Nachhaltigkeit gewinnt langsam Raum in unserem kollektiven Bewusstsein.
Leugnen zwecklos - Der T(h)urmblick
2012 war anders. Nicht nur, weil es das Jahr der vielen Jubiläen war: Die Publikation von Rachel Carsons Buch "The Silent Spring" jährte sich zum 50. Male; das bis heute meistverkaufte Buch zur Nachhaltigkeit, die "Grenzen des Wachstums" des Club of Rome, wurde 40; die legendäre 1992er Rio Konferenz wurde mit einer Folgekonferenz am selben Ort gefeiert.
War 2012 der Wendepunkt im Hinblick auf die Einsicht in die Unausweichlichkeit der Nachhaltigkeit als Blaupause für eine erfolgreiche Globalisierung? Für ein Möglichmachen des Überlebens der Menschen auf diesem Planeten, um es einmal wieder in des Lesers Erinnerung zu rufen?
Ich meine ja, auch wenn es weiterhin viele gegenläufige Tendenzen gibt. Für den unaufhörlichen Optimisten in mir scheint die Frage "wie Nachhaltigkeit umsetzen?" nun endgültig über das "ob Nachhaltigkeit überhaupt umsetzen?" gesiegt zu haben. Die Energiewende ist unumkehrbar, die Daten zur Klimaveränderung sind unumstößlich und die Bilder eindringlich (Dürre und Sturm in den USA sind nur ein Beispiel). Führende Unternehmer übernehmen Rollen, die eigentlich der Politik zugeschrieben waren, einfach weil es qua Zeitpunkt und Geschäftsmodell die einzig übrig gebliebene Lösung ist. Drei weitere Aspekte tragen zu meinem Optimismus bei:
Optimismus ist das einzige, was wir uns noch leisten können
Rio +20 brachte uns zumindest einen Konsens: Die Weltwirtschaft kann langfristig nur grün und sozial integrativ erfolgreich sein. Zu den bestehenden Millennium Development Goals (MDG) kommen bis 2015 die noch zu erarbeitenden Sustainable Development Ziele (SDZ) ergänzend hinzu - oder integrieren die MDG in überarbeiteter Form. Eine unausweichliche Konsequenz: Dem quantitativen Wachstumsmodell wurde mit diesem Bekenntnis die Berechtigung entzogen. Die neuen Sustainable Development Ziele müssen zwei Funktionen übernehmen: einerseits Obergrenzen planetärer Verbräuche definieren; nicht ohne Grund hat z.B. der World Business Council on Sustainable Development (WBCSD) nun eine Partnerschaft mit dem Stockholm Resilience Institute geschlossen - man will kräftig mitwirken an deren Erstellung; außerdem sollen die SDZ nachprüfbare soziale Mindeststandards festlegen - als Vorbild dient das Ruggie Framework im Bereich Menschenrechte. Andererseits müssen hiermit aber auch Rahmenbedingungen eines neuen Kapitalismus festgelegt werden, in dem Märkte ihre vollen Kräfte entfalten können, aber diesmal in die richtige Richtung. Nachweislich nicht-nachhaltigem Wachstum muss dann die gesellschaftliche Akzeptanz versagt bleiben. Zu naiv gedacht? Kurzfristig vielleicht, aber was wäre außer erneutem Scheitern das Gegenmodell?
Die Schuld muss weg
2012 haben wir - so denke ich - grundsätzlich begriffen, dass Wachstum alter Schule und unbegrenzt Schuldenmachen in die Sackgasse führen: Wachsen wir weiter wie bisher, um unsere Schulden abzubauen, fliegt uns der Planet um die Ohren; wachsen wir nicht wie bisher, fliegen uns die Schulden um die Ohren. Eine Kombination aus qualitativem Wachstum und gleichzeitigem Schuldenschnitt erscheint unausweichlich und eröffnet neue Chancen. Interessant ist der Vorschlag aus der Occupy-Bewegung, durch Spendenaufrufe Geld zu sammeln, um Teile der Privatschuld aus dem Markt zu kaufen und einfach zu vergessen; schließlich haben Banken ja auch andere Schulden zu einem niedrigen Prozentsatz verkauft und den Rest abgeschrieben. Innovative Nivellierung ist noch allemal besser als eine (nicht auszuschließende) Währungsreform.
Unternehmen vereinen Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht
Integrierte Berichterstattung kommt, auch wenn noch viel Feinschliff nötig ist. GRI wird im Mai 2013 die G4 Guidelines veröffentlichen, die insbesondere qualitativ mehr von Firmen einfordern: Tatsächlicher Impact, Wesentlichkeit und Berichtsgrenzen rücken zusammen und somit in den Vordergrund des Berichts. Dies bildet die Brücke zu dem Ende 2013 erscheinenden Basis-Rahmenwerk zur integrierten Berichterstattung des IIRC. Mehr als 80 Pilotfirmen und ein Netzwerk an Investoren arbeiten daran. Interessanterweise laufen parallel auch verschiedene Aktivitäten, um die sektorspezifische Berichterstattung zu konsolidieren: In den USA ist das Sustainability Accounting Standards Board (www.sasb.org) damit beschäftigt, die Global Initiative for Sustainability Ratings (www.gisr.org) hat sich zum Ziel gesetzt, für Industriesektoren Indikatoren für Rater und Ranker zu entwickeln. Auch GRI hat parallel zur G4-Entwicklung einen ebensolchen Arbeitsprozess gestartet.
Dies sind nur drei Aspekte, die meinen Optimismus nähren. Sollte ich schnell noch erwähnen, dass Barack Obama das Thema Klimaschutz in seiner Siegesrede im November doch tatsächlich mit einem Nebensatz belegte. Die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt. Auf ein gutes Jahr 2013!
