Die Beraterfalle
Wie Anleger sich mit „nachhaltigen“ Wünschen durchsetzen können
Was können AnlegerInnen tun, wenn ihr Berater nicht auf ihren nachhaltigen Investmentwunsch eingeht? Und warum sollten Mainstream-Banken darüber nachdenken, mehr Mitarbeitern eine Weiterbildung im Bereich nachhaltiger Investments zu ermöglichen?
Der Zugang zu nachhaltigen Geldanlagen ist für interessierte Anleger das große Problem. Denn obwohl solche Produkte seit mehr als 35 Jahren auf dem Markt sind, ist es für Privatanleger immer noch schwer, Fachberater für nachhaltige Anlageprodukte zu finden.
Diese Feststellung mag überraschen, denn immerhin bieten fast alle Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und freie Finanzberatungen inzwischen nachhaltige Finanzprodukte an. Doch meist erhalten Kunden auf ihre Anfragen keine zufriedenstellende Antwort. „Mein Berater wollte nicht so recht", „Er/sie hat meinen Wunsch irgendwie abgewehrt", „Meine Beraterin kannte sich mit dem Thema kaum aus," so der Tenor bei den Anlegertreffs von GELD mit Sinn. Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des Forums Nachhaltige Geldanlagen, bestätigt die Erfahrung der Anleger: „Neun von zehn Beratern haben das Thema nachhaltige Geldanlagen noch nicht auf dem Schirm."
Zeitdruck blockiert
Wir treffen dieses Problem besonders bei Mainstream-Banken und -Finanzberatungen an, und haben uns lange über die Zurückhaltung der betreffenden Geldhäuser geärgert. Wie kann es sein, dass sich Tausende von Anlegern mit ihrer Geldanlage für den Umweltschutz, eine grüne Wirtschaft, bessere Bildung oder Lebensmittel in Bioqualität einsetzen wollen und die Banken/Finanzberatungen sie dabei „blockieren"? Und warum lassen sich die konventionellen Finanzdienstleister das Geschäft mit der nachhaltigen Geldanlage entgehen?
Inzwischen wissen wir, dass das Problem im Vertriebssystem der Banken und Finanzberatungen begründet ist: Es ist nämlich sehr viel aufwendiger, einem Anleger nachhaltige Investments zu erklären, als ihm konventionelle Finanzprodukte anzubieten. Zunächst muss der Berater die verschiedenen Konzepte und Ansätze der nachhaltigen Geldanlage kennenlernen, d.h. er benötigt eine spezielle Weiterbildung. Zweitens muss er im Gespräch genau erfassen, was der Anleger unter Nachhaltigkeit versteht, damit er ein geeignetes Produkt anbieten kann. Dieser Prozess erfordert mitunter viel Zeit – Zeit, die einem gewöhnlichen Kundenberater in einer Mainstream-Bank nicht zur Verfügung steht, besonders wenn er meist unter der Auflage arbeitet, möglichst viele Produkte mit möglichst hohen Provisionen zu verkaufen.
Mit anderen Worten: Häufig sind nicht die Berater das Problem, sondern die Rahmenbedingungen sowie ihre Vorgesetzten, die ihnen keine Weiterbildung im Bereich Nachhaltige Investments zukommen lassen. Besonders die großen Banken haben bisher wenig Anstrengungen gezeigt, ihre Kundenberater für den Vertrieb nachhaltiger Investments fit zu machen. „Die Bereitschaft der Mainstream-Banken ist nach wie vor sehr gering, ihre Berater für den kundenorientierten Vertrieb nachhaltiger Investments auszubilden und ihnen den Vertrieb solcher Produkte nahezulegen, selbst dann, wenn ein Haus solche im Portfolio hat," berichtet die Finanzjournalistin Susanne Bergius, zuständig für das Handelsblatt Business Briefing Nachhaltige Investments.
