Unterscheidung zwischen Mensch und Tier. „Jetzt müssen wir entweder neu definieren, was ein Mensch ist, oder was ein Werkzeug ist", begeisterte sich Louis Leakey. „Oder wir müssen die Schimpansen zu den Menschen rechnen."
Zum anderen beobachtete sie, wie die Schimpansen sogar andere Affenarten jagten, um sie zu verspeisen. Die These, dass Affen reine Vegetarier seien, entsprach somit ebenfalls nicht der Realität.
Gefühle sind nicht nur menschlich
Ihre Neugier, Geduld und ihr Ehrgeiz führten sie zu weiteren Forschungsergebnissen, in denen immer deutlicher wurde, wie nah die Schimpansen uns Menschen entwicklungsbiologisch stehen. Als individuelle Persönlichkeiten zeigen sie Emotionen wie Kummer, Trauer oder Scham und ähneln uns in sozialen Umgangsformen. Trotz eines fehlenden Universitätsstudiums wurde es der gelernten Sekretärin Jane Goodall 1962 ermöglicht, sich an der Universität von Cambridge zur Promotion einzuschreiben. 1965 wurde ihr die Doktorwürde als Ethologin verliehen. Im Jahre 1977 gründete sie das „Jane Goodall Institut for Wildlife Research, Education and Conservation", welches inzwischen in 30 Ländern weltweit vertreten ist und nunmehr auch für Deutschland einen Sitz in München hat.
Von der Forschung zum Umweltschutz
Im Jahre 1986, bei einer ihr zu Ehren abgehaltenen Konferenz in Chicago, erfuhr Jane Goodall, wie schlimm es um die Schimpansen und vor allem die Zerstörung ihres Lebensraums in Afrika tatsächlich steht: Die Urwälder schrumpften immer schneller, Schimpansenfleisch (sogenanntes „bush meat") war zunehmend begehrt und Wilderei sowie illegaler Handel florierten ungebremst. Nun war der Moment gekommen, wo die bekannte Forscherin beschloss, der Wissenschaft und Gombe den Rücken zu kehren und sich auf den aktiven Umwelt- und Tierschutz zu konzentrieren. Schnell wurde ihr klar: Ohne die Linderung der Armut als Ursache für die Plünderung der Natur würde auch dem Natur- und Artenschutz langfristig kein Erfolg beschieden sein. Seitdem engagiert sich Goodall auch in Sozialprojekten und kooperiert dabei ganz eng mit den Menschen vor Ort („community based conservation").
Rund um den Globus leisten die Jane Goodall Institute Aufklärungsarbeit, damit immer mehr Menschen die größer werdende globale Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt sowie die Dringlichkeit zum Umdenken und Handeln erkennen. Jane kämpfte unermüdlich für diese Mission – 300 Tage im Jahr ist sie auch heute noch in der ganzen Welt unterwegs – und wurde dafür von UN-Generalsekretär Kofi Annan 2002 zur UN-Friedensbotschafterin ernannt. Diese Auszeichnung erhielt sie unter anderem als Anerkennung für ihr Projekt Roots & Shoots (Wurzeln & Sprösslinge).
Hier geht es zum zweiten Teil des Artikels.
Umwelt | Umweltschutz, 01.07.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2014 - Tooooor! 3:0 für Nachhaltigkeit erschienen.
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