Global denken - lokal handeln!

Die Bewohner von Ökodörfern schützen Natur nicht nur, sondern helfen ihr, sich zu regenerieren

Derzeit geschieht eine stille Revolution auf unserem Planeten. Abseits der großen Zentren, in Dörfern und Stadtteilen schließen sich Bürger und Bürgerinnen zusammen und übernehmen Verantwortung für ihre Umgebung, für die Natur, die sie umgibt, für ihr soziales, ökonomisches und ökologisches Handeln.
 
Ökodörfer - Biotope für Experimente © Tamera Peace Research CentreDer Zusammenschluss von Menschen, die neue Zukunftsperspektiven gestalten wollen, findet in Satdtteilen und noch häufiger in sogenannten Ökodörfern statt. Das sind gewachsene Dorfgemeinschaften oder Lebensgemeinschaften, die durch bewusste Mitwirkung all ihrer Bewohner und Bewohnerinnen entstehen. Ein Ökodorf soll die Lebensqualität der Menschen verbessern und gleichzeitig dazu beitragen, die umliegende Natur nicht nur zu schützen, sondern sogar zu regenerieren. Die vier Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Wirtschaft, Soziales und Kultur – sind häufig zu einem ganzheitlichen Ansatz integriert.
 
Es kommt Bewegung in unsere Gesellschaft
In Wohnzimmern, Kneipen oder Küchen werden Ideen und Initiativen geboren, die praktisch und direkt CO2-Emissionen senken, Gemeinden wiederbeleben und Job-Perspektiven schaffen sollen.
In Eigeninitiative entstehen gemeinsam getragene Landwirtschaftsbetriebe und Stadtteilzentren, Saatgut-Märkte und urbane Permakulturen, Tauschringe und lokale Währungen, kollektive Photovoltaikanlagen und freie Schulen, selbstverwaltete Dorfbanken mit Mikrokrediten – und vieles mehr. Viele dieser Initiativen werden inspiriert durch das Beispiel von Ökodörfern und von diesen ganz konkret mit Know How unterstützt.
 
Biotope für Experimente
Ökodörfer bieten Raum für Experimente: Vom Handwerk bis hin zu Landwirtschaft. © Tamera Peace CentreÖkodörfer und Gemeinschaften möchten ganz praktisch zeigen, dass ein ökologisch und sozial nachhaltiges Leben ein Gewinn an Lebensqualität bedeuten kann. Durch ihr Beispiel wird deutlich: Der ökologische Fußabdruck kann signifikant reduziert werden; die Wiederbelebung regionaler Wirtschafts- und Energiekreisläufe ist möglich und ein wichtiges Gegengewicht zur Globalisierung. Ökodörfer bereichern Regionen mit ökologischen Unternehmen, Arbeitsplätzen und kulturellen Angeboten und machen sie so auch für Familien wieder attraktiv. Sie sind damit ein aktiver Beitrag gegen den demographischen Wandel.
Ökodörfer und Gemeinschaften weltweit verbinden modernes und traditionelles Wissen mit nachhaltigen und innovativen Ansätzen in Landwirtschaft, Energie- und Ressourcenversorgung, Wasser- und Abfallmanagement, Architektur und sozialen, partizipativen Prozessen. Sie sind ein entscheidender gesellschaftlicher Beitrag, um für globale Probleme neue lokale Lösungen zu entwickeln.
 
Ein internationales Netzwerk
Generationenübergreifendes Wohnen in Ökodörfern © TempelhofGEN, das Global Ecovillage Network, feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Mit all seinen regionalen Netzwerken erreicht GEN über 10.000 Dörfer und Projekte.
Eines davon ist zum Beispiel das Schloss Tempelhof in Baden-Württemberg. Die Gemeinschaft und Zukunftswerkstatt entsteht seit 2010 im schwäbischen Hohenlohe auf 32 Hektar, mit heute über 100 Erwachsenen und fast 40 Kindern. „Wir haben lange nach einem geeigneten Objekt gesucht", berichtet Agnes Schuster von der Gründergruppe. „Dann kam einer von uns auf die Schnapsidee, im Internet den Begriff ´Dorf kaufen´ einzugeben – so fanden wir ein still gelegtes Kinderheim mit vielen intakten Gebäuden." Heute betreibt die Gemeinschaft einen Waldkindergarten, eine freie Schule, einen Seminarbetrieb mit Gästehaus, Tischlerei, Baubetrieb, Gärtnerei und Landwirtschaft und eine Bauwagenmanufaktur. Darüber hinaus beraten sie andere Gemeinschaften bei der Gründung.
Doch die Ökodorf-Bewegung dient nicht nur einem alternativen Lebensstil reicher Länder. Im Senegal setzt die Regierung angesichts von Landflucht und Wüstenbildung auf Ökodörfer als Armutsbekämpfung. Das Umweltministerium formulierte im August 2008 das Ziel, jedes zweite Dorf bei der Umwandlung zum Ökodorf zu unterstützen. Das wären 14.000 Dörfer. Eine eigens gegründete Agentur für Ökodörfer (ANEV) schuf bereits rund 100 Ökodörfer im ganzen Land.
 
Weitere Informationen:

Leila Dregger
ist Journalistin, freie Autorin und seit vielen Jahren darin aktiv, gesellschaftliche Alternativen zu entwickeln. Gegenwärtig engagiert sie sich unter anderem in Tamera, einer Forschungsstation, Gemeinschaft und internationalen Schule für reale Utopie in Portugal.

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 01.07.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2015 - Jahr des Bodens erschienen.
     
        
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