Sind die nachhaltigen Entwicklungsziele tatsächlich nachhaltig?

Neue Studien bei 3. Global Soil Week vorgestellt

Der Schutz von Böden und Land ist zentral für eine Reihe aktueller ökologischer, sozialer und ökonomischer Probleme. Bei der 3. Global Soil Week vom 19.-23. April diskutieren diese Woche rund 500 Teilnehmer aus 78 Ländern über konkrete Möglichkeiten, gegen die fortschreitende Degradation der Böden weltweit vorzugehen. Die Rolle des Bodenschutzes für die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) ist eines der Schwerpunktthemen. Am Montag, 20. April, wurden in einer gemeinsamen Pressekonferenz des IASS, des UNEP International Resource Panel (IRP) und des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) zwei neue Studien vorgestellt, die die Wirksamkeit und vor allem Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen 17 SDGs in Bezug auf den immensen und immer noch steigenden Bedarf an Ressourcen wie Land und Biomasse untersuchen. Empfehlungen dazu an die Politik haben das IASS und Partner in ihrer Publikation „Grounding the Post-2015 Development Agenda: Options for the protection of our precious soil and land resources” formuliert, die sie am Dienstag mit Konferenzteilnehmern diskutierten.
 
Die 17 SDGs sind nicht konsistent. © IASS/Piero Chiussi Das IASS, das IRP und das IIASA zogen während der Präsentation ihrer Studien am Montag übereinstimmend die Schlussfolgerung, dass der immense Bedarf an Land und Biomasse, der in den Zielen impliziert ist, die künftige Verfügbarkeit von Land beeinflussen und potenziell die Verwirklichung der Ziele behindern wird: Der aus den nachhaltigen Entwicklungszielen hervorgehende gesamte Flächenbedarf übersteigt unsere Landressourcen. Die IIASA-Studie untersucht die wirtschaftlichen Verknüpfungen, positiven Nebeneffekte und Konflikte der verschiedenen Ziele, besonders in Bezug auf Land-, Nahrungs- und Wasserressourcen. Schutzbemühungen, die auf eine Ressource oder Region fokussiert sind, können die Preise hochtreiben, was zu Ernährungsunsicherheit und verstärkter Nutzung anderer Ressourcen führt. „Die Konkurrenz um Ressourcen betrifft alle 17 nachhaltigen Entwicklungsziele", warnte Michael Obersteiner, Programmdirektor Ecosystem Services and Management des IIASA. „Wenn die Nationen jetzt Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele entwickeln, kann nur ein systematischer Ansatz helfen, kritische Interdependenzen zu offenbaren und ein Nullsummenspiel zu verhindern", argumentierte er während der Präsentation der vom IRP in Auftrag gegebenen IIASA-Studie.
Töpfer: SDGs stellen mehr Ansprüche an Böden, als wir zur Verfügung haben
 
Zwölf der vorgeschlagenen SDGs betreffen die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und gleich mehrere sind abhängig von der Nutzung zusätzlicher Landressourcen, zum Beispiel die Ziele zu Ernährungssicherheit (Ziel 2), Energieversorgung (Ziel 7), Produktion und Konsum (Ziel 12) und zur nachhaltigen Nutzung der Ökosysteme (Ziel 15). „Die 17 SDGs sind dadurch eben nicht konsistent. Sie stellen viel mehr Anspruch an Biomasse und Böden, als wir tatsächlich zur Verfügung haben. Wir müssen hier Prioritäten setzen, etwa bei der Nahrungssicherung", sagte IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer. Die IASS-Studie betont die Notwendigkeit, während der Umsetzung der Ziele auf der nationalen Ebene demokratische Wege zu finden, den unterschiedlichen Anforderungen an Böden gerecht zu werden, die aus den nachhaltigen Entwicklungszielen entstehen. Dabei komme auch den Konsumenten eine wichtige Rolle zu. Die Entscheidungen, die wir treffen, seien von großer Bedeutung: nicht nur, was wir konsumieren, sondern auch Lebensmittel so zu kaufen, dass sie letztlich nicht doch verderben.
 
Ernst Ulrich von Weizsäcker, Mitglied von IRP und bis vor kurzem Co-Vorsitzender IRP sagte: „Bei den SDGs stoßen die ökologischen Ziele naturgemäß auf feste Grenzen, während die sozialen und ökonomischen Ziele immer mehr Wachstum verlangen. Es ist ein massiver Konflikt und folglich ein Verteilungsproblem: Wir haben einen endlichen Erdball, also müssen die Reichen etwas abgeben, sonst bleibt es ungerecht.” Mette Wilkie, Direktorin der UNEP-Abteilung Environmental Policy and Implementation, zog das Fazit: „Beide Studien zeigen, dass wir nicht so weitermachen können wie bisher. Wir müssen unseren Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen und deren Nutzung ändern und uns auf nachhaltigere Produktions- und Konsummuster zubewegen."
 
Wie kann die Post-2015-Agenda überprüft werden?
Die Autoren der Publikation „Grounding the Post-2015 Development Agenda: Options for the protection of our precious soil and land resources”, die am Dienstag auf der Global Soil Week vorgestellt wurde, beschreiben Möglichkeiten zur Überwachung und Überprüfung der SDGs. Sie betonen, dass Land- und Boden-Ressourcen zahlreiche Schlüsselfunktionen wie die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, die Kohlenstoffbindung, den Nährstoffkreislauf, den Schutz der Biodiversität und die Wasserregulierung haben. Zudem machen sie Vorschläge für globale Indikatoren, um „ein Minimum an weltweit vergleichbarer Information über Boden und Land zu erfassen". Siefordern, dass die Überprüfung der Post-2015-Agenda über die regelmäßige Erfassung der Indikatoren hinausgehen müsse. Notwendig seien nationale Initiativen unter Beteiligung relevanter Interessengruppen. Die Vorschläge wurden vom IASS gemeinsam mit Biovision, dem International Center for Tropical Agriculture, der Europäischen Umweltagentur, der Global Forest Coalition, den Jacob Blaustein Institutes for Desert Research, dem Millennium Institute, dem Umweltbundesamt, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung und weiteren Autoren erarbeitet. Sie werden am 12. und 13. Mai im Rahmen der Post-2015-Entwicklungsagenda bei einer hochrangigen Veranstaltung in New York präsentiert.
 
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Umwelt | Wasser & Boden, 22.04.2015

     
        
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