Die Stadt als Rohstoff-Depot
Bislang war der Rückbau von Gebäuden und Gewerbegebieten für Planer kein Thema. Doch Rohstoffe werden auch für die Baubranche knapp.
Der Rohstoffverbrauch der Baubranche ist gewaltig. Mehr als
50 Prozent der weltweit abgebauten Rohmaterialien werden
für Gebäude und Infrastrukturbauten benötigt. Gleichzeiti g ist die Baubranche der größte Abfallproduzent. In Deutschland war sie nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2012 für fast 60 Prozent des Aufkommens verantwortlich. Währenddessen klagen bereits heute mehr als 85 Prozent
der Unternehmen der Branche über steigende Preise und
stufen das Thema Rohstoffknappheit drängender ein als die viel diskutierte Energiefrage. Doch Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren maßgeblich dem Effizienzgedanken verpflichtet. Viele Anstrengungen konzentrierten sich auf das Energiesparen und haben dabei häufig die Probleme vom Betrieb in die Rückbauphase verschoben. Beispielsweise sind in Wärmedämmverbundsystemen bis zu 20 verschiedene Stoffe auf untrennbare Weise miteinander verbunden, die nichts als Sondermüll hinterlassen. Hier gehen Rohstoffe von der Wiege ins Grab.
Städte als Rohstoffdepots

Alternative Geschäftsmodelle und Renditechancen
Die vollständige Kreislauffähigkeit der Konstruktionen im Sinne von C2C ergibt ganz neue Businesschancen – denn wenn Bauprodukte vollständig rezyklierbar sind, haben die Hersteller ein ureigenes Interesse, die Produkte wieder zurückzubekommen. Dadurch werden Leasingmodelle, bei
welchen der Nutzer nur eine monatliche Miete bezahlt und der Hersteller das Produkt am Ende zurücknimmt und
recycelt, möglich. Oder es wird eine Rücknahmegarantie, beispielsweise auf Basis des jeweiligen Börsenpreises, ausgesprochen. Dann kann der Investor den Materialrestwert seines Gebäudes oder Quartiers in die Bilanz aufnehmen und profitiert bereits ab Erstellung von der späteren Rezyklierbarkeit. Drees & Sommer hat deshalb eine Methode entwickelt, um die Mehrwerte quantifizieren zu können.
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Neue Planungsprozesse und Tools
In letzter Konsequenz erfordern die aufgezeigten Ansätze nichts Geringeres als eine Designrevolte. Für Planer und Konstrukteure der Baubranche war die Rückbauphase bis dato
kein Thema. Mit der Einführung von Building Information Modeling (BIM), einer Methode, welche einen durchgängig digitalen Planungsprozess in 3D ermöglicht, besteht jedoch die Chance, das Wissen über die verbauten Materialien, deren stoffliche Zusammensetzung sowie die angestrebten Nachnutzungsoptionen ideal in den Planungsprozess zu integrieren und in einer Art RohstoffPass für Gebäude und Quartiere zu dokumentieren.
Stoffkreisläufe, Kooperation und Wertschöpfung
Betrachtet man die ganze Dimension des Städtebaus, ist jedoch nicht nur der Bau von Gebäuden, Straßen und Brücken relevant, sondern insbesondere auch deren Vernetzung auf Quartiersebene. Denn werden die Stoffkreisläufe innerhalb des Ökosystems Stadt durch intelligente Infrastruktur und einen Austausch von Wärme, Kälte, Strom, Wasser sowie industriellen Nebenprodukten geschlossen, können hohe ökonomische und ökologische Synergien gehoben und die lokale Wertschöpfung gesteigert werden, ganz nach dem Motto: Des einen Abfall ist des anderen Rohstoff. Für den Forschungs und Industriepark Tegel, der als Nachnutzung des Berliner AltFlughafens TXL entsteht, konnte Drees & Sommer beispielsweise ein offenes und flexibles Wärme- und Kältenetz entwickeln. Dieses beinhaltet unter anderem den flexiblen Austausch von Wärme und Kälte zwischen den ansässigen Unternehmen. Das heißt, die Nutzer können je nach Bedarf und Jahreszeit Wärme oder Kälte beziehen oder Überschüsse in das Netz einspeisen – und dadurch im Verbund durch den Kreislauf profitieren.
Noch weiter geht die Stadt Bielefeld, die im Rahmen des C2C Bizz Projekts („Cradle to Cradle Business Innovation & Improvement Zones") Konzepte für ein ganzes Gewerbegebiet entwickelt.

Ziel ist es, durch ein innovatives C2C Gewerbequartier mit leistungsfähiger, offener Infrastruktur besonders attraktiv für innovative Unternehmen zu werden und dadurch eine nachhaltige und zukunftsweisende Wirtschaftsförderung zu betreiben. Der Zukunft steht somit
nichts mehr im Wege.
Dr. Peter Mösle (Foto)
ist Partner und Geschäftsführer bei Drees & Sommer.
Valentin Brennerist Projektingenieur. Drees & Sommer begleitet Bauherren und Investoren bei allen Fragen rund um die Immobilie. Ziel des Unterneh
mens ist immer, Ökonomie, Ökologie
und Funktionalität zu vereinen. Dabei setzt es den Fokus verstärkt auf Cradle
to Cradle.
Gesellschaft | Green Cities, 15.11.2014
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