Mehr Lohn, bitte!
Lohndumping, strenge Lenkzeitenregelungen, marode Straßen - Berufskraftfahrer ist wahrlich kein Traumjob. Doch ohne den Lkw als Transportmittel ist die deutsche Wirtschaft aufgeschmissen.
Eine Hochschule irgendwo in Deutschland: Die Studenten langweilen sich in den Vorlesungsräumen oder dösen auf dem Pausenhof in der Sonne, die Gänge sind leer, es herrscht eine schon fast beängstigende Stille. Plötzlich rollt ein Lkw an, die Tür des Aufliegers öffnet sich und die Ladefläche birgt alles, was es zu einer guten Party braucht: Steaks aus Argentinien, Limetten aus Brasilien, Sekt aus Frankreich.

Zukunftsmusik
Diese Frage beschäftigt auch das Technologieunternehmen ZF und die Redaktion des Fachmagazins "Fernfahrer". Gemeinsam gaben sie die "Zukunftsstudie Fernfahrer" in Auftrag. Wissenschaftler der Hochschule Heilbronn befragten 600 Fahrer zu ihren Lebensumständen und zu ihrem Arbeitsumfeld. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass der anwachsende gesellschaftliche Konsum und der damit einhergehende Anstieg des europäischen Güterverkehrs nur dann zu bewältigen seien, wenn die Stärken aller Verkehrsträger im Modalsplit (Lkw, Bahn, Schiff) genutzt und kombiniert würden. Doch könnten Schiene und Wasserstraße auch auf lange Sicht nur wenig Entlastung für den Lkw bringen. So müsse die Bevölkerung akzeptieren, dass der Lkw als Transportmittel unverzichtbar ist. Kluge Konzepte für die Logistik und die Arbeitsbedingungen der Fahrer seien dringend geboten. Seit Jahresbeginn wird die Studie fortgesetzt, sie soll im Sommer auch im Brüssel präsentiert werden.
Komplexe Zusammenarbeit in der EU
Woher rühren die schlechten Arbeitsbedingungen in der Transportbranche? Die befragten Berufskraftfahrer wünschten sich vor allem faire Gehälter. Doch das wird schwierig. Schon lange steht das Gewerbe unter hohem Preisdruck durch die Verlader. Aktuell schwappt mit der EU-Osterweiterung zusätzlich eine Welle von Spediteuren und Fahrern aus Ländern mit einem signifikant niedrigeren Einkommensniveau nach Mitteleuropa. Auf der einen Seite könnten damit manche Lücken im System geschlossen werden. Aber für die Lohnentwicklung und die Arbeitsplatzsicherheit im drittgrößten Wirtschaftssektor des einstigen Exportweltmeisters wird von Experten nichts Gutes erwartet.
Grüne Logistik als Hoffnungsträger

Zum Weiterlesen
www.zf-zukunftsstudie.de
www.eurotransport.de
"Ich liebe meinen Beruf"
Dirk Brühl, 44, Berufskraftfahrer und Unternehmer
"Mein Beruf wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Schon als kleiner Junge war ich ständig mit meinem Vater, der ebenfalls Berufskraftfahrer ist, auf Tour. Nach sieben Jahren im Angestelltenstatus und den üblichen Problemen in dieser Branche, wie hohem Arbeitsaufkommen bei geringer Vergütung, war für mich die logische Konsequenz, das Unternehmen meines Vaters zu übernehmen. Heute bin ich mein eigener Herr und plane meine Touren 250 Kilometer um Hamburg akribisch, damit ich möglichst viel Zeit mit meiner Familie verbringen kann. Meine Auftraggeber kommen aus der Mineralölbranche - zum Beispiel die Nordoel Mineralölhandel mbH aus Lübeck. Leider sind bei Kraftstoffladungen Leerfahrten üblich. Nach der Lieferung muss ich erst zum Auftraggeber zurück, um neue Ware zu holen, bevor es zum nächsten Kunden geht. Das ist einer der negativen Aspekte an meinem Beruf, denn ich bin wahrlich kein Fan davon, Kraftstoff sinnlos zu verbrennen. Ich träume von einem Lkw mit Elektroantrieb, aber solange die Technik reaktionär ist und der Strom weiterhin größtenteils aus Kohle und Atomkraft kommt, ist der Lkw mit Dieselantrieb das effektivste Transportmittel. Auch wenn ich meinen Beruf liebe, geht mir die Profitpolitik mächtig auf den Keks: Kaputte Straßen und zu wenig Parkplätze erschweren meine Routenplanung und durch die Kabotagefreiheit geschieht in Deutschland Lohndumping im großen Stil. Ich erhoffe mir für die Zukunft faire Arbeitsbedingungen und die Unterbindung der Kabotagefreiheit.
Dirk Brühl, 44, Berufskraftfahrer und Unternehmer
"Mein Beruf wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Schon als kleiner Junge war ich ständig mit meinem Vater, der ebenfalls Berufskraftfahrer ist, auf Tour. Nach sieben Jahren im Angestelltenstatus und den üblichen Problemen in dieser Branche, wie hohem Arbeitsaufkommen bei geringer Vergütung, war für mich die logische Konsequenz, das Unternehmen meines Vaters zu übernehmen. Heute bin ich mein eigener Herr und plane meine Touren 250 Kilometer um Hamburg akribisch, damit ich möglichst viel Zeit mit meiner Familie verbringen kann. Meine Auftraggeber kommen aus der Mineralölbranche - zum Beispiel die Nordoel Mineralölhandel mbH aus Lübeck. Leider sind bei Kraftstoffladungen Leerfahrten üblich. Nach der Lieferung muss ich erst zum Auftraggeber zurück, um neue Ware zu holen, bevor es zum nächsten Kunden geht. Das ist einer der negativen Aspekte an meinem Beruf, denn ich bin wahrlich kein Fan davon, Kraftstoff sinnlos zu verbrennen. Ich träume von einem Lkw mit Elektroantrieb, aber solange die Technik reaktionär ist und der Strom weiterhin größtenteils aus Kohle und Atomkraft kommt, ist der Lkw mit Dieselantrieb das effektivste Transportmittel. Auch wenn ich meinen Beruf liebe, geht mir die Profitpolitik mächtig auf den Keks: Kaputte Straßen und zu wenig Parkplätze erschweren meine Routenplanung und durch die Kabotagefreiheit geschieht in Deutschland Lohndumping im großen Stil. Ich erhoffe mir für die Zukunft faire Arbeitsbedingungen und die Unterbindung der Kabotagefreiheit.
Technik | Mobilität & Transport, 01.04.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2014 - Voll transparent, voll engagiert erschienen.

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