Vom Bauprodukt zum nachhaltigen Gebäude durch EPDs

Neutrale Umweltinformationen für Bauprodukte vom Institut Bauen und Umwelt e.V.

© IBUBauen und Wohnen gehören zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Bei der Umsetzung entstehen jedoch in hohem Maße Ressourcen-, Energie-, Wasser- und Abfallaufkommen, deshalb ist es eine wesentliche Zukunftsaufgabe für die nachhaltige Entwicklung, diesen Ressourceneinsatz zu strukturieren, zu lenken und zu vermindern. Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) nimmt sich dieser Thematik bereits seit über 30 Jahren an und betreibt mit Umwelt-Produktdeklarationen (Environmental Product Declarations – EPDs) ein Informationssystem für Bauprodukte, das zusammen mit Bau- und Umweltbehörden auf der Basis der europäischen und internationalen Normung entstanden ist.
 
Für die gesamte Bauindustrie wurde so ein in der europäischen Wirtschaft einzigartiger Weg beschritten: Mittels Ökobilanzen werden verlässliche Datengrundlagen über die Umweltwirkungen von Produkten geliefert und so Transparenz geschaffen. Als einzige Branche verfügt die Bauproduktindustrie durch das EPD-Programm über einen Industriestandard, der sich übergreifend in allen Bereichen – ob nachwachsende Rohstoffe, Metall, mineralischer oder chemischer Werkstoff bis hin zu Produkten der Technischen Gebäudeausrüstung etabliert hat.
 
Was ist eine Umwelt-Produktdeklaration (EPD)?
© IBUEPDs liefern Daten über Bauprodukte, die deren Umweltwirkungen auf Basis einer Ökobilanz quantitativ ausweisen – über den gesamten Lebenszyklus mit einer Vielzahl von Indikatoren. Von der Rohstoffgewinnung und Herstellung über Einbau und Nutzung des Produktes im Gebäude bis hin zu Abriss, Recycling, Wiederverwertung oder Deponierung kann in einer EPD nachvollzogen werden, welche Rohstoffflüsse, Energieverbräuche und Emissionen von dem Produkt ausgehen und welchen Einfluss das Produkt beispielsweise auf Treibhauseffekt, Versauerung oder Ressourcenknappheit hat. Hersteller können so die Umweltwirkungen ihrer Produkte transparent machen – geprüft durch unabhängige Dritte nach den Regeln der zugrundeliegenden Norm EN 15804 und den Programmregeln des IBU.
 
EPDs sind ein nicht bewertendes Instrument; anders als andere Umweltlabel und Gütesiegel bescheinigen sie keine Umweltverträglichkeit anhand einzelner Kriterien, sondern liefern umfassende Daten. Damit unterscheiden sich EPDs grundlegend von anderen Systemen, die vorrangig Endverbraucher adressieren, während EPDs quantitative Informationen für Planer, Architekten und Auditoren bereitstellen. Auch für den Baustoffhersteller selbst bietet die EPD einen enormen Mehrwert, denn mit ihr können energetische, stoffliche und ökonomische Hotspots der internen Produktionsabläufe sichtbar gemacht und die Produktion auf effizientere oder weniger umweltintensive Produktionswege und optimierte Produkte umgestellt werden.
 
„EPDs bewerten nicht, ob ein Produkt gut oder schlecht ist", so Dr. Burkhart Lehmann, Geschäftsführer vom IBU. „Bauprodukte sind Halbfertigprodukte, die erst im Zusammenspiel in der konkreten Verwendung als Bestandteil von Konstruktionen und Gebäuden ihre Funktion und Wirkung entfalten. Daher ist eine objektive Bewertung auch nur im Gebäudekontext für eine vorgegebene Einbausituation sinnvoll und Bauprodukte in der Regel nur dann vergleichbar", erläutert Dr. Burkhart Lehmann weiter.
 
Baustoffdaten für die ökologische Gebäudebewertung
Immer mehr Bauprodukteherstellern wird diese Perspektive und die Bedeutung ihrer Produkte für das nachhaltige Bauen bewusst. Mittlerweile sind dem IBU 170 Mitglieder angeschlossen, darunter neben Einzelunternehmen und weltweit tätigen Konzernen auch eine Vielzahl deutscher und europäischer Verbände. Sie erstellen eigene EPDs und lassen sie über das Programm des IBU von unabhängigen Dritten prüfen und anschließend veröffentlichen. So wurden bislang über 1.000 EPDs von mehr als 200 Firmen und Verbänden durch das IBU herausgegeben, die für über 10.000 Produkte verlässliche ökobilanzielle Datensätze liefern.
 
Im Hinblick auf nachhaltiges Bauen werden EPDs zunehmend von den Abnehmern der Bauprodukte gefordert und sind daher für die Hersteller notwendige Dokumente. Gebäudezertifizierungssysteme in Deutschland, Europa, Nordamerika und Asien setzen auf den Informationsgehalt von EPDs, denn sie sind eine wesentliche Grundlage für nachhaltiges Bauen und Basis für die ökologische Bewertung in den Systemen wie BNB, DGNB, LEED oder BREEAM.
 
Weltweite Nutzung von EPDs
Das IBU ist das größte EPD-Programm Europas und hat durch seine langjährige qualitativ hochwertige Arbeit, die sich durch Objektivität und Transparenz auszeichnet, enorme Bekanntheit in der europäischen und international tätigen Baustoffindustrie erlangt. Dementsprechend stammen rund ein Viertel der Mitgliedsunternehmen aus dem Ausland. Um das Instrument EPD zur Analyse und Offenlegung der Umweltwirkungen von Bauprodukten auch weltweit zu verankern, kooperiert das IBU mit vielen europäischen und nichteuropäischen Programmhaltern. Diese Zusammenarbeit mündete bereits in zahlreiche gegenseitige Anerkennungen von EPDs mit Programmhaltern aus Nordamerika, Spanien, Schweden, Norwegen und Dänemark. Außerdem ist das IBU Initiator und Gründungsmitglied der ECO Platform, einem Zusammenschluss europäischer Programmhalter, die gemeinsam eine Harmonisierung der Umwelt­informationen auf Basis der europäischen Normung anstreben. Dadurch werden eine europaweite Anerkennung von EPDs und die länderübergreifende Anwendung bei Gebäudezertifizierungen ermöglicht.
 
Das erklärte Ziel des IBU: das nachhaltige Bauen weltweit weiter voranzubringen mit konsistenten und verifizierten Daten über den gesamten Lebensweg der Baustoffe.
 
Kontakt:
Institut Bauen und Umwelt e.V. | Anita Kietzmann | kietzmann@bau-umwelt.com

Technik | Green Building, 01.10.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.
     
        
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