Ich meine ja, auch wenn es weiterhin viele gegenläufige Tendenzen gibt. Für den unaufhörlichen Optimisten in mir scheint die Frage "wie Nachhaltigkeit umsetzen?" nun endgültig über das "ob Nachhaltigkeit überhaupt umsetzen?" gesiegt zu haben. Die Energiewende ist unumkehrbar, die Daten zur Klimaveränderung sind unumstößlich und die Bilder eindringlich (Dürre und Sturm in den USA sind nur ein Beispiel). Führende Unternehmer übernehmen Rollen, die eigentlich der Politik zugeschrieben waren, einfach weil es qua Zeitpunkt und Geschäftsmodell die einzig übrig gebliebene Lösung ist. Drei weitere Aspekte tragen zu meinem Optimismus bei:
Optimismus ist das einzige, was wir uns noch leisten können
Rio +20 brachte uns zumindest einen Konsens: Die Weltwirtschaft kann langfristig nur grün und sozial integrativ erfolgreich sein. Zu den bestehenden Millennium Development Goals (MDG) kommen bis 2015 die noch zu erarbeitenden Sustainable Development Ziele (SDZ) ergänzend hinzu - oder integrieren die MDG in überarbeiteter Form. Eine unausweichliche Konsequenz: Dem quantitativen Wachstumsmodell wurde mit diesem Bekenntnis die Berechtigung entzogen. Die neuen Sustainable Development Ziele müssen zwei Funktionen übernehmen: einerseits Obergrenzen planetärer Verbräuche definieren; nicht ohne Grund hat z.B. der World Business Council on Sustainable Development (WBCSD) nun eine Partnerschaft mit dem Stockholm Resilience Institute geschlossen - man will kräftig mitwirken an deren Erstellung; außerdem sollen die SDZ nachprüfbare soziale Mindeststandards festlegen - als Vorbild dient das Ruggie Framework im Bereich Menschenrechte. Andererseits müssen hiermit aber auch Rahmenbedingungen eines neuen Kapitalismus festgelegt werden, in dem Märkte ihre vollen Kräfte entfalten können, aber diesmal in die richtige Richtung. Nachweislich nicht-nachhaltigem Wachstum muss dann die gesellschaftliche Akzeptanz versagt bleiben. Zu naiv gedacht? Kurzfristig vielleicht, aber was wäre außer erneutem Scheitern das Gegenmodell?
Die Schuld muss weg
2012 haben wir - so denke ich - grundsätzlich begriffen, dass Wachstum alter Schule und unbegrenzt Schuldenmachen in die Sackgasse führen: Wachsen wir weiter wie bisher, um unsere Schulden abzubauen, fliegt uns der Planet um die Ohren; wachsen wir nicht wie bisher, fliegen uns die Schulden um die Ohren. Eine Kombination aus qualitativem Wachstum und gleichzeitigem Schuldenschnitt erscheint unausweichlich und eröffnet neue Chancen. Interessant ist der Vorschlag aus der Occupy-Bewegung, durch Spendenaufrufe Geld zu sammeln, um Teile der Privatschuld aus dem Markt zu kaufen und einfach zu vergessen; schließlich haben Banken ja auch andere Schulden zu einem niedrigen Prozentsatz verkauft und den Rest abgeschrieben. Innovative Nivellierung ist noch allemal besser als eine (nicht auszuschließende) Währungsreform.
Unternehmen vereinen Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht
Integrierte Berichterstattung kommt, auch wenn noch viel Feinschliff nötig ist. GRI wird im Mai 2013 die G4 Guidelines veröffentlichen, die insbesondere qualitativ mehr von Firmen einfordern: Tatsächlicher Impact, Wesentlichkeit und Berichtsgrenzen rücken zusammen und somit in den Vordergrund des Berichts. Dies bildet die Brücke zu dem Ende 2013 erscheinenden Basis-Rahmenwerk zur integrierten Berichterstattung des IIRC. Mehr als 80 Pilotfirmen und ein Netzwerk an Investoren arbeiten daran. Interessanterweise laufen parallel auch verschiedene Aktivitäten, um die sektorspezifische Berichterstattung zu konsolidieren: In den USA ist das Sustainability Accounting Standards Board (www.sasb.org) damit beschäftigt, die Global Initiative for Sustainability Ratings (www.gisr.org) hat sich zum Ziel gesetzt, für Industriesektoren Indikatoren für Rater und Ranker zu entwickeln. Auch GRI hat parallel zur G4-Entwicklung einen ebensolchen Arbeitsprozess gestartet.
Dies sind nur drei Aspekte, die meinen Optimismus nähren. Sollte ich schnell noch erwähnen, dass Barack Obama das Thema Klimaschutz in seiner Siegesrede im November doch tatsächlich mit einem Nebensatz belegte. Die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt. Auf ein gutes Jahr 2013!
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Ralph Thurm ist Gründer und Managing Director von A|HEAD|ahead. Für forum schreibt er regelmäßig die Kolumne "Der T(h)urmblick".
Ralph Thurm ist Gründer und Managing Director von A|HEAD|ahead. Für forum schreibt er regelmäßig die Kolumne "Der T(h)urmblick".
Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 13.02.2013
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2013 - 300 Jahre Nachhaltigkeit in Deutschland erschienen.
Pioniere der Hoffnung
forum 01/2025 ist erschienen
- Trotz der aktuellen Wahl- und Politikdesaster, die wenig Hoffnung machen, setzt das Entscheider-Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften ein klares Zeichen und zeigt umso deutlicher, dass positiver Wandel möglich ist – auf ökologischer, ökonomischer, sozialer und politischer Ebene.
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