Vertreter aus Wirtschaft und Politik fordern einheitlichen Standard für EU-Berichtspflicht
Um Europas Wirtschaft erfolgreicher und wettbewerbsfähiger zu machen, setzt die EU bei größeren kapitalmarktorientierten Unternehmen zukünftig auf die Offenlegung nichtfinanzieller Kennzahlen.
Wie die neue EU-Richtlinie am besten in nationales Recht umzusetzen sei, war das zentrale Thema des parlamentarischen Abends, zu dem der Nachhaltigkeitsbeirat des Deutschen Bundestages und der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung gestern geladen hatten.
Unter dem Motto „Nachhaltigkeit – Berichtspflicht mit Mehrwert?" diskutierten gestern Abend in Berlin Bundestagsabgeordnete und Repräsentanten der Bundesregierung mit Experten aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Dabei ging es darum, wie ein nationaler Gesetzesentwurf auszusehen habe, der die Ziele der EU-Richtlinie 2014/95/EU – nachhaltiges Wirtschaften und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit – erfolgreich verbindet. Die Teilnehmer erörterten darüber hinaus die Rolle, die der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) in diesem Zusammenhang spielen kann. Der DNK ist der vom RNE entwickelte Standard zur strukturierten Darstellung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen.
In seiner Eröffnungsrede forderte der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung (PBnE), Andreas Jung, eine zügige und ambitionierte Umsetzung der EU-Richtlinie. „Bei der Umsetzung müssen wir mit Rückenwind für den Nachhaltigkeitskodex unserer Vorreiterrolle gerecht werden." Notwendig sei daher eine frühzeitige Einbindung des Parlaments. Der Nachhaltigkeitsbeirat werde sich dabei aktiv einbringen. Von besonderem Interesse sei für die Parlamentarier, wie Stakeholder und Unternehmen, die bereits für glaubwürdiges Nachhaltigkeitsmanagement und -reporting stehen, über die Thematik denken.
Marlehn Thieme, Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), unterstrich den Beitrag des Nachhaltigkeitskodex zu einem fairen Wettbewerb. Er mache vorbildliche Unternehmenspraxis zum Maßstab nachhaltigen Wirtschaftens. Sie hob zudem hervor, dass die EU-Kommission den DNK wiederholt als geeignetes Instrument für die neue Berichtspflicht empfohlen habe. Deshalb sei nun der Gesetzgeber gefordert, den Nachhaltigkeitskodex im deutschen Gesetz als verbindlichen Standard zu verankern.
Staatssekretär Gerd Billen vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) erklärte im Anschluss, dass sein Haus bereits mit Nachdruck am Gesetzesentwurf arbeite. Man werde noch im ersten Halbjahr 2015 relevante Stakeholder einladen, um deren konkrete Erwartungen zu erfahren und die Ideen des BMJV intensiv zu diskutieren. Einen ersten Referentenentwurf kündigte er für den Herbst dieses Jahres an. Der DNK sei hierbei als Bezugsrahmen sicherlich geeignet, jedoch nicht der einzig zu nennende Standard.
Einen einheitlichen Standard, der klare Kriterien vorgibt und Vergleichbarkeit ermöglicht, forderten Vertreter aus der Wirtschaft. Zudem dürften gerade mittelständische Unternehmen bei der Erfüllung der Berichtspflicht nicht überfordert werden. Der Nachhaltigkeitskodex sei aus Unternehmenssicht ein pragmatischer Ansatz und könne daher durchaus im Gesetz verankert werden. Die anwesenden Mitglieder des PBnE aus allen vier Fraktionen forderten eine einheitliche Vorgehensweise, eine hohe Verbindlichkeit und eine unbürokratische Umsetzung. Man müsse auf bereits bewährte Rahmenwerke zurückgreifen, statt das Rad neu zu erfinden.
Die Teilnehmer des Abends waren sich einig, dass die neue Berichtspflicht eine große Chance für nachhaltigeres Wirtschaften bietet. Zugleich wurde deutlich, dass der DNK die hohen Erwartungen und Forderungen an ein standardisiertes Rahmenwerk erfüllen und ein gemeinsames Verständnis für mehr Nachhaltigkeit schaffen kann.
Wirtschaft | Recht & Normen, 23.04.2015
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