75 Prozent des weltweiten Saatguts in der Hand von zehn Konzernen
Die Dominanz von Agrar- und Ernährungskonzernen wächst stetig und wird durch die Regierungen der G7 massiv unterstützt.
Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung auf dem Saatgutmarkt. Die zehn größten Saatgutkonzerne haben weltweit einen Marktanteil von 75 Prozent. Neun der zehn Konzerne stammen aus G7-Staaten, unter ihnen Monsanto, Dupont und Bayer CropScience. Das zeigt die neue Broschüre „Konzernmacht grenzenlos", die sieben Entwicklungsorganisationen im Vorfeld des G7-Gipfels veröffentlichen.
Seit 30 Jahren wächst der kommerzielle Saatgutmarkt stark und umfasst mittlerweile ein Volumen von über 44 Milliarden US-Dollar. Dieser Markt wird von wenigen Konzernen dominiert. Mit zunehmender Machtkonzentration, wie der jüngste Übernahmeversuch des drittgrößten Saatgutkonzerns Syngenta durch den Marktführer Monsanto zeigt.
Die Saatgutunternehmen konzentrieren sich auf die Entwicklung einiger weniger Sorten, die sie global vermarkten. Durch ihre Marktdominanz und konzernfreundlichen Gesetzgebungen werden Bäuerinnen und Bauern kriminalisiert, wenn sie ihr eigenes Saatgut züchten und handeln. „Sie geraten in die Abhängigkeit von Konzernen und können nicht länger unabhängig für ihre Ernährung und ihr Einkommen aufkommen. Langfristig führt dies zu einer Ausweitung von Armut", erklärt Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forum Umwelt und Entwicklung.
Durch die Konzernstrategie, nur wenige Sorten zu vermarkten, hat sich die Vielfalt aller weltweit angebauten Kulturpflanzen im Laufe des 20. Jahrhunderts um 75 Prozent verringert. „Eine fatale Entwicklung", meint Jan Urhahn, Referent für Landwirtschaft und Ernährung bei INKOTA, „denn eine große Sortenvielfalt ist ein zentraler Überlebensfaktor, um sich an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels anzupassen." Bäuerinnen und Bauern in Entwicklungsländern werden durch die Dominanz von Agrarkonzernen somit mehrfach benachteiligt. Erschreckend an der derzeitigen Entwicklung im globalen Agrarsektor sei aber nicht allein die Dominanz von einigen wenigen Megakonzernen. „Ihre Vorherrschaft wird durch die Politik der G7-Regierungen noch untermauert", so Urhahn weiter.
Welternährung war in den letzten Jahren immer wieder Schwerpunkt der G7-Gipfel. Dazu haben die Regierungen eigene Programme verabschiedet, die mit dem Ziel der Hungerbekämpfung Investitionen in die Landwirtschaft in Entwicklungsländern vereinfachen sollen – faktisch aber lediglich Konzernen neue Absatzmärkte verschaffen. „Mit der Gründung der G7-Initiative ‚Neue Allianz für Ernährungssicherung‘ 2012 und den damit verbundenen Abkommen mit afrikanischen Staaten haben sich die G7 direkt in den Kampf um Saatgut in Afrika eingemischt", so Stig Tanzmann, Agrarexperte von Brot für die Welt. „Die afrikanische Landwirtschaft soll mit aller Macht industrialisiert und kapitalisiert werden", so Tanzmann weiter.
In der neuen Broschüre „Konzernmacht grenzenlos: Die G7 und die weltweite Ernährung" haben Brot für die Welt-Evangelischer Entwicklungsdienst, FIAN Deutschland, das Forum Umwelt und Entwicklung, das INKOTA-netzwerk, Misereor, Oxfam Deutschland und die Welthungerhilfe erstmals in dieser Form aktuelle Informationen zusammengetragen, die die Machtkonzentrationen im gesamten Agrarsektor von Saatgut, über Handelspolitik bis hin zum Supermarkt mit Fakten und Beispielen veranschaulichen. Abschließend wird aufgezeigt, an welchen Stellschrauben die G7 drehen müssen, wenn sie tatsächlich zu einer nachhaltigen Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung beitragen wollen.
Lifestyle | Essen & Trinken, 27.05.2015
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