Jörg Weber, Veranstalter des Fernlehrgangs ecoanlageberater, ergänzt: „An unseren Kursen nehmen vor allem Mitarbeiter aus Kirchenbanken oder Genossenschaftsbanken sowie freie Finanzberater teil, aber der Anteil der Berater aus Volksbanken, Sparkassen und konventionellen Großbanken nimmt zu." Auf der Webseite des Ausbilders finden Anleger eine Karte, auf der sämtliche Finanzberater mit entsprechender Fachausbildung verzeichnet sind: www.ecoanlageberater.de/deutschlandkarte
Berater herausfordern
Der Beraterengpass stellt nachhaltig orientierte Anleger vor eine Herausforderung. Denn die Mehrheit kauft Finanzprodukte nur nach vorheriger Beratung. Deshalb haben wir für Sie einige praktische Handlungsempfehlungen entwickelt, wie Sie „trotzdem" an eine hochwertige nachhaltige Anlageberatung kommen:
Den Kunden von Mainstream-Banken empfehlen wir, im Beratungs- oder Verkaufsgespräch auszuloten, wie groß die Hilfsbereitschaft ihres Beraters ist. In fast allen größeren Banken gibt es einen Experten für nachhaltige Investments, der die anderen Mitarbeiter im Haus mit Fachwissen unterstützt. Ist Ihr Berater bereit, das nötige Fachwissen von anderer Stelle einzuholen?
In kleineren Banken oder freien Finanzberatungen fehlt es häufig an einem solchen „Inhouse"-Experten. Wenn Sie merken, dass kein oder nicht genügend Fachwissen im Haus vorhanden ist, könnten Sie die Berater dazu anregen, sich ein solches Fachwissen anzueignen.
Gerne geben wir zu, dass solche Anstrengungen nicht immer von Erfolg gekrönt sind. (Wir wissen von einer sehr wohlhabenden Anlegerin, deren Berater sie abblitzen ließ mit dem Kommentar: „Ich habe noch 50 andere Kunden, die sich nicht für nachhaltige Investments interessieren.") Dennoch sind wir der Ansicht, dass der Dialog mit den Finanzunternehmen wichtig ist, denn ohne eine entsprechende Nachfrage der Kunden wird sich das Beratungsangebot nie verbessern. Deshalb: Fragen Sie nach und bleiben Sie am Ball!
Bankwechsel
Wenn Ihre bestehende Bank oder Finanzberatung trotz Ihrer Anstrengungen nicht einlenkt, ist es Zeit, über einen Unternehmenswechsel nachzudenken.
Wenn Sie eine wirklich fundierte Beratung zu nachhaltigen Finanzprodukten wünschen, können Sie sich an eine Nachhaltigkeitsbank wenden. In Deutschland sind inzwischen vier solcher Spezialbanken mit unterschiedlichen Angeboten und Nachhaltigkeitsansätzen aktiv sowie einige Kirchenbanken mit entsprechenden Angeboten. Das Angenehme einer solchen Bankberatung ist, dass die Berater selber eine nachhaltige Überzeugung vertreten und Ihre Vorstellung von Nachhaltigkeit sehr differenziert und fundiert erfassen können. Eine Übersicht dieser Banken finden Sie auf www.geldmitsinn.de unter „Nachhaltig anlegen".
Freie Finanzberatungen
Wenn Ihnen das Produktspektrum der Nachhaltigkeitsbanken nicht ausreicht, können Sie auch eine unabhängige Finanz- oder Vermögensberatung aufsuchen, die auf nachhaltige Geldanlagen spezialisiert ist. Viele dieser Spezialisten sind auch in der konventionellen Geldanlage bewandert, so dass Sie Ihr Vermögen nicht zu 100 Prozent in nachhaltige Investments anlegen müssen. Besonders Frauenfinanzberatungen bieten häufig beide Wege an. Eine Übersicht unabhängiger Anlageberater mit Nachhaltigkeitskompetenz finden Sie auf www.ecoreporter.de unter „Nachhaltige Anbieter."
Fazit: Nachfragen!
Es ist in Deutschland durchaus möglich, gute Fachberater für nachhaltige Geldanlagen zu finden. Bei den Mainstream-Banken ist die Zahl der entsprechend geschulten Mitarbeiter noch am dünnsten gesät, gleichzeitig sind es die großen Banken, welche die Mehrheit des privaten Anlagekapitals unter ihrem Dach vereinen. Deshalb ist es wichtig, dass Anleger bei diesen Banken mehr Beratungsangebote zu nachhaltigen Geldanlagen anregen und sich von ihrem nachhaltigen Anlagewunsch nicht abbringen lassen.
Birte Pampel
ist Gründerin der Initiative GELD mit Sinn e.V., die Anleger über ihre Chancen und Möglichkeiten der nachhaltigen Geldanlage aufklärt. www.geldmitsinn.de
Lifestyle | Geld & Investment, 01.04.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2015 - Nachhaltige Mode erschienen.